Lüneburg, am Freitag den 26.04.2024

Streik mit Folgen für Patienten — Klinikum in Not

von Carlo Eggeling am 21.03.2023


Die Führungsriege des Krankenhauses hat Verständnis für die Mitarbeiter und ihre Forderungen, doch der Streik führe dazu, dass von sieben nur zwei Operationssäle an der Bögelstraße genutzt werden könnten, sagte der der Ärztliche Direktor, Prof. Dr. Torsten Kucharzik am Dienstagmorgen bei einer Pressekonferenz. Das bedeute bei fünf Streiktagen, dass man rund 150 Operationen gestrichen und verschoben habe. Am Dienstag hatte die Ärzteorganisation Marburger Bund zu Arbeitsniederlegungen aufgerufen, am Mittwoch schließt sich verdi für die Pflegeberufe an.


"Es läuft ganz und gar nicht wunderbar. Die Kollegen arbeiten am Limit", sagte Kurcharzik, der neben dem Geschäftsführer des Hauses, Dr. Michael Moormann, und Pflegedirektor Michael Kossel Stellung nahm. Auch die beiden konnten den Unmut der Belegschaft nachvollziehen. Moormann räumte ein: "Die Kollegen erleben angesichts der Inflation einen Reallohnverlust." Es schloss sich ein Aber an: "Wir müssen auf die Wettbewerbsfähigkeit achten, das Haus kann die Preise nicht erhöhen."

Nach seinen Worten sind die Kosten für das Klinikum vergangenes Jahr um mehr als sechs Prozent gestiegen, das Budget wurde über Krankenkassen und Gesetzgeber aber lediglich um 2,3 Prozent erhöht. Das setze sich in 2023 fort: ein Ausgabenplus um zehn, elf Prozent, die Einnahmen sollten lediglich um 3,6 Prozent wachsen. Das bedeute neben einem Minus in 2022 von zirka vier Millionen Euro im laufenden Jahr erneut Verluste von zwölf bis dreizehn Millionen Euro.

Moormann verwies darauf, das mehreren Kliniken die Insolvenz drohe. Lüneburg stehe insofern gut da, weil man in den vergangenen Jahren gut gewirtschaftet und somit Rücklagen habe. Doch lägen nicht auf einem Konto, sondern seien in Gebäude und Gerät investiert worden. Entscheidender dürfte sein, dass man so ein großes Krankenhaus mit seinem Angebot nicht untergehen lassen dürfte. Doch auf die Stadt als Träger des Hauses kommen damit Herausforderungen zu. Dazu hatte die Gesundheitsholding bereits vor Wochen im Rat vorgetragen.

Das Klinikum trage an Lasten aus der Corona-Zeit: weniger Operationen, weniger Einnahmen. Habe man 2019 rund 33 000 Patienten stationär versorgt, seien es 2022 nur 27 000 gewesen.

Neben mehr Geld fordern die Gewerkschaften auch bessere Arbeitsbedingungen. Das würde mehr Personal heißen. Das Trio würde gern aufstocken. Moormann: "Wir reden nicht nur über einen Fachkräftemangel, sondern über einen Kräftemangel. In der Pflege stellen wir jeden ein, den wir kriegen können." Nicht nur da sieht es schlecht aus, auch beim Nachwuchs schlechte Nachrichten. Pflege-Chef Kossel ergänzt: "Wir haben so viele Probezeitkündigungen wie nie." Das liege nicht nur an den schulischen Leistungen der Bewerber, Kossel nennt einen weiteren Aspekt: Auszubildende wüssten nicht, was auf sie zukomme. In der Vergangenheit hätte Interessenten Praktika absolviert, das sei in der Corona-Phase weitgehend flachgefallen -- mancher sei überrascht und überfordert vom Alltag mit Patienten.

Die Klinikleitung betont, dass man Notfälle behandle. Planbare Operationen müsse man jedoch schieben, so frustrierend das für Betroffene sei, die ab und an nicht nur einmal vom OP-Plan gestrichen worden seien. Schwierig sei es für Mitarbeiterinnen, die Angehörige und Patienten die schlechte Nachricht überbringen müssten und sich oftmals harsche Worte anhören müssten. Doch sie seien lediglich die Boten. Carlo Eggeling

Das Foto (ca) zeigt Michael Kossel, Torsten Kucharzik und Michael Moormann.

© Fotos: ca


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