Lüneburg, am Dienstag den 23.04.2024

"Es ist nicht vorhersehbar"

von Christiane Bleumer am 28.06.2016


Fahrbahnverengungen und eine Begrenzung der Geschwindigkeit auf 20 kmh sollen den Ochtmisser Kirchsteig vor zu großer Verkehrsbelastung schützen.

So sieht es aktuell in der Frommestraße aus. Vom so genannten Tor zur Unterwelt sind im Moment nur noch die Pfeiler übrig.

Sogar ein Theaterstück im Lüneburger T.NT Studio hat sich in dieser Saison mit den allgegenwärtigen Senkungsschäden in der Hansestadt beschäftigt. Und nun gab es gestern Abend aus aktuellem Anlass eine Anwohnerversammlung in der Aula der Herderschule, die das Thema einmal mehr beleuchtete. Ein Erdfall am Ochtmisser Kirchsteig am 8. Juni hatte die Anwohner beunruhigt. 2,70 Meter tief und etwa zwei Meter im Durchmesser war das Loch, das ein Erdfall im Garten des Hauses Nr. 4 hinterlassen hatte. „Völlig überraschend und unvorhersehbar“, wie der Diplom-Geologe Thorsten Trapp betonte. „Nur zwei Tage vor dem Erdfall haben wir ein kleines Stück von dem dann aufgetretenen Erdfall entfernt eine Messung durchgeführt“, sagt er. Nichts habe auf dieses Ereignis hingedeutet. Das sei auch genau das Problem, so Trapp. Denn die Messungen hätten zwar ergeben, dass ein großer Erdfall sehr unwahrscheinlich sei, sagt er in seiner Risikoanalyse, aber kleinere Vorkommnisse seien vorher kaum zu erkennen.

Der Geologe beschäftigt sich schon seit 2004 mit dem unruhigen Untergrund Lüneburgs. Vor mehr als zehn Jahren hatten die Anlieger am Ochtmisser Kirchsteig massive Schäden an Gebäuden und Straßen gemeldet, die damals umgehend unter die Lupe genommen wurden. Um die Gefahr von Erdfällen auszuschließen, hatte Trapp damals im Auftrag der Hansestadt in den Senkungszentren bis zu 120 Meter tiefe Bohrungen mit Einbau einer Messeinrichtung niedergebracht und ausgewertet – größere Hohlräume wurden dabei nicht gefunden. Zahlreiche Häuser am Ochtmisser Kirchsteig mussten daraufhin wegen der Senkung mit viel Aufwand statisch gesichert werden. Auch Gasleitungen wurden erneuert, um zu sichern, dass sie diese Erdbewegungen mitmachen.

Der neue Schadensfall hat die Anwohner beunruhigt und man möchte den Verkehr weiter einschränken. Eine aktuelle Verkehrszählung hat rund 6400 Fahrzeugbewegungen pro Tag ergeben. Zwar habe es einige Ausreißer bei der Geschwindigkeit gegeben, so Verkehrsdezernent Markus Moßmann, doch die seien nicht so gravierend gewesen. Vor allem große Lastwagen über 3,5 Tonnen sollen nun durch eine Höhenbegrenzung davon abgehalten werden, verkehrswidrig den Ochtmisser Kirchsteig zu befahren.

Dass ein kausaler Zusammenhang zwischen den Erdbewegungen und dem Autoverkehr sehr unwahrscheinlich sei, betonte Thorsten Trapp abschließend. „Das Erdreich bewegt sich in großer Tiefe“, bilanzierte der Experte. Diese Geschehnisse würden dann an die Oberfläche weiteregereicht.

Weitere Messungen mit Hilfe von Georadar oder dem Künzelstab, einem Kontrollinstrument für die Untersuchung des Erdbodens und dazu die Einbringung von Geogittern als Schutzeinrichtungen sind die Instrumente, mit denen der latenten Gefahr aus dem Untergrund begegnet werden soll. "Mit erschütterungarmen Bauverfahren sollen zudem in naher Zukunft die Straßenschäden berseitigt werden“, verspricht Lüneburgs Oberbürgermeister Ulrich Mädge, und informiert gleichzeitig über spezielle Zinsprogramme der Stadt, mit denen den Anwohnern zudem auch finanziell ein wenig geholfen werden könne.

© Fotos: Bleumer


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