Das Ringen um Macht
von Christiane Bleumer am 25.03.2016Maike Jebens als Königin Elisabeth in der Premiere von Friedrich Schillers Trauerspiel "Maria Stuart".
Am Ende ist sie ganz allein. Verlassen von allen Beratern und Unterstützern ist Elisabeth (Maike Jebens), die Königin von England, auf sich selbst gestellt und muss mit ihrer Schuld zurechtkommen, die sie in Schillers aufwühlendem Drama um zwei Königinnen auf sich geladen hat. Gestern, 24. März, feierte mit Friedrich Schillers Trauerspiel Maria Stuart die nächste Schauspielproduktion ihre Premiere im Großen Haus des Theater Lüneburg. Für die Inszenierung der wohl bekanntesten künstlerischen Bearbeitung der Lebensgeschichte der schottischen Königin zeichnet Martin Pfaff verantwortlich. Das Ensemble verkörperte die Figuren mit Leidenschaft und Intensität und brachte, vom Publikum bejubelt, das Drama mit einer beeindruckenden Schauspielleistung auf die Lüneburger Theaterbühne.
Die Handlung des Stückes setzt erst drei Tage vor Marias (Beate Weidenhammer) Hinrichtung ein, und sie spielt sich auf einer Bühne ab, die Barbara Bloch als Labyrinth aus verschiedenen Säulen und Ebenen gestaltet hat. Hier agieren die Beteiligten, befinden sich mal höher oder niedriger, sind mal versteckt oder können durch die separaten Podeste auch räumlich nicht zueinander finden. Wie Schachfiguren treten die Figuren auf, die in den folgenden knapp drei Stunden Spieldauer über die Schicksale der zwei Frauen mitbestimmen. Machtspiele, Stolz, das Ringen um die vermeintlich richtige Religion und die Frage, ob Elisabeth wegen ihrer Herkunft überhaupt eine legitime Königin sein kann, bestimmen die Handlung.
Eine Schlüsselszene des Stückes ist ein Treffen der beiden Königinnen, das der Graf von Leicester (Gregor Müller) arrangiert hat. Dabei soll Maria versuchen, das Herz ihrer Rivalin zu rühren, um Gnade vor ihr zu finden. Als es zu dieser Zusammenkunft kommt, versucht Elisabeth jedoch, die flehende Maria nur noch tiefer zu demütigen. Stolz bezichtigt Maria sie ebenfalls der Scheinheiligkeit: Trotz ihres übertriebenen Tugendgebarens könne Elisabeth ihre niedere Herkunft nicht verschleiern. Der Versöhnungsversuch hat also die beiden Rivalinnen noch unversöhnlicher entzweit. Neben eindrücklichen Schilderungen von Personen wie Graf Leicester oder Burleigh (Philip Richert) arbeitet Schiller besonders die unterschiedlichen Charaktere der beiden Königinnen und Frauen heraus: einerseits die charismatische Maria, die über ihren Stolz zu innerer Freiheit findet, andererseits Elisabeth, die ihre politische Macht mit Abhängigkeiten bezahlt. Denn obwohl sie dauernd von Freiheit spricht, ist sie abhängig vom Willen des Volkes, den Anforderungen des Königtums und den Rollenerwartungen, die an sie als weibliche Monarchin gestellt werden. So fürchtet sie die potenzielle Rivalin, hat Maria schon vor vielen Jahren gefangen nehmen lassen und strengt schließlich einen Prozess gegen sie an, mit dem Ziel, Maria des Mordes zu überführen und hinzurichten. Mittels gefälschter Beweise erwirkt sie schließlich eine Verurteilung. Doch um ihren guten Ruf nicht zu gefährden, versucht Elisabeth die Verantwortung anderen zuzuschieben. Die elisabethanische Macht und die protestantische Kirche sind damit erstmal gesichert, doch zu welchem Preis?
In den weiteren Rollen: Britta Focht (Hanna Kennedy), Matthias Herrmann (Georg Talbot), Philip Richert (Wilhelm Talbot), Martin Skoda (Amias Paulet), Felix Breuel (Mortimer), Martin Andreas Greif (Graf Aubespine), Calvin-Noel Auer (Wilhelm Davison)Weitere Vorstellungen am: 29.03. 20 Uhr / 01.04. 20 Uhr / 10.04. 19 Uhr / 15.04. 20 Uhr / 17.04. 19 Uhr / 20.04. 20 Uhr / 30.04. 20 Uhr
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