Lüneburg, am Samstag den 18.05.2024

Mölleringvilla: Jetzt fiel auch der letzte Rest…

von Hajo Boldt am 21.03.2024


Gestern, am 19. März 2024 wurde auch der letzte noch stehende Teil der Giebelfront der Mölleringvilla abgerissen. Kein schwerer Fall, ein leichtes Spiel für den Bagger und nur wenige Stunden dauerte es für die „Uhlig“- Erdbau Firma, bis alles dem Erdboden gleichgemacht war. Der verbliebene Bauschutt wurde in eine firmeneigene Zerkleinerungsanlage nach Melbeck verbracht. Ohne Stemmeisen des Baggers zerbröselte auch der letzte Rest der Kellerdecke, unter der in den Räumen das Regen- und Grundwasser stand. Ein Grundstein zum Bau der Villa wurde nicht gefunden, nachdem der größte Teil des Hauses schon im Januar 2021 abgerissen war. Die mit Mitteln des ehemaligen Nobelpreisträgers Eduard Buchner und von seiner Schwägerin Auguste Buchner nach dem Tod seines Bruders Hans im Jahre 1906 errichtete Villa wurde auch als Waldhaus Häcklingen bezeichnet. Das Gebäude war von den bekannten Berliner Architekten Konrad Reimer und Friedrich Körte im Heimatschutzstil errichtet worden. Der Lüneburger Kronenbrauereidirektor Alexander Möllering hatte es von der Direktorin der landwirtschaftlichen Frauenschule, Margarethe Endemann 1935 erworben und umgebaut. Bei den Kapitulationsverhandlungen 1945 hatte die Villa eine wichtige Rolle gespielt. Luftwaffen-General Alwin Wolz unterschrieb hier vertragsmäßig die Bedingungen zur Rettung Hamburgs unter der zweiten britischen Armee gegenüber General Miles Dempsey. Er war hier gleichzeitig mit der Delegation unter Generaladmiral von Friedeburg eingetroffen, die zum Hauptquartier der 21.Army Group von Feldmarschall Montgomery auf den Timeloberg geleitet wurde. Die Mölleringvilla war 13 Jahre lang Sitz des britischen Kommandeurs. Möllering, von den Briten binnen weniger Stunden am 1. Mai 1945 vor seine Tür gesetzt, verblieb mit seiner Familie in Häcklingen und kam erst nach dem Abzug des Kommandeurs in seine Villa zurück. Auch die Schwester der Queen, Prinzessin Margaret hatte hier in „Häcklingen Hall“ noch im März 1958 genächtigt. Nach Möllerings Tod ging der Besitz in eine von Hamburg kommende Psychiatrische Klinik über. Nach deren Auszug 2007 und Leerstand griff Vandalismus auf das nur notdürftig gesicherte Haus, derzeit ohne Heizung über. Die Scheiben wurden größtenteils eingeworfen und auf Veranlassung dann vernagelt. Bestandsgesichert und am Ende wegen fehlender Lüftung mit Pilzen behaftet, außerdem im Herrenzimmer im Bodenbelag asbestbelastet und auch in Schutzanstrichen im Holz verseucht, stand sie denkmalgeschützt leer und dem Vandalismus ausgesetzt. Nach Besitzerwechsel des großflächigen Geländes, zu dem auch eine Gärtnerei mit Wohnnebengebäuden für Hausangestellte und Pferdeställe gehörten und Umwandlung zum Teil in ein Neubaugebiet, wurde vom niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege Hannover im Juli 2020 offiziell der seit zehn Jahren bestehende Denkmalschutz aufgehoben. Der bauliche Zeugniswert reiche nicht mehr aus, um an der Baudenkmal-Ausweisung festzuhalten. Das Waldhaus Häcklingen wurde damit aus der Liste der Kulturdenkmale gestrichen, teilte Stadtbaurätin Heike Gundermann mit. Der Eigentümer Manfred Schulte konnte endgültig neuen Freiraum schaffen und abreißen. Erhalten sollte der giebelseitige Eingangsbereich im Erdgeschoss mit den Tausteinen und der Treppe mit den charakteristischen beiden Laternen, eingerichtet mit einem Raum als Lern-und Gedenkort. Doch das Vorhaben scheiterte finanziell auch aus gestiegenen Baukostengründen. Nach der Sicherung von Bruchstücken von der Villa, u.a. vom Kamin aus dem Rittersaal und Tausteinen, den beiden Laternen, Fenster und Türen ist jetzt im nächsten Jahr eine Sonder-Ausstellung zur Kapitulationsgeschichte im Museum Lüneburg vorgesehen, die unter dem Titel „Acht Tage im Mai“ an die Ereignisse erinnern wird.

© Fotos: Hajo Boldt


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