Alles toll, oder
von Carlo Eggeling am 07.12.2024Meine Woche
Strahlende Funzeln
Es ist einer der schönsten Sätze eines deutschsprachigen Romans. Günther Grass hat ihn geschrieben. In der Blechtrommel lässt er Oskar Matzerath dessen Geburt beschreiben: "Ich erblickte das Licht dieser Welt in Gestalt zweier 60-Watt-Glühbirnen." Oskar, ein fideles Kerlchen, stellt mit drei Jahren das Wachstum ein und wird Blechtrommler. Danzig, Nazi-Zeit, Krieg. Eine wilde Geschichte in wilden Zeiten.
Doch während diese Geschichte am Anfang funzelt, dann aber große Strahlkraft entwickelt, lesen wir andere andere Geschichten. Ich sag's so, die erreichen kaum die 60 Watt. Daran muss ich denken, wenn ich manche Presseerklärung lese. Strahlen soll die Mär des Metronom: Der hatte verkündet, zum Winter sausen die ausgeleierten Züge fast funkenstiebend wie eine Lichtkaskade gen Hamburg, doch nun erklärt uns der Pressesprecher, wird nix, aber im Mangel bleiben wir zuverlässig. Die gestrichenen Verbindungen bleiben gestrichen.
Ganz zuverlässig die Begründung. Zu wenig Lokführer, die neuen schaffen die Ausbildung nicht, jetzt kommt es fast wortgewaltig wie bei Grass, er sei "zerknirscht". Ein schönes Wort, aber in diesem Zusammenhang so passend wie Tannenbaumkerzen zu Ostern. Sollen die Pendler ihn trösten?
Die können sich über angeblich 99 Prozent pünktliche Züge freuen. Irgendwie scheinen Metronom-Verantwortliche in anderen Waggons unterwegs zu sein, als die Reisenden. Ich muss stets die Bahn erwischen, die zum vermaldeiten einen Prozent gehört.
Schön ist auch die Erfolgsgeschichte der Mobilitätszentrale. Nach ein paar verschobenen Terminen, für die niemand etwas kann, soll es demnächst losgehen. Also wenn alles klappt, denn ein genaues Datum nennt die Mitteilung aus dem Rathaus nicht. Die Mobilitätswende ist Stadt und Kreis nicht nur lieb, sondern auch teuer. Abertausende für Miete, obwohl die Türen Monate um Monate geschlossen waren.
Die Pressemitteilung aus dem Rathaus deutet nur an, was noch ansteht: "Betreiber der Mobilitätszentrale sind Stadt und Landkreis gemeinsam – sie teilen sich auch die anfallenden Kosten, die über die Einnahmen durch die Untermieter hinausgehen. Ursprünglich vorgesehen war, einen externen Betreiber für die Mobilitätszentrale zu finden. Diese Pläne sind mangels politischer Mehrheiten aufgrund der hohen Kosten eingestellt worden." Jo, keine strahlende Geschichte für die kommunalen Haushalte, eher etwas düster.
Zumal ein Akteur eher durch Abwesenheit glänzt, der da hingehört, um Reisende und Touristen zu empfangen: Die Marketinggesellschaft, für Besucher der Stadt zuständig, baut lediglich eine "Info-Stele" auf. Aber wahrscheinlich leuchtet die.
Adventszeit. Eine Geschichte, die wirklich leuchtet, hat mir eine Bekannte erzählt, die ich lange Jahre nicht gesehen habe. Ihr Mann war ein Macher, er hat ein soziales und danach ein Wirtschaftsunternehmen aufgebaut. Ein Mann mit Visionen, die nicht nur Vison blieben. Er litt an Demenz. Das helle Licht in seinem Kopf wurde immer dunkler. Nun ist er gestorben.
Was daran leuchtet? Wie warm sie erzählte, wie sie sich kümmerte, wie er noch mit dem Hund laufen konnte, wie er später im Heim mit anderen saß, kaum etwas verstehend, aber geborgen in Gemeinschaft. Freunde, die trotzdem kamen. Der Verlust, ein großer Schmerz. Aber die Erinnerung an das Gute und die guten Zeiten, die leuchteten an unserem Café-Haus-Tisch. Ich habe sie sehr bewundert. So viel Nähe, es ist ein großes Glück.
Genießen wir die Funzel, in der Altstadt feiert der ALA am Wochenende seinen Christmarkt mit 60 Buden, ein Ausflug in die Geschichte. Dass so viele ehrenamtlich mitanpacken, das leuchtet ganz großartig. Für die, die kommen, aber auch weil die Einnahmen helfen. echte Lüneburger Geschichte und Geschichten zu bewahren. Genießen Sie es, Carlo Eggeling
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