Lüneburg, am Mittwoch den 12.11.2025

CDU, SPD und FDP lassen dem Radentscheid die Luft raus

von Carlo Eggeling am 12.11.2025


Kippt der Lüneburger Fahrradstraßenring? Zumindest läuft es nicht so weiter, wie sich das Verwaltung und die nicht bezifferten Aktivisten des Radentscheids es sich vorgestellt haben. An der Ilmenaustraße, dem nächsten Ausbaustück, soll kein Parkplatz entfallen.

Das fordern SPD, CDU und FDP in einem gemeinsamen Änderungsantrag für die Ratssitzung am Donnerstag. Das Asphaltband möge eine "unechte Fahrradstraße" mit – wie gehabt -- Freigabe für Autos werden. Wenn es so kommt, kann in der Konsequenz letztlich alles so bleiben, wie es ist. Der Wortlaut: "Keine baulichen Eingriffe, die den ruhenden Verkehr oder die Erreichbarkeit für Anwohner, Lieferverkehr und Gewerbetreibende verschlechtert, und eine Gestaltung der Uferfläche für mehr Aufenthaltsqualität berücksichtigt."

Selbstverständlich halten die Grünen ihrerseits dagegen. Sie wollen, dass der Vorschlag der Initiative Radentscheid komplett umgesetzt wird: alle Parkplätze weg, ein bisschen mehr Park, Autos könnten in der Folge in Parkhäusern ihren Platz finden. Ihren Änderungsantrag präsentierten sie am Dienstag dem Verwaltungsausschuss, also dem kleinen Rat. Wie berichtet, ist Lüneburg 2022 dem sogenannten Radentscheid beigetreten, mehr als 7000 Unterschriften legte die Gruppe vor, die von Grünen und Radverbänden unterstützt wurde. Der Stadtrat hatte sich entschieden, dass diese Meinung der Bürger maßgebend für ganz Lüneburg sei und machte sich die Ziele zu eigen. Allerdings mit der Maßgabe, das Ganze müsse finanzier- und umsetzbar sein.

Es gärt seit längerem in Sachen des Radrings. Denn der bringt Einschränkungen für Autofahrer mit sich. Das kommt nun an. Sehr deutlich war die Kehrtwende vergangene Woche im Mobilitätsausschuss zu erkennen. CDU-Mann Chris Gerlach stellte das Konzept Radring infrage. Die FDP legte gestern nach: "Ideologische Verkehrspolitik geht an den Menschen vorbei." Es fehle eine Mobilitätsstrategie, monieren Cornelius Grimm und Frank Soldan.

Zudem greifen sie auf, was der Verkehrsexperte der Uni, Prof. Peter Pez seit Jahren vertritt, der Ring mache in einer Stadt wie Lüneburg keinen Sinn. Der überzeugte Radler Pez, der die Entwicklung seit mehr als drei Jahrzehnten begleitet, sagt: Wer aus Reppenstedt oder Bardowick in die Stadt möchte, will zur Arbeit, zum Arzt, zum Einkauf. Also mitten rein und nicht um den Kern herumfahren.

Was die Liberalen der Verwaltung und damit der grünen Oberbürgermeisterin samt Verkehrsdezernent Markus Moßmann entgegenhalten, schallt laut wie eine Ohrfeige: "Millionen Euro (sollen) in ein Projekt fließen, dessen tatsächlicher Nutzen nicht belegt ist. Gleichzeitig bleiben andere Maßnahmen, die wirklich etwas bewirken würden, auf der Strecke. Viele Radwege in Lüneburg sind in verbesserungswürdigem Zustand, oft unbeleuchtet und schlecht geräumt. Am Bahnhof fehlen sichere Abstellanlagen, und Busverbindungen werden ausgedünnt, statt attraktiver zu werden. Hinzu kommt, dass Haltestellen an vielen Orten weder barrierefrei noch sicher beleuchtet sind.“

Die Stadt, so die FDP, investiere lieber in „theoretische Konzepte, während die praktischen Probleme ungelöst bleiben". Ein Beispiel: Die Busverbindung vom Kreideberg mitten in die Stadt zum Markt fällt mit dem nächsten Fahrplan weg. Schlecht für Menschen, die nicht gut zu Fuß sind.

Der nächste Zwist dürfte bevorstehen. Aus einer internen Unterlage, die LA vorliegt, ergibt sich, dass wohl Parkmöglichkeiten am Markt wegfallen könnten -- die Wochenmarktbeschicker wissen nichts davon. Sie betonen immer wieder, wie wichtig es ist, dass Kunden am Mittwoch und Samstag, Kartoffeln, Äpfel und Blumen direkt in den Kofferraum packen können.

Vermerkt sind in dem Entwurf auch Umgestaltungen des umstrittenen Marienplatzes sowie ein "Fahrradparkhaus Neue Sülze". Das ist neu. Nachfrage in der Verwaltung. Antwort: "Die Errichtung einer Fahrradabstellanlage ist im Förderantrag zum Fahrradring aufgenommen; angedacht ist eine kleinere Anlage, die nicht zu vergleichen ist mit einem Parkhaus wie z.B. am Bahnhof. Eine potentielle Fläche wäre entlang der Westseite Neue Sülze auf Höhe des Parkhauses." Da stellt sich die Frage nach Ladestationen, Sicherheit, wem gehört die Fläche, Kosten? Antwort: "Es gibt bisher nur erste Vorüberlegungen, noch keinen Planungen."

Zur Erinnerung: Für das Radparkhaus am Bahnhof, dort stellten jeden Tag Hunderte Pendler ihre Velos ab, windet sich die Stadt seit neun Jahren im puncto Sicherheit: Weil es keine Fördermittel gebe, könne man nichts machen. Die Opposition, die in der Kommunalpolitik unrealistischerweise eigentlich nicht existieren sollte, aus Roten, Schwarzen und Gelben deutet an, dass Geld von der Ilmenaustraße dort landen könnte.

Auch die Linke landet einen Aufschlag. Marianne Esders hat nachgefragt, ob die Verwaltung eine Übersicht über Anträge und Anfragen aus dem Rat und deren Sachstand liefern könne. Nein, sei zu komplex antwortet das Rathaus. Die Linke fragt sich, wie ernst das Rathaus den Rat und damit ihren Auftraggeber nimmt, wenn die Verwaltung dazu nichts sagen könne.

In eine ähnliche Richtung war eine Anfrage von FDP-Mann Grimm gegangen, der die Bauverwaltung nach Bauvorhaben und deren Stand gefragt hatte. Könne man nicht sagen, hieß es. Grimm wundert sich, denn für 2024 konnte das Landesamt für Statistik Antworten liefern. Er fragt sich: Woher hat das Landesamt die Daten, wenn nicht von der Stadt?

Die SPD fordert überdies einen anderen Ablauf der Ratssitzungen, da die Oberbürgermeisterin -- knapp zusammengefasst -- ihren Part Mitteilungen der Verwaltung gern zu eigenen Bühne mache und schon mal Ratsmitglieder und unbotmäßige Journalisten abkanzelt. Erwartungsgemäß sieht die Verwaltung das in ihrer Stellungnahme anders.

Der Rat hat sich für Donnerstag einiges vorgenommen. Die Sitzung beginnt um 17 Uhr in der Ritterakademie. Carlo Eggeling

Ps: Die Linke unterstützt die Position der Grünen, teilen sie gerade mit. Stand 11.45 Uhr

© Fotos: ca


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