Beim ASB läuft das Blut
von Carlo Eggeling am 17.10.2022>> In der Jugendgruppe lernen Mädchen und Jungen, wie Verletzungen aussehen können. Und wie man sie täuschend echt schminken kann. Ein Besuch am Moldenweg
Ishuaas Zeigefinger sieht ziemlich übel aus, der Nagel ist aufgerissen, Blut quillt. Es müsste höllisch weh tun. Doch der 16-Jährige lächelt: "Cool." Alles ist Teil einer Übung der Jugendgruppe des ASB. Den Leitern Tina Suhm und Lars Neumann geht es um zweierlei: Zum einen soll der Nachwuchs lernen, wie man Verletzungen "schminkt", zum anderen lernen sie kenne, wie Verletzungen aussehen. Ishuaa Behrens könnte sich seinen Finger beispielsweise in einer Tür geklemmt haben oder er könnte ins Blatt eines Rasenmähers gefasst haben -- alltägliche Wunden, mit denen der Rettungsdienst zu tun hat.
Die Gruppe trifft sich jeden zweiten Donnerstag, neulich waren zwanzig junge Leute in den ASB-Komplex am Moldenweg gekommen. Tina Suhm und Lars Neumann sind Profis. Sie arbeitet auf der Wache in Drögeninndorf, er fährt das sogenannte Notarzt-Einsatzfahrzeug, also den Mediziner, der bei Verkehrsunglücken, Unfällen im Haushalt oder beispielsweise Herzinfarkt Patienten beisteht.
Jugendarbeit bedeutet Nachwuchs gewinnen. Sie vermitteln medizinische Grundkenntnisse, aber eben auch das Gefühl von Gemeinschaft, die zusammensteht und agiert, wenn andere in Not sind. Dazu gehört auch, dass sie zusammen basteln oder ins Zeltlager fahren -- ähnlich wie es auch Feuerwehren und andere Jugendverbände halten.
Sie möchten nun eine zweite Gruppe gründen. Da sind wir beim Schminken. Wenn die Ehrenamtlichen zu Übungen treffen, soll es möglichst realistisch zugehen. Dafür braucht es, das liegt hier auf der Hand, eben auch "Verletzte". "Es geht uns um eine ernsthafte Darstellung", beschreibt Tina Suhm. "Dafür brauchen wir Mimen, die Hilfe benötigen. Die dürfen aber nicht lachen, sondern müssen ihre Rolle spielen." In der neuen Gruppe sollen die Teilnehmer "Opfer" zu schminken und eben "Verletzte" zu mimen.
Das Angebot kommt gut an. "ich mache seit viereinhalb Jahren mit", sagt Lea-Sophie Reuter. Die 19-Jährige möchte Gruppenleiterin werden, sie sagt: "Wir lernen Erste Hilfe anzuwenden, Verbände anzulegen, Reanimation." Ähnlich Ishuaa, der sich bereits im Schulsanitätsdienst engagierte und mehr wissen wollte: "Mir gefällt die Gemeinschaft in der Gruppe. Wir wollen zeigen, dass Jugendliche nicht nur abhängen, sondern anderen helfen."
Noel Grätsch ist quasi familiär vorbelastet. Der 13-Jährige sagt: "Mein Vater arbeitet im Rettungsdienst, das möchte ich auch einmal machen." Im Moment schaut er kreidebleich aus -- zurecht gemacht als jemand, dem ein schwerer Schock in den Knochen steckt. Es sieht ziemlich echt aus.
Nele Krüger kommt ebenfalls aus einer "Blaulicht-Familie", die Eltern seien Polizisten, erzählt sie: "Ich habe alles mit Blaulicht fotografiert, ich wurde angesprochen, ob ich nicht hier mitmachen möchte." Wollte die 15-Jährige: "Später will ich Notfallsanitäterin werden."
Den beiden Leitern ist bewusst, dass auch die Verletzungen, die sie mit Vaseline, Wachs und Farbe täuschend echt schminken, belastend sein können. "Wir gehen da vorsichtig ran", sagt Tina Suhm. Schwere Brandwunden würden sie jungen Teilnehmern nicht zu muten wollen. Das Mindestalter in der neuen Gruppe soll 14 Jahre betragen. Lars Neumann ergänzt: "Wir möchten die Teilnehmer an das Thema langsam heranführen."
Warum setzen sie sich über ihren normalen Dienst so für die Jugend ein? Die Begründung steht als Losung an einer Wand: "Man kann von einer besseren Welt träumen. Oder aufwachen und anpacken." Carlo Eggeling
Die Fotos (ca) zeigen verschiedene "Verletzungen": Ishuaa hat sich seinen Finger geklemmt. Tina Suhm schminkt Joleen Reuter einen offenen Bruch an der Nase, das "Opfer" kann lächeln. Mit Wachs und Farbe kann eine Hand aussehen wie an einem Zaun aufgerissen.
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