Lüneburg, am Freitag den 29.03.2024

Skeptische Reaktionen in Sachen Hochwasserschutz

von Carlo Eggeling am 15.03.2023


Auenstrukturplan für Hochwasserschutz an der Elbe: Umweltminister Christian Meyer verspricht schnelle Umsetzung

Das teilt der Landkreis mit:

Positive Nachrichten brachte der Niedersächsische Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz gestern (13. März 2023) an die Elbe: Bei einer Info-Veranstaltung mit mehr als 100 Beteiligten sagte er die zügige Inkraftsetzung des Auenstrukturplans zu. Auch das nötige Geld für die Maßnahmen und das Personal will er in seinen Haushalt einstellen. „Wir begrüßen es, dass Minister Christian Meyer dem Hochwasserschutz hohe Priorität einräumt. Das zeigt auch die große Zahl an Fachleuten aus seinem Haus, die vor Ort dabei waren“, sagt Landrat Jens Böther. „Innerhalb von zwei Monaten will Christian Meyer den Auenstrukturplan unterschreiben – das begrüßen wir sehr. Wir sagen allerdings auch: Daran messen wir das Umweltministerium.“ Kurzfristig wird es Gespräche zur konkreten Umsetzung geben. Jens Böther: „Geklärt werden muss noch zwischen Land und Landkreisen, wer in diesem nicht ganz einfachen rechtlichen Umfeld welche Schritte übernimmt. Auch ist das Land jetzt gefordert, eigene Flächen bereitzustellen und mit dem Bund über die Nutzung der bundeseigenen Flächen zu verhandeln.“

Umweltminister Christian Meyer, Anne Rickmeyer, Direktorin des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), und Experten aus dem Ministerium nahmen in Bleckede an der Info-Veranstaltung teil. „Das verdeutlicht die Wichtigkeit, die der Minister dem Hochwasserschutz an der Elbe beimisst“, sagte Jens Böther. „Das wissen wir alle zu schätzen. Als Landrat bin ich verantwortlich für den Katastrophenschutz im Landkreis Lüneburg. Und als ehemaliger Bürgermeister der Elbstadt Bleckede weiß ich sehr genau, wie bedrohlich nah uns die letzten Hochwasser gekommen sind.“

Konkret sagte der Umweltminister folgende Punkte zu:

· Der Auenstrukturplan, ein über Jahre mit vielen Beteiligten in der Region erarbeitetes und abgestimmtes Instrument, soll innerhalb von zwei Monaten per Erlass in Kraft gesetzt werden. Das wäre notwendig, um die nächste Rückschnittzeit ab Oktober 2023 vorzubereiten.
· Er strebt an, Geld für Personal und Umsetzung in seinen Haushalt einzustellen.
· Er setzt die Forderung aus der Region um, bisher befristete Stellen im zuständigen NLWKN zu entfristen, um mehr Kontinuität herzustellen.

Ein weiterer weiterhin ungelöster Punkt floss am Rande ein: Die „Reststrecke Elbe“, der Abschnitt circa von Dömitz bis Hitzacker, entspricht mit seinen Buhnen nicht dem Standard der übrigen Elbe. Die Bauten aus den 1930er Jahren führen immer wieder zu Versandungen und beeinträchtigen die Schifffahrt. „Die Schiffbarkeit dieser Strecke muss jedoch unbedingt erhalten bleiben“, so Jens Böther. „Sie gewährleistet auch die Befahrung durch Eisbrecher – das ist essentiell für den Hochwasserschutz, für den Schutz von Menschen und Gut hinter den Deichen.“

Ein weiteres Thema zum Hochwasserschutz ist die Beseitigung der Engstelle an der Elbe bei Radegast. Das Land Niedersachsen müsse sich mit dem Land Mecklenburg-Vorpommern abstimmen, um hier einen effizienten Hochwasserschutz herzustellen.


Das sagen weitere Betroffene aus der Region:

Andreas Gehrke, Bürgermeister der Gemeinde Amt Neuhaus
„Die Vorstellung des Ministers Christian Meyer war an sich wichtig, wir sehen sein Interesse am Hochwasserschutz. Für uns ist allerdings essentiell, dass der Auenstrukturplan, der seit langem mit allen Beteiligten - auch den Fachbehörden - abgestimmt ist, jetzt schnell in die Umsetzung geht. Und zwar mit allen Maßnahmen, denn nur zusammen bringen sie die 26 cm weniger Hochwasser. Es darf nicht noch mehr Zeit ins Land gehen. Wie sollen wir der Bevölkerung die Verzögerung erklären? Der Plan sieht effektiven Hochwasserschutz vor, es hätte schon etwas passieren müssen. Wir nehmen den Minister in die Pflicht, dass jetzt Maßnahmen umgesetzt werden und wir für unsere Bevölkerung Hochwasserschutz schaffen."

Dennis Neumann, Bürgermeister der Stadt Bleckede
„Zunächst einmal bin ich grundsätzlich froh, dass der Auenstrukturplan jetzt konkret in die Umsetzung gelangen soll. Allerdings habe ich zur Kenntnis genommen, dass es zwei Änderungen geben soll. Zum einen soll es einen Systemwechsel bei der Frage der Zuständigkeit auf die Landkreise geben, was in der Praxis zu deutlichen Schwierigkeiten führen kann. Zum anderen sind bei der Erstellung des Auenstrukturplans als Fachplan alle notwendigen Beteiligungsschritte erfolgt und jetzt hat der Minister ein weiteres Beteiligungsverfahren angekündigt. Durch die beiden Änderungen bin ich nicht sicher, ob wir in eine baldige Umsetzung kommen können. Denn: Es bringt uns nichts, einen Plan zu haben, der in der Praxis nicht klar umsetzbar ist."

Laars Gerstenkorn, Bürgermeister der Samtgemeinde Scharnebeck
„Wir in der Samtgemeinde Scharnebeck bekommen schon im Kleinen vor Augen geführt, was das nächste Hochwasser bringen kann: Schon heute gibt es durch Grabenwassereinträge Schäden an Gebäuden, so dass sie unbewohnbar werden. Es gibt also schon jetzt Hochwasserschäden im eingedeichten Bereich. Es besteht eine hohe Dringlichkeit, Maßnahmen zum Schutz umzusetzen. Es ist gut, dass der Minister den Auenstrukturplan in Kraft setzen will. Aber ich sage auch: Die Unterschrift unter dem Plan ist das eine, aber man muss auch eine Einigkeit in den Rahmenbedingungen herstellen, damit die Maßnahmen wirklich umgesetzt werden."

Jens Hesebeck, Fachbereichsleiter Bau, Planung und Umweltschutz, Samtgemeinde Elbtalaue
„Wir arbeiten alle gemeinsam daran, den Hochwasserschutz in der Region umzusetzen. Dazu hat jede einzelne Maßnahme, die im Auenstrukturplan abgestimmt wurde, für sich genommen keinen großen Effekt. Aber das Gesamtportfolio bringt einen signifikanten Beitrag zum Hochwasserschutz. Daher ist es notwendig, dass alle Maßnahmen umgesetzt werden. Wir messen den Minister daran, dass der Auenstrukturplan bis Mitte Mai in Kraft gesetzt wird. Allerdings muss das Ministerium auch Regelungen für die entscheidenden Behörden schaffen, die Verfahren schnell durchführen zu können, damit die Maßnahmen in der nächsten Umsetzungsperiode beginnen können."

Ansgar Dettmer, Geschäftsführer des Artlenburger Deichverbandes
Hartmut Burmester, Deichhauptmann des Artlenburger Deichverbandes
„Wir sind positiv überrascht, dass es jetzt, nach so langer Vorarbeit, doch so schnell geht: Denn der Rückschnitt im Deichvorland an kritischen Stellen ist notwendig, es sind schon viele Jahre ohne Rückschnitt vergangen. Daher ist es besonders wichtig, dass der Auenstrukturplan jetzt umgesetzt wird.
Allerdings ist das nur ein Viertel des präventiven Hochwasserschutzes. Wir brauchen zusätzlich den klassischen Deichbau, die Unterhaltung der Elbe und eine erfolgreiche Deichlinienanpassung. Letztere ist besonders an der Engstelle bei Radegast, Elbe-Kilometer 555, noch kritisch. Hier müssen sich die Bundesländer Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern unbedingt einigen."

Johannes Heuer, Geschäftsführer des Bauernverbandes Nordostniedersachsen
„Minister Christian Meyer hat die Zusage gegeben, den erarbeiteten Auenstrukturplan schnell umzusetzen. Uns als Bauernverband ist wichtig, dass das Land die Lösung, die hier in der Region über Jahre erarbeitet wurde und die auch Kompromisse für alle Seiten beinhaltet, als ganzheitliche Lösung unterstützt. Wir müssen den Auenstrukturplan schnell und möglichst unbürokratisch in die Umsetzung bekommen. Es muss bald etwas in der Fläche sichtbar sein. Wir erinnern das Land an seine Verantwortung für die Umsetzung der Maßnahmen, die betroffene Bevölkerung wartet schon lange genug auf Lösungen."


Hintergrund:
Zehn Jahre nach dem Jahrhunderthochwasser 2013 an der Elbe ist in Niedersachsen wenig Konkretes für den Hochwasserschutz umgesetzt worden. Jens Böther: „Es ist wichtig, dass hier endlich etwas passiert. Wir schauen mit großer Anerkennung die Elbe hinauf nach Sachsen-Anhalt für die dortigen großen Fortschritte und gleichzeitig mit Ernüchterung auf die hier bei uns sehr übersichtlichen umgesetzten Maßnahmen. Daher ist der Hochwasserschutz an der Elbe bei uns eines der Top-Themen. Die Menschen haben große Sorge vor dem nächsten Hochwasser.“

© Fotos: ca


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