Lüneburg, am Freitag den 09.05.2025

Der Neubau am Kalkberg — Ein Haus für Wohnunslose

von Carlo Eggeling am 19.12.2023


In der Baracke war einmal das Straßenverkehrsamt untergebracht, dann wurde der Holzbau vor vier Jahrzehnten auf das Gelände des Herbergsvereins am Kalkberg versetzt. Ein Provisorium, in dem bis heute Wohnungslose leben. Neun Quadratmeter misst ein Zimmer. Oft ist der Andrang so stark, dass zwei Menschen in einem Raum leben müssen. Das soll sich ändern: Das "Hinterhaus" weicht einem Neubau, so groß wie das Gebäude davor, die ehemalige Kettenstrafanstalt, zwei Voll- und ein Dachgeschoss entstehen, 36 Appartements mit Wohnraum, Pantry-Küche, Bad. Alle barrierefrei, sechs rollstuhlgerecht. Dazu Büros für Mitarbeiter. Kostenpunkt: 8,2 Millionen Euro, alles in allem rund zehn, wenn noch die "gewünschte" Photovoltaikanlage dazukommt.

Jetzt stellten die Verantwortlichen das Projekt im Detail vor, LA hatte bereits mehrmals über die Pläne berichtet.

Im März oder April beginnen die ersten Arbeiten, im November 2025 sollen sie abgeschlossen sein. Elf der 18 Bewohner ziehen um in den ehemaligen "Adlerhorst" an den Sülzwiesen -- Handwerker richten das seit Monaten leerstehende Lokal her. Die anderen Mieter sollen im Haupthaus Platz finden, auch hier laufen Umbauten.

Der Lebensraum Diakonie erledigt im Auftrag der Stadt die Unterbringung von Menschen, denen akut die Obdachlosigkeit droht. Neben der sogenannten Gefahrenabwehr geht es um stationäre Hilfen, das meint eine Betreuung durch Sozialarbeiter, das Ziel ist die Rückkehr in eine eigene Wohnung. Die meisten der Klienten hätten nicht nur ihre Bleibe verloren, häufig kämen psychische Probleme dazu, auch Alkohol- und Drogenabhängigkeit spielten eine Rolle, sagt Herbergschef Thorben Peters. Doch nicht nur der Verein bringt Obdachlose unter, die Stadt selber stellt Plätze in ihrer Unterkunft in Rettmer zur Verfügung.

In einer Pressemitteilung der Klosterkammer, die 300 000 Euro beisteuert, ist die Rede von einem Konzept von Housing first. Diesen Ansatz schränken Thorben Peters, die Vorstandsvorsitzende Tanja Mainz und der kaufmännische Leiter Stephan Warzawa ein. Sie sprechen von "sozialer Wohnraumhilfe". Housing first würde nach Hamburger Vorbild meinen, dass Betroffene gar nicht erst obdachlos werden, sondern sofort eine Wohnung erhalten mit umfassender Betreuung. Der Ansatz der Hanseaten bleibt eher ein Modellprojekt. Superintendent Christian Cordes, Vorsitzender des Aufsichtsrates der Herberge, sagt: "Wie wären bereit, es zu machen, wenn es bezahlt würde."

Warzawa nennt die Schwierigkeiten, einige der Klienten gingen nicht gut mit den Wohnungen um: "Wer zahlt die Reinigung, wenn jemand nach zwei Jahren auszieht und die ganze Zeit die Toilette nicht gereinigt hat?" Auch eingetretene Türen gebe es. Eben weil manche der Betroffenen verschiedenste Probleme mitbrächten.

Der Lebensraum Diakonie tritt selber als Vermieter auf: Er hat nach eigenen Angaben in den Kreisen Lüneburg und Uelzen rund 200 Wohnungen angemietet und vermietet sie an Klienten weiter -- eben wenn sie wieder Boden unter den Füßen haben.

Im Verein gehen die Verantwortlichen von rund 500 Wohnungslosen in Lüneburg aus, ein Großteil der Betroffenen käme nicht am Kalkberg unter, sondern bei Familien und Bekannten -- all das vor dem Hintergrund eines mehr als angespannten Wohnungsmarktes. Vorstandvorsitzende Mainz umreißt, was auf der Hand liegt: "Sozialer Wohnungsbau fehlt."

Wie finanziert der Lebensraum Diakonie den Neubau? Er zapft verschiedene Finanzquellen an: Hermann Reemtsma Stiftung, die städtische Stiftung Hospital Zum Großen Heiligen Geist, die Klosterkammer Hannover, das Diakonische Werk evangelischer Kirchen in Niedersachsen, die Kreditanstalt für Wiederaufbau sowie die GLS-Bank e.G. Für die Anwohner rund um den alten Adlerhorst ist eine Informationsveranstaltung geplant. Carlo Eggeling


Die Fotos zeigen den alten Trakt, der abgerissen werden soll. Der Neubau soll in etwa die Ausmaße des Haupthauses haben. Der Adlerhorst an den Sülzwiesen dient für die Bauphase als Übergangsquartier. Die Verantwortlichen stellten ihr Vorhaben am Montagnachmittag vor.

© Fotos: ca


Kommentare Kommentare


Zu diesem Artikel wurden bisher keine Kommentare abgegeben.



Kommentar posten Kommentar posten

Ihr Name*:

Ihre E-Mailadresse*:
Bleibt geheim und wird nicht angezeigt

Ihr Kommentar:



Lüneburg Aktuell auf Facebook