Lüneburg, am Freitag den 03.05.2024

Heiter bleiben

von Carlo Eggeling am 20.04.2024


Meine Woche
Ruhestörung

Die SPD will Lüneburg um den Schlaf bringen, gemeinsam mit Martin Lühmann. Die Sozis und der Grüne, der als Wirt in der Altstadt ökologisch bedenklich Schnitzel groß wie Elefantenohren serviert, fordern in einem gemeinsam Ratsantrag, dass beim Stadtfest tatsächlich bis Mitternacht auf den Bühnen gerockt werden darf. In der jüngsten Zeit mussten Techniker gegen 22 Uhr oder ein bisschen später den Ton abdrehen.

Nun dieser ungeheuerliche Vorstoß. Geht das? Die eh etwas verschlafen wirkende Stadt wälzt sich so gern gemütlich in den Kissen. Aufregung, ich bitte Sie! Da kann es an zwei Tagen im Jahr keine Ausnahmen geben.

Das gilt auch für die Sülzwiesen, wo es einer Handvoll Anwohner nicht zuzumuten ist, dass aus Festzelt und von Karussells Geräusche kreischen und dröhnen. Müssen wirklich Tausende tanzen oder sich im Break Dancer durchwirbeln lassen? Gute Laune? Spaß. Na hören Sie mal. Der Festplatz liegt zwar länger da als Nachbarn dort wohnen, gleichwohl, die Wirklichkeit kann sich gefälligst anpassen.

Völlig richtig also, Konzerte durch Vorgaben so leise herunterzudimmen, dass Veranstalter überlegen sollten, funkgesteuerte Kopfhörer an die Besucher zu verteilen, damit die hinten etwas mitbekommen. Warum nicht überall so? Läuft doch eh schon jeder zweite mit Airpods in den Löffeln durch Straßen und Botanik.

Nun also Lühmann, der mit seinem Imbisswagen zu Festen fährt und Pommes Schranke raushaut, völlig aus der Zeit gefallen, und die Sozis, die uns den Schlaf nicht gönnen. Feierbiester. Wahnsinn. Mal sehen, was die anderen im Rat dazu sagen und vor allem die Verwaltung. Da soll es Juristen geben, die man nachts um drei wecken könnte, und die einem aufsagen, was auf Seite vier, Absatz zwei in einem Lärmschutzgutachten steht. Muss alles seine Ordnung haben.

Mal ehrlich: Eigentlich könnte schon kurz vor acht Schluss sein, von allen Bühnen Mozarts Kleine Nachmusik, danach die Tagesschau und ab in die Koje. Hat man mehr vom Tag am nächsten Morgen -- Zeit zum Dösen.

Am Sonntag wollen Klimaschützer auf der Autobahn radeln, um gegen den Ausbau der A 39 zu protestieren. Vorm Verwaltungsgericht haben sie gewonnen, doch die Stadt und die Polizeidirektion -- und damit sicher das Innenministerium -- nehmen das wegen der grundsätzlichen Bedeutung nicht hin. Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Laufe des Samstags.

Vor einem Jahr hatten wir eine ähnliche Situation. Da waren die Richter der Meinung, auf einer Schnellstraße haben Radler nichts zu suchen, zudem dürften sie über die Ostumgehung bis direkt vor die Autobahn strampeln. Das reiche, um Protest deutlich zu machen.

Die Empörung über die "Idioten" geifert durch die angeblich sozialen Medien. Egal, wie es ausgeht. Große Klasse ist der Rechtsstaat. Der garantiert, dass Minderheiten gehört und gesehen werden, dass generell die Chance besteht, dass wenige etwas erreichen können. Bei aller Kritik, wir haben großes Glück in diesem Land zu leben.

Lustig ist eine Episode um den kreativen Umgang mit Anrufen aus dem Rathaus. Dort bestreitet man, vor einer Ratssitzung in einer Redaktion angerufen zu haben, um eine "kalkulierte Eskalation", so die Überschrift, inszeniert zu haben. Man wollte den nervigen Alt-Oberbürgermeister ein bisschen anschießen, der die Verwaltung trietzt. Auf zwei Nachfragen hieß es: "Nö, so einen Anruf gab es nicht."

Der schreibende Kollege hingegen bleibt dabei, dass man ihn auf einen angeblichen Skandal aufmerksam machen wollte. Er aber fand, was für eine Posse. Das erklärt ganz simpel die Überschrift der kalkulierten Eskalation. Alltag im politisch-journalistischen Betrieb. Blöd nur, wenn man ertappt wird. Was soll's.

Es ist wieder die Zeit der schönen Sonnenauf- und -untergänge. Geht so ans Herz, bald sehen wir unzählige Fotos. Das passt zum Dösen in den Kissen.

Denken wir an Heinrich Heine, den deutschen Dichter, der bei einem Familienbesuch am Lüneburger Rathaus vor zwei Jahrhunderten einen "Kulturableiter" ausmachte. In seinem Gedicht „Das Fräulein stand am Meere“ parodierte er das Heiligste der Romantiker, den Sonnenuntergang: „Das Fräulein stand am Meere / Und seufzte lang und bang / Es rührte sie so sehre / Der Sonnenuntergang. / Mein Fräulein, sei’n Sie munter, / Das ist ein altes Stück: / Hier vorne geht sie unter / Und kehrt von hinten zurück.“

So ist das. Bleiben wir heiter. Carlo Eggeling

© Fotos: ca


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