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Der Wochenrückblick — Positiv

von Carlo Eggeling am 23.09.2023


Meine Woche
Einsam gemeinsam

Im Hasenburger Grund leben Fußballer mit maroden Duschen, in die Jahre gekommenen Umkleiden, einer Atmosphäre des Verfalls. Alles sollte schöner werden. Dafür warb der damalige Bundestagsabgeordnete Eckhard Pols eine Million Euro Fördergeld ein, die Stadt hätte laut des Christdemokraten noch 110 000 Euro dazupacken müssen. Es wäre am Ende vielleicht nicht der Traum eines Stadions gewesen, aber immerhin ein bisschen weniger Albtraum. Doch seit 2019 ist kaum etwas passiert. Ein schönes Thema, um im Rat zu zeigen, dass es schlecht läuft. Es könne sein, dass die Stadt die Million nicht bekomme, weil sie bis Ende des Jahres verbaut sein müsste.

So bohrte SPD-Co-Fraktionschef Uwe Nehring ebenfalls nach; AfD-Ratsherr Dirk Neumann befand, es müsse etwas passieren. Für die FDP gab sich Frank Soldan verständnisvoll: Es fehle im Bauamt an Personal. Für die Grünen hatte Nachrückerin Corinna Maria Dartenne parat, dass bereits vor einem Dreivierteljahr neben dem Hasenburger Grund noch ein Dutzend weiterer Projekte als dringlich in der Umsetzung galten. Weil die Grünen die Oberbürgermeisterin stellen, durfte der Hinweis nicht fehlen, unter Claudia Kalischs Vorgänger sei bis 2021 auch nichts Wesentliches passiert. Nicht zu vergessen: Bauausschussvorsitzender Jens-Peter Schultz, eigentlich von der Gewaltenteilung her, Kontrolleur der Bauverwaltung, zeigte die Nöte von Baudezernentin Heike Gundermann auf. Vielleicht zu viel, seine SPD-Fraktion verzichtete jedenfalls auf das obligatorische Klopfen auf den Tischen.

Frau Gundermann trug eine Liste des Leids vor: Corona, Flüchtlinge, ganz viel zu tun, aber kein Personal, fünf Architekten und Ingenieure fehlten ihr, sogar die Fachbereichsleiter gingen. Schlimm. Viel Mitleid, aber nicht die Frage: Was läuft schief bei der Stadt, dass sie kein Personal findet, dass nicht nur im Baubereich, sondern auch im Ordnungsamt und im Finanzressort gute Leute gehen?

Welche Strategie verfolgen Oberbürgermeisterin Kalisch und Personalchef Jens Mildner, um Bewerber zu locken? Wie wäre es mit Fragen: Wie sind Büros ausgestattet in Ordnungs- und Sozialamt? Gibt es mal eine gemeinsame After-Work-Party mit ein, zwei Freigetränken zum Teambuilding wie in anderen Kommunen? Aber inzwischen ist ein neuer Kämmerer da, in dessen Bereich all das fällt. Der leiert bestimmt etwas Frisches an, was bereits unter den Vorgängern im OB-Büro und in der Finanzabteilung sinnvoll gewesen wäre.

Ach ja, am Ende einigten sich die Strategen: Berlin soll der Stadt mehr Zeit geben, das schaue gut aus, und dann wolle man anfangen im Hasenburger Grund. Die Hoffnung stirbt zu Letzt. Denn wie soll alles ohne Personal gehen?

Vermisst habe ich im Rat Wolf von Nordheim. Die grüne Fraktion hat den ehemaligen Geistlichen rausgeschmissen, der verbal eher im strengen Alten und weniger in dem der Nächstenliebe nahen Neuen Testament zu Hause scheint. Illoyalität werfen sie ihm vor. Habe ich neulich alles berichtet. Ich hätte gedacht, dass der Senior mit dem so kämpferisch klingenden Vornamen, seinen Widersachern trotzt. So kann man sich irren bei einsamen Wölfen.

Eine junge Linke hat sich aus dem Rat verabschiedet, die 24-Jährige studiert, wie sie erzählte, in Wien weiter. Ich hatte vor Monaten geschrieben, dass sie und eine weitere inzwischen entschwundene Studentin nach meinem Gefühl eher ein Projekt Rat umsetzen, weil es sich gut im Lebenslauf mache. Lokalpolitik bedeutet für mich eine Verbundenheit mit dem Lokalen, weil man nicht nur für seine Kommilitonen im Rat sitzt, sondern für alle in der Stadt: für Busfahrerinnen, Verkäufer, Reinigungskräfte und Unternehmer. Um Abläufe zu verstehen, brauche es ein Jahr, sagte selbst ein Parteifunktionär. Und schwups sind die anti-bewegten Personen weg. In ihrer Rede ging es so oft um anti, dass die Frage bleibt: Was ist eigentlich gut und wert weiterentwickelt zu werden?

Dieser Artikel habe sie wütend und traurig gemacht und sie in ein schlechtes Licht gestellt. Aber von einem "mittelalten weißen Mann" könne frau nichts anderes erwarten. Sie habe es nicht nötig, ihren Lebenslauf "aufzupimpen". Das freut mich, auch das sie, wenn ich richtig mitgezählt habe, siebenmal das Wort genau benutzte. Das schärft die Debatte immer so. Genau. Als älterer Herr eine Weißheit, äh, Weisheit: Wer in die Politik geht, der muss mit Kritik rechnen. Auch Journalisten. In diesem Sinne alles Gute. Im Wiener Gemeinderat?

Ich solle mal positiv sein, habe ich ein paar mal gehört. Gern, bin ich so negativ? Die Oberbürgermeisterin hatte gute Nachrichten dabei. In der Adventszeit soll Lüneburg wieder leuchten: die Innenstadtkirchen, Wasserturm, IHK-Haus, Rathaus und Co. im Lichterkleid. Sponsoren zahlen, und Strom gibt's wohl genug. Schön auch, dass die Zahl der Behindertenparkplätze "konstant bleiben" soll. Verschwinden sollen mit den Sülfmeistertagen die Grüninseln, ich finde das aus optischen Gründen gut. Dann ist Platz für etwas mit Geschmack. Das ist mal positiv. Oder? Carlo Eggeling

© Fotos: ca


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