Ärger im Idyll — der Kalkberg im Blick
von Carlo Eggeling am 27.06.2023 Der Kalkberg ist ein Biotop, in jeglicher Hinsicht. Neben für vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten ist der Gipshut ein Refugium für Menschen, die im Amtsdeutsch mit "ohne festen Wohnsitz" bezeichnet werden. Die rollen ihren Schlafsack aus oder bauen ein Zelt auf, um zwischen Sülzwiesen und Altstadt zu campieren, obwohl es in dem seit 1932 bestehenden Naturschutzgebiet nicht erlaubt ist. Mit den meisten habe man keine Probleme, sagt Bernhard Stilke vom Vorstand der Naturschutzorganisation BUND, die eine Patenschaft für das kleine Paradies übernommen hat. Doch aktuell gebe es Ärger mit einem Mann: "Der reagiert aggressiv. Wir haben zweimal die Polizei gerufen."
Eine Lüneburgerin, die in der Nachbarschaft lebt und regelmäßig auf dem Berg unterwegs ist, holte am Sonntag ebenfalls die Beamten: Er hat mich bedroht und beschimpft." Polizeisprecherin Julia Westerhoff bestätigt den Vorfall: "Der 36-Jährige ist obdachlos, wir ermitteln wegen des Vorwurfs der Bedrohung und Beleidigung, dazu kommt eine Ordnungswirdrigkeit, weil er unerlaubterweise ein Zelt aufgebaut hatte." Das hätten ihre Kollegen zusammengeklappt und dem polizeibekannten Vagabunden einen Platzverweis erteilt.
Die Lüneburgerin macht sie Sorgen um das eigentlich idyllische Gebiet: Spaziergänger ließen ihre Hunde ohne Leine laufen, immer wieder würden Absperrungen zerstört, sie habe neulich kokelnde Baumstämme entdeckt. Im vergangenen Jahr musste die Feuerwehr größere brennende Flächen löschen. Gleichwohl sagen sowohl Polizei und Feuerwehrsprecher Daniel Roemer, sonderlich auffällig sei das Biotop für sie nicht.
Es ist eher eine stetige Herausforderung, die BUND-Mann Stilke beschreibt, ein Konflikt zwischen Stadt und Natur. Aus der Stadt kommen zum einen die Nachbarn für einen Spaziergang in den zerklüfteten kleinen Wald, dazu junge Leute, die feiern wollen, und aus dem Umfeld der nahen Herberge Frauen und Männer, die den Kalkerg quasi als Gartenkneipe nutzen -- Treffpunkt mit Bier uns Schnaps.
Das ist eine Belastung auf dem 57 Meter hohen Hügel und das 7,6 Hektar große Areal mit seinen mehr als 340 blühenden Arten, ein halbes Hundert davon gilt als gefährdet. Die brauchen Hilfe, damit sie gegen den explosionsartig wuchernden Efeu und Flieder bestehen können. Zwei Ziegen, mit denen BUND-Aktive durch das Naturschutzgebiet ziehen, fressen unliebsame Triebe weg.
Stilke sagt, in der Regel sei es ein Miteinander. Doch es gebe Zwischenfälle: Vergangenes Jahre hätten Unbekannte eine Lore, die an die Steinbruch Kalkberg erinnert, von Unbekannten einen Abhang heruntergeworfen und beschädigt worden. Müll sei ein weiteres Problem. Regelmäßig sammeln die Ehrenamtliche Pfandflaschen und Scherben ein. Freitags leere die städtische Servicegesellschaft Abfalleimer, doch nach dem Wochenende seien die Behälter wieder übervoll. Stilkes Wunsch: eine zweite Leerung pro Woche.
Mit dem Landkreis sei der BUND im Gespräch. Die drei Naturschutzbeauftragten sollten gern öfter auf dem Kalkberg nach dem rechten schauen. Ansonsten bleibt der Appell an die vielen, die gern auf dem Berg kommen: Rücksicht auf andere und Natur nehmen. Carlo Eggeling
Die Fotos geben einen Eindruck vom Kalkberg. In einem Tarnfleck-Zelt campierte ein als aggressiv geltender Mann. Unbekannte zerstören Absperrungen, andere versuchen in leer stehende Hütten einzudringen. Neulich dabei ein Tor beschädigt.
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