Lüneburg, am Freitag den 26.04.2024

Meine Woche — Wahlkampf

von Carlo Eggeling am 25.03.2023


Meine Woche
Jeder erzählt (s)eine Geschichte

Im Rat haben es noch nicht alle verstanden, bei der Versammlung der Lüneburger Handelsorganisation LCM, war es anders: Auch wenn es noch dreieinhalb Jahre hin ist bis zur nächsten Kommunal- und Oberbürgermeisterwahl, der Wahlkampf ist in Gange. LCM-Vorsitzender Heiko Meyer, der im Herbst 2021 OB werden wollte und es bis ins Finale schaffte, hat seine Ambitionen auf den Sessel im Rathaus nicht aufgegeben. Und eine LCM-Versammlung war schon einmal die Bühne, von der er seinen Hut in den Ring warf.

Meyer schaltete lächelnd auf Angriff von 80, 90 Gästen, es reichte, Themen zu nennen: Ausbau des Fabrik-Verkaufs von Roy Robson mit zig Marken — als Outlet Konkurrenz für den angeschlagenen Handel in der Innenstadt, Grün-Oasen mit "Apfelsinenkisten und Paletten", in Geschäften künftig nach Visionen grüner Ratsherren und -damen verträumte Kunsthandwerker, der Irrglaube, dass Politik Hausbesitzer an den Hauptmeilen auf günstigere Mieten umpolen könnte. Gehe es so weiter, sei die Stadt in wenigen Jahren kaputt, zu besichtigen sei so eine Entwicklung in Harburg und Oberhausen: "Trümmerhaufen der Stadtgeschichte!"

Entschuldigungen — mit einem Lächeln — können treffen wie Hiebe: "Frau Kalisch ist es wieder nicht möglich, hier zu sein." Wieder nicht. Sie habe einen anderen Termin. Eine Nachfrage im Rathaus ergab: Sie weilte im Museum. Dazu muss man sagen, Frau OB, überzeugt von eigener Expertise als Wirtschaftsfachfrau, übernahm auf dringenden eigenen Wunsch den Aufsichtsratsvorsitz der Marketing GmbH, der Organisation, die die Stadt gut ins Bewusstsein rücken soll. Wo war sie, als es um die Wirtschaft ging? Meyer musste es nicht sagen: Claudia Kalisch stellt sich nicht.

Damit kommen wir zum zweiten Wahlkampfauftritt. Jule Grunau vertrat als Bürgermeisterin die OBin. Offiziell. Aber sie machte mehr daraus, sie räumte Probleme ein, lobte aber die Stadtgesellschaft als zupackend und solidarisch, lobte die Aktion der Gelben Leitern, die inhabergeführten Geschäfte: "Geht es uns nicht viel besser als anderen Städten?" Als "junge Kundin" richtete sie "persönliche Worte" ans Publikum. Kaffee trinken, Neues entdecken, einkaufen, selbst wenn man nicht dringend etwas brauche. Es sei Aufgabe des Handels, Erlebnisse zu schaffen: "Die Politik kann das nicht, Sie schaffen die guten Momente."

Die "junge Kundin" kurz vor 30 ist nicht nur ehrenamtliche Bürgermeisterin, sondern auch Ratsvorsitzende und wichtig in der grünen Fraktion, dazu arbeitet sie für die Sparkasse als Bereichsleiterin Vorstandsstab. Ratssitzungen leitet sie freundlich, charmant und kompetent. Frau kann einiges dafür tun, dass es auf sie zuläuft. Zumal aus grünen Kreisen -- die eigentlich nicht mit mir sprechen -- zu hören ist, dass man mit der jetzigen Frau OB nicht immer glücklich ist.

Aber das ist wieder Grünen-Bashing. Die teilen zwar gern und notwendigerweise aus, selbstverfreilich immer fair. Nur die anderen sind so gemein.

Ganz anderes Thema. Markus Kröger ist gestorben. Den werden viele gar nicht kennen. Markus hat in Kneipen gejobbt, liebte nach einem Ausflug als Spüler bei Lüneburgs Spitzenkoch Michael Röhm das Kochen. Er hat im wilden und unorthodoxen und so schönen Zickengarten von Eckart Schöne am Rande des Kalkbergs Perma-Kultur betrieben, war dann draußen auf dem Hof von Familie Koch in Glüsingen, um zu zeigen, dass Landwirtschaft anders geht. Vieles ging nicht, und er ging nicht immer im Guten. Irgendwann zog er um an den Rand des Wendlands nach Bredenbock. Pampa.

Ich habe ein paarmal über Markus geschrieben. Wir haben uns ein paarmal so getroffen. Wir saßen in Eckarts Küche, Markus hatte Wild und selbstgezogenes Gemüse aufgetischt. War sehr lecker. Am Ende gab's eine Umlage, die war saftig, aber Markus brauchte das Geld. Er war ein Schnorrer, einer, der kein Problem hatte, andere um Hilfe anzugehen. Er war gleichzeitig ein kluger Kopf, einer, mit dem man lange sehr anderer Meinung sein konnte. Er war einer von denen, die anders waren. Die das Leben bunter machen, die Utopie in den Alltag bringen, Geschichten wie zerrauschte Träume -- ein Prophet der Botschaft, die Stunde der Verlierer wird kommen.

Markus, um die sechzig, litt lange an Krankheiten, bekam schlecht Luft, war angeschlagen. Es wurde schlimmer. Er hat gekämpft, das war eine seiner letzten Botschaften bei Facebook. Aber er hat verloren. Mach's gut Markus. Mit ein bisschen Glück triffst du Deine Hunde wieder und alte Kumpel.

Wochenende. Zeit für Heiteres. Gute Stunden. Carlo Eggeling

© Fotos: ca


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