Lüneburg, am Montag den 18.08.2025

Aufgespießt — ein Reiseabenteuer

von Carlo Eggeling am 05.07.2023


Fahren Sie besser über Hamburg, das ist der Tipp für Reisende, die abends von Lübeck zurück nach Lüneburg wollen und dürfte auch andersherum gelten. Aufgrund der Baustelle an der Lauenburger Brücke rollen von abends bis morgens keine Züge über die Elbe. Der Busverkehr ist eine Herausforderung. Bekanntlich arbeitet die Bahn an der Querrung, für den Autoverkehr ist sie komplett gesperrt, der Zugverkehr soll -- eingeschränkt -- weitergehen.

Am Montagabend wurde die Fahrt zum Abenteuer. Ich hatte im Bahnhof Lübeck noch gefragt, ob ich bis Lüneburg komme. Ja. Los geht es um 21.10 Uhr. Alles fein bis kurz vor Büchen. Da steht der Erixx-Zug rund zehn Minuten, weil ein anderer Zug Vorrang hat. Von Büchen soll es mit dem Bus weitergehen. Den allerdings verpasst der geneigte Fan des Öffentlichen Personennahverkehrs, denn der Zug kriecht erst in die Station ein, gut fünf Minuten nachdem der Bus gestartet ist. Wenn er denn gestartet ist.

An der Bushaltestelle steht ein Paar, das erklärt: "Es gab keinen Bus." Die App im Handy zeigt, dass die nächsten Busse ausfallen. Ein Rollstuhlfahrer kommt dazu. Die drei wollen nach Lauenburg. Ein Taxi, wenn in die Büchener Einöde überhaupt eins kommt, soll 60 Euro kosten. Muss man sich leisten können. Die Anzeigetafel am Bahnhof zeigt: kein Busse mehr. Für das Trio eine Katastrophe.



Also mit dem Zug nach Bergedorf, dann in den Bus nach Geesthacht, umsteigen Richtung Lauenburg. Die junge Frau tippt ins Handy: "Von Bergedorf fällt auch ein Bus aus." Wenn sie die Route wählen, wären sie irgendwann zwischen zwei und drei in Lauenburg. Mit Glück. Wir haben es halb elf.



Zurück in den Bahnhof. Ich würde über Hamburg nach Lüneburg fahren. Dann tuckert, ein Erixx-Zug ein. Ich frage den Schaffner wie es weitergeht. Ein netter Kerl, der oft auf der Strecke ist und aus der Fahrt immer ein Erlebnis macht. "Ihr Lieben, da fährt doch ein Bus." Nö, sagt die App. Er ruft die Leitstelle an: "Der Bus fährt um 22.56 Uhr." Wir wieder zurück, zwei laufen vor, um dem Fahrer Bescheid zu sagen, der Rolli-Mann, der den Fahrstuhl nehmen muss, soll ja nicht zurückbleiben.

Tatsächlich, der Bus kommt. Das Trio erreicht glücklich Lauenburg. Meine Fahrt geht weiter nach Geesthacht, über Marschacht, Tespe, Avendorf, Artlenburg und Hohnstorf nach Echem. Denn da würde der Zug ja eigentlich halten. Meinen Sie, dass nach Mitternacht noch einer in Echem einsteigt? Nein, aber er müsse natürlich den Fahrplan bedienen, sagt der Chauffeur. Wir stehen in Echem. Der Zentralfriedhof ist belebter als das Dorf in den satten Wiesen. Irgendwann geht's weiter.



Der Fahrer und ich allein, eine Schicksalsgemeinschaft in der Finsternis. Bahnhof Lüneburg, irgendwann gegen halb eins. "Wenn Sie wollen, kann ich Sie nach Hause fahren, wenn es auf dem Weg liegt." Ich bin begeistert, mein Held des Alltags, der mir erzählt hat, wie Kunden ihn und seine Kollegen beschimpfen, weil sie andauernd am Bahnfahren scheitern. Weil sie eine Erixx-Aktion, vor Wochen wurden als Entschuldigung Rosen verschenkt, lächerlich fanden -- keine Blumen, sondern bitte keine Ausfälle. Die Fahrer sind die letzten in der Kette, sie müssen im Wortsinn für die Lücken büßen.

Er muss nach Rettmer, ich zum Kreideberg mit dem Rad. Trotzdem Danke für das Angebot.



Am nächsten Tag Nachfrage bei Erixx. Es sei etwas schief gelaufen, man kläre, warum die Busse nicht gefahren seien. Es gebe auch eine Schnellverbindung nach Lüneburg, kein Umweg über Echem. Okay, ich nehme abends künftig direkt den Weg über Hamburg, der länger ist. Allerdings fallen auch da des Öfteren Züge aus oder fahren verspätet. Da rollt die Bahn. Ach ja, Erixx müsse regieren, für das Netz sei die Bahn zuständig: "Fragen Sie da nach." Nee, warum? Die sagen, dass sie bauen.



Erixx hat seit der Übernahme der Strecke Lüneburg - Lübeck - Kiel Probleme. Kein Personal, zu wenig Lokführer, ständig wird etwas gestrichen. Wortreiche Erklärungen des Unternehmens und der Politik in Kiel. Hilft wenig, wenn man in Malente oder Büchen verzweifelt. Verkehrswende? Bus und Bahn statt Auto? Man könnte meinen, da gibt es noch einiges zu tun. Carlo Eggeling

© Fotos: ca


Kommentare Kommentare

Kommentar von Rainer Pörzgen
am 05.07.2023 um 11:12:37 Uhr
Ich musste neulich zu einem Arzttermin in eine Klinik in Neustadt/Holstein fahren. Naheliegend wäre gewesen, mit erixx nach Lübeck zu fahren und von dort weiter nach Neustadt. Aber um sicher zu sein, den Arzttermin wirklich einhalten zu können, habe ich den Umweg über Hamburg in Kauf genommen.


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