Der Organisator
von Carlo Eggeling am 02.12.2025André Schuler ist Analytiker. Der Landratskandidat der SPD arbeitet seit zwei Jahrzehnten für den Landesrechnungshof, er weiß, warum Kommunen eigentlich am Rand der Pleite entlangsegeln. Bei zunehmendem Sturm. Es liegt nahe, dass er auf die Organisation der Kreise blickt und damit mögliche Einsparmöglichkeiten sucht. Den Landkreis Lüneburg kennt er von seiner Ausbildung und als Prüfer. Klar, könne man hier und da etwas ändern, "aber das wird uns nicht retten". Das Defizit werde mittelfristig auf rund 500 Millionen Euro wachsen. Das liege vor allem an der nicht ausreichenden Finanzierung durch Bund und Land sowie immer mehr Aufgaben: "Da müssen wir kommunal den Schulterschluss finden."
Ein Lied, das Kommunalpolitiker seit einer Ewigkeit anstimmen, es mag nicht jede Note stimmen, aber die Melodie durchaus. Fachlich gilt Schuler nicht nur in seiner Partei als Experte, auch in seiner Samtgemeinde Ilmenau zollt man ihm unter Hand Anerkennung für seine Arbeit im Gemeinderat, inzwischen als Fraktionsvorsitzender.
Schuler engagierte sich vor seinem Umzug nach Embsen von 2006 bis 2014 im Lüneburger Stadtrat, später in Ilmenau. Trotzdem ist er eher ein Mann der hinteren Reihen. Das ist ihm bewusst: "Ich bin keiner, der sich in den Mittelpunkt drängt." Also setzen er und seine Partei auf Kompetenz. Und auf die Partei, obwohl die SPD bundesweit in Umfragen nicht gerade brilliert. Die Möglichkeit, parteilos zu kandidieren und damit andere Gruppierungen hinter sich zu versammeln, sei keine wirkliche Option gewesen: "Ich bin seit zwanzig Jahren Genosse."
Bildung, Sicherheit, Wohnen, Mobilität, da will er Schwerpunkte setzen. Das werden andere Kandidaten ebenso. Also was will er anders organisieren? Stadt und Kreis enger verzahnen, ist eine Antwort. Damit geht es um den Lüneburg-Vertrag. Verkürzt: Der Vertrag lässt die Stadt viele Aufgaben in eigener Verantwortung erledigen, dafür zahlt der Kreis einen Beitrag für den Aufwand. Dahinter steht eigentlich der Traum der kreisfreien Stadt, die selbstbewusst und stolz agiert.
Der Kreis hat in der Vergangenheit Aufgaben abgegeben, aber die Stadt hat sie aus Kostengründen in Teilen oder ganz zurückgegeben -- weil's günstiger ist. Teile bei der Volkshochschule und beim Theater, alles beim ÖPNV. Der liegt beim Kreis, das bedeutet, dass die Stadt weniger zu melden hat. Wer das Geld gibt bestimmt, was die Musikbox spielt. So streicht die neue kreiseigene Nahverkehrsgesellschaft Moin – Einwänden zum Trotz – eine Verbindung vom Kreideberg zum Marktplatz. Schlecht für alle, die schlecht zu Fuß sind, denn die müssen einen Umweg über den Bahnhof nehmen.
All das ist Schuler bewusst und schwächt ab. Er will nicht in die Details gehen, aber er sagt: "Alles was im Kreis passiert, kann ohne die Stadt nicht funktionieren." Ein Stichwort seien Jugend- und Sozialhilfe. Die nennt der Kreis als einen Faktor für die eigenen finanziellen Probleme. Wenn der Taktstock da wieder beim Kreis liegt, ob er dann Geld freigibt für Programme gegen Sucht und Elend auf den Lüneburger Fußgängerzonen?
Der 50-Jährige gibt sich diplomatisch: "Es ist eine Frage des Miteinanders und der handelnden Personen." Generell gelte es, sich "Strukturen und Prozesse anzusehen, um etwas zu verändern". Ein Stichwort sei das "Beteiligungsmanagement", das klingt technisch, meint aber ganz praktisch, sich Konzernstrukturen in Stadt und Kreis vorzunehmen. Stichworte sind beim Landkreis beispielsweise der Bereich Straßenunterhaltung, in der Stadt die Gesundheitsholding mit Kliniken und SaLü. Da stellt sich fast zwangsläufig die Frage nach einer großen kommunalen Wohnungsgesellschaft.
Lange Jahre, als Kreis und Stadt noch SPD-Hochburgen waren, sangen Landrat und Oberbürgermeister das Lied "Stadt und Land Hand in Hand". Tempi passati oder Zukunftsmusik?
Schuler weiß selbstverständlich um die schwierige Lage zwischen Amelinghausen und Zeetze. Seine Partei hat in den vergangenen Jahren an Zustimmung verloren, die CDU sucht ebenfalls nach sich selbst, die Grünen haben's klimatisch schwer. Die Robin-Hood-Strategie der Linken, den Reichen nehmen, um den Armen zu geben, zieht vor allem junge Frauen aus dem Uni-Klientel. Die FDP kämpft trotz OB-Kandidat darum, überhaupt wahrgenommen zu werden. Dazu eine AfD, deren Parolen verfangen.
Bei allem Optimismus ist klar, im ersten Anlauf dürfte es nicht fürs Dirigentenpult im Kreishaus reichen. Schulers Ziel: "Wir wollen die Stichwahl erreichen." Gelingt das, ist Zeit für Bündnisse. Bis zur Wahl im September ist nicht mehr so lange hin. Ein paar Monate, um sich zu profilieren. Gilt auch für die anderen. Carlo Eggeling
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