Abschied von einem Kumpel
von Carlo Eggeling am 06.06.2024Ich habe nicht viel über Heiko gewusst. Er hat erzählt, dass er lange in Laake im Amt Neuhaus gelebt hat, dort hatte er Tierpfleger gelernt, dann im Stahlwerk gearbeitet. Später fuhr er Lkw und ich meine Radlader, zum Schluss hatte er eine Stelle im Krematorium. Der dünne Heiko hatte Oberarme hart wie der erkaltete Stahl, den er mal bearbeitet hatte. Bei einigen Themen waren wir sehr anderer Meinung, aber darüber haben wir beim Training eher selten gesprochen. Hier geht es um Bizeps, Trizeps, Lat und einen Spruch. Heute haben wir Heiko beerdigt im Friedwald in Barendorf. 53 ist er geworden.
Zwei Dutzend Trauergäste. Familie, Freunde. Die großen Jungs mit dem großen Armen vom Sport. Der Trauerredner erzählte aus Heikos Leben. Geboren 1971 in Dresden, Umzug an die Elbe in das Dorf gegenüber von Hitzacker. Es klang, als ob Heiko es nicht immer einfach gehabt hatte. Seine Frau lernte er über den CB-Funk kennen, Tanzen, ein Paar, Heirat, eine Tochter: Sie stand stand tapfer neben ihrer Mutter. Der Schmerz der beiden Frauen war kaum zu fassen. Ich wünsche ihnen viel Kraft und Beistand.
Ich habe daran gedacht, wie warm Heiko von seiner Familie erzählte. Wie wichtig es ihm war, dass die Tochter eine Ausbildung macht. Heiko, war ein Kerl, einer der zupacken konnte, herzlich, anteilnehmend. Irgendwann hatte ich in der Eisenbude meinen Fahrradschlüssel verloren. Heiko fuhr mich von Adendorf zum Kreideberg und dann nicht weiter nach Hause nach Kirchgellersen, es ging wieder nach Adendorf. Klares Ding für ihn. Das hat mit sehr imponiert. Macht nicht jeder.
Ich hatte Heiko eine Zeitlang nicht gesehen. Als er wieder zum Training kam, war sein Blick anders. Ein Auge irgendwie starr. Ich mochte nicht fragen. Heiko merkte das: "Ich habe ein Glasauge. Sie haben mir das alte rausgenommen. Krebs." Mann, furchtbar. Er dachte, er sei durch.
Er war nicht durch, der Krebs hatte gestreut. Andere hätten aufgegeben. Heiko nicht; Kämpfer. Er glaubte, Fortschritte zu machen, wollte er unbedingt, für seine Frau und seine Tochter. Zum Training kam er nur noch ab und an. Chemo, die Kraft war dann nicht da. Wenn er kam, erzählte er, wo die Scheiß Krankheit ihn jetzt erwischt hatte, die Ärzte würden das hinbekommen.
Wir wussten alle, und er wohl auch, dass der Tod immer näher kam. Die Jungs, mit denen er eng war, hielten Kontakt. Michael besonders. 23 Jahre waren sie Kumpel, sagte Michael bei der Trauerfeier. Kennengelernt beim Sport, Treffen mit den Familien. Im vergangenen Jahr seien sie an die Elbe gefahren, hätten übers Sterben gesprochen, über den Abschied. Michael ist Bestatter, Ehrensache, zu organisieren, Heikos Asche unter den Buchen im Friedwald beizusetzen. Der harte Heiko hatte sich Musik von Yvonne Catterfeld und Doro Pesch gewünscht. Sehr viel Schmelz, ich hatte Heavy Metal erwartet. Manche Bilder stimmen eben nicht. Wie schön.
Michael stockte bei seiner Rede ein paarmal die Stimme. Wie das ist, wenn ein Freund geht. Wir standen unter den Bäumen, seine Trainingspartner und ich, und dachten an den Glatzkopf, der so herzerfrischend lachte, der gute Laune und Zuversicht in sich hatte, der keine Chance hatte, der fehlt.
Heiko und ich waren vor Monaten einen Kaffee trinken, den zweiten haben wir nicht mehr geschafft. Leider. Mach's gut, Heiko. Carlo Eggeling
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