Lüneburg, am Freitag den 29.03.2024

Ein gebrochener Held

von Christiane Bleumer am 18.09.2016


Eifersucht und Verzweiflung: Karl Schneider als Otello und Signe Ravn Heiberg als Desdemona.

Es war eine Premiere gleich in zweifacher Hinsicht. Denn wie Hajo Fouquet, Intendant des Lüneburger Theaters, nach der umjubelten Aufführung der Verdi-Oper Otello erläuterte, sei dieses Werk des italienischen Komponisten noch niemals in Lüneburg gespielt worden. Gestern, 17. September, eröffnete es die Spielzeit im Großen Haus und zeigte auf eindrucksvolle Art und Weise, zu welchen Höchstleistungen das Ensemble fähig ist. Präsentiert wurde eine Geschichte, die den Zuschauer und Zuhörer durch das geschickte Zusammenspiel von Bühnenbild und Regie in seinen Bann zog. Stefan Rieckhoff hatte keine pseudo-realen Schauplätze nach gestellt, sondern einen Raum geschaffen, an dem das Eifersuchtsdrama um den schwarzen Feldherrn Otello und sein geliebte Gattin Desdemona seinen unumkehrbaren Lauf nehmen konnte.

Beeindruckend Karl Schneider als Titelheld, dessen zunehmende Verzweiflung quasi greifbar war, nachdem der Bösewicht Jago, an diesem Abend gesungen von Peter Felix Bauer, aus Neid und Missgunst den Keim der Eifersucht auf den jungen Cassio (Timo Rößber) in ihm gesät hatte. Unschuldig und rein auf der anderen Seite war Signe Ravn Heiberg als grandiose Desdemona zu erleben, die zu Beginn völlig erstaunt auf Otellos Anschuldigungen der Untreue reagiert, am Ende jedoch Todesahnungen hat und feststellen muss, dass ihre Liebe zu Otello dem Untergang geweiht ist. Über allem schwebt das latente Gefühl Otellos, als Schwarzer trotz seiner kriegerischen Glanzleistungen nicht richtig dazuzugehören. Dass er eigentlich ein Außenseiter ist, wird in der Lüneburger Inszenierung auch ohne zusätzliche Farbe im Gesicht des Sängers deutlich.

Über allem liegt der Klang des Orchesters, das mit oft unerbittlichen Bläserklängen die Handlung vorantreibt. Auf der anderen Seite vermögen die Lüneburger Symphoniker unter der Leitung von Thomas Dorsch aber auch die zarten und stillen Szenen mit genau der richtigen Menge weichem Schmelz zu untermalen. Hervorzuheben ist die Leistung des Haus- und Extrachores, der mit der italienischen Partitur eins geworden ist und sämtliche Auftritte glanzvoll meisterte. Giuseppe Verdis Oper steht bis zum 23.12. noch insgesamt elf Mal auf dem Spielplan. Jeweils eine halbe Stunde vor Vorstellungsbeginn findet eine Einführung im Seitenfoyer statt.

© Fotos: t&w / Andreas Tamme


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