Lüneburg, am Montag den 18.08.2025

Alles gut?!

von Carlo Eggeling am 16.11.2024


Meine Woche
Springteufel

Im Rathaus muss man sich sehr ärgern, so eine lange Pressemitteilung einer empörten Oberbürgermeisterin gab es lange nicht. An der Bardowicker Straße segelt ein Modegeschäft in die Pleite. Die Betreiber machen in der LZ die Verkehrspolitik dafür verantwortlich, wie das so ist, wenn man Gründe für das Scheitern sucht. Darauf meldet sich die Mittelstandsunion mit ihrem umtriebigen Vorsitzenden Patrick Pietruck zu Wort, er legt nach mit verkehrtem Verkehr und trifft dabei offensichtlich einen wunden Punkt.

Manchmal ist es klüger zu schweigen, doch die Rathausspitze reagierte in Romanlänge: "Die Innenstadt wird auch künftig für alle erreichbar bleiben – ob mit Auto, Bus, Fahrrad oder zu Fuß – Lüneburgs Oberbürgermeisterin bittet um sachliche Debatte beim Thema Innenstadtwandel." Liest man die zig Absätze, läuft es super in der Stadt.

Das Gefühl, welches natürlich ein gemeiner Springteufel ist, lässt viele anders werten. Die haben den Eindruck, dass es schlicht Mist ist, seit einem halben Jahr nicht mit dem Bus zum Sand zu gelangen. Die haben durch Dauerbeschallung von Lobbyisten den Eindruck, kaum einen Parkplatz zu finden. Was natürlich Quatsch ist, denn am Graalwall hinterm Rathaus, an Vierorten und im Karstadt-Parkhaus kann man seinen Wagen abstellen.

Aber wo bleibt die Botschaft: Sie bummeln entspannt durch die Innenstadt, parken können Sie ganz innenstadtnah und das günstig. Unser Handel freut sich auf Sie mit guter Beratung. Wir haben immer eine Überraschung für Sie. Die Aktion der Gelben Leitern hat so viel Zusammenhalt gebracht, warum versickerte die Initiative, die aus dem Handel kam? Dabei hatte die Oberbürgermeisterin doch Arbeitskreise und Konferenzen veranstaltet, von denen man nichts mehr gehört hat.

Dazu kommt, dass einen die Bilanz des Rathauses zum Handel ratlos macht. 41 Läden stünden leer, aber nicht wirklich, weil eine Handvoll wohl bald neue Betreiber habe. Allerdings waren es in den vergangenen zwei Jahren mit Mitte 30 weniger Leerstände. Da lasen wir als Erklärung -- Sie ahnen es -- ein halbes Dutzend ist bald wieder vermietet. Kam irgendwie anders.

Die Zählmaschinen dürfen nicht fehlen, danach ist die Innenstadt rappelvoll. Klar. Jede Menge Touristen, aber zu wenige, die etwas kaufen. Die Baustelle am Sand hat Geschäftsleute bis zu 30 Prozent ihres Umsatzes gekostet, man muss nur fragen. Ob die Oberbürgermeisterin und ihr Stabsstellenleiter für Innenstadtentwicklung mit den Unternehmern gesprochen haben? Welche Perspektiven bieten sie?

Die Analyse ist einfach, die fällt in Lüdenscheid, Ludwigsburg und Lünen mutmaßlich nicht anders aus. Natürlich kaufen mehr Menschen im Internet, ja, das Geld sitzt nicht so locker. Klar. Aber was folgt daraus? Lego-Basteleien in einem Innenstadtkontor als neuer Weg? Wo sehen wir die Marketinggesellschaft, die unbedingt noch tiefer unters städtische Dach schlüpfen wollte, um Fördermittel zu beantragen? Dem Vernehmen nach sollen die Sülfmeistertage kommendes Jahr erneut ausfallen, das Fest das reichlich mit Lüneburger Geschichte zu tun hat. Ok, aber was dann? Für welche Ideen, die über vier verkaufsoffene Sonntage hinausgehen, brauchen die Kollegen mehr Geld?

Ideen, Ansätze, daran mangelt es dem Papier aus dem Rathaus, das Sachlichkeit fordert, aber nur verkündet was jeder weiß, mit Argumenten, die viele Bürger wohl nicht so wirklich erreichen, allen Mobilitätswende-Initiativen und Leserbriefschreibern zum Trotz.

Die Langeweile war neulich bei Plänen für den schönsten Marienplatz der nördlichen Hemisphäre zu sehen. Wie viele Wettbewerbe denn noch? Am Ende erleben wir dann die Tristesse des Glockenhofs oder des Thorner Platzes? Oder unvergessen ein Klima-Camp mit dem Charme einer Sperrmüllsammlung aber viel gutem Willen?

Gut, es ist wie immer gemein.

Es gibt selbstverständlich Gutes: Das Heiligengeiststift ist nach fünf Jahren Sainerung und Restaurierung toll geworden. Die Vesperkirche in Michaelis hat Besucher gezogen und war ein Erfolg. Große Klasse, dass Maler Jan Balyon und seine Nachbarn an diesem Wochenende die Kunstmeile in der Altstadt organisieren.

Kein Trübsal blasen, lieber heiter hoffen mit Christian Morgenstern:

Glück ist wie Blütenduft,
der dir vorüber fliegt ...
Du ahnest dunkel Ungeheures,
dem keine Worte dienen -
schließest die Augen,
wirfst das Haupt zurück -
und, ach!
vorüber ist's.

Das Wochenende liegt vor uns. Das ist mal was. Carlo Eggeling

© Fotos: ca


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