Lüneburg, am Samstag den 17.05.2025

Der Weg neben der Zeitung

von Carlo Eggeling am 25.01.2025


Meine Woche
Schöner schreiben

An einem meiner Stammtische kommen grummelige ältere Männer zusammen. Die lesen noch Zeitung und finden es gruselig, dass sie zu einer aussterbenden Art gehören. Das "Blatt" als solches sei der Kitt der Demokratie gewesen, Informationen über das Geschehen vor Ort, Grundlage, um mitzureden bei politischen Entscheidungen. Gewesen. Die Herren schauen in ihre Handys, wenn sie etwas wissen wollen. Die Zeitung sei zu langsam, sie fänden nicht, was sie interessiert. Trotzdem: Gedruckter Journalismus müsse erhalten bleiben, im Zweifel bei der Zustellung vom Staat subventioniert. Staatsknete?, frage ich mich, Verlage finden nur mühsam Zusteller, und die Leser schwinden, was soll das?

Die Samtgemeinde Amelinghausen startet jetzt eine WhatsApp-Gruppe als eine Art Schwarzes Brett: Grundsteuer, Freibad-Neuigkeiten, Baustellen, kulturelles Geschehen, all das, was nah am Bürger ist, will Bürgermeister Christoph Palesch versenden, er sagt: So erreiche er die Menschen, die sich eh in Vereinen und Organisationen via WhatsApp unterhielten und informierten.

Wenn er Pressemitteilungen verschicke, wisse er nicht, ob die erschienen und wenn wann, die Zeitung sei in vielen Haushalten nicht mehr vorhanden. Die Artikel griffen oft nicht auf, was seiner Meinung nach Rat und Verwaltung, gerade aber Bürgern wichtig sei. Es mangle an Tiefe. Also mache man es selbst: "Der Aufwand ist überschaubar."

Mit diesem Kanal prescht der umtriebige Palesch unter den Gemeinden vor. Doch einen eigenen Weg eingeschlagen haben einige, in Bleckede ist Dennis Neumann bei Facebook präsent, in Melbeck Christoph Kleineberg. Die Pressestelle in Lüneburg zeigt uns Claudia Kalisch ständig im Bild. Eigentlich fehlen Autogrammkarten.

Die Kommunen sind nicht allein, Feuerwehren, Polizei, Vereine, Organisationen sind unterwegs. Das Gedruckte liegt in Agonie. Ab und an tut's einen Schnaufer, und wir schauen hin. Doch um im etwas makaberen Bild zu bleiben, es dauert nicht mehr all zu lange, und die Luft ist raus. Das beobachten wir land auf, land ab.

Die grummeligen Herren haben recht, der Demokratie und ihrem Alltag tut das nicht gut. Gerade viele jüngere Leute wissen nicht mehr, was in ihrer Gemeinde politisch ansteht. Das Netz liefert Meinungen statt Fakten. Der Meta-Konzern mit Facebook und Instagram will den Faktencheck streichen. Welchen Check? Bei dem menschenverachtenden Blödsinn, der dort bislang bereits herumwabern durfte.

Subvention für Zeitungen? Was soll das bringen? Der Staat muss in Zusammenspiel mit der EU kontrollieren, dass seine Regeln eingehalten werden: Bußgelder und Abschalten, wenn gegen Gesetze verstoßen wird.

Im Spiegel-Haus in Hamburg steht der Satz des Gründers Rudolf Augstein groß an der Wand: "Sagen, was ist." Selbst beim Nachrichtenmagazin scheint eher die Maxime zu gelten "Wir sagen, was wir fühlen." Das schlägt bis in die Provinz durch. Handwerk wäre gut, Fakten liefern, Meinungen verschiedener Seiten einholen. Haltung? Die bedeutet zu berichten und nicht zu richten, es bedeutet, den Leser zu schätzen, der schafft es erstaunlicherweise, sich eine Meinung zu bilden. Der Kunde will keinen Haltungsjournalismus.

Selbstverständlich wandert Journalismus ins Netz. Da muss er anders sein. Aber der Grundsatz bleibt: Interessant, abwechslungsreich und faktenbasiert. Demokratie? Kollegen sollten Bürgermeistern kritische Fragen stellen, Verwaltungen und Politik hinterfragen, die müssen erklären und informieren. Das vergessen Herrschende des öfteren und empfinden Nachfragen als Majestätsbeleidigung.

Journalismus wird immer wichtiger, wenn uns Parteien Steuergeschenke versprechen, die nicht zu finanzieren sind, wenn Machthaber in Russland, China und den USA offenkundig lügen. Europa erlebt längst ähnliches. Die Heiterkeit und Leichtigkeit des Seins kann einem angesichts schlechter Nachrichten manchmal vergehen. Das Biedermeier, der Rückzug ins Private, macht's nicht besser.

Ich habe neulich von einer Gemeinheit gelesen: Der amerikanische Präsident als Clown, der aus der Welt einen Zirkus macht. Clowns sind sensible, selbstironische Beobachter des Lebens, die uns zum Lachen und Weinen bringen, der Zirkus ist ein Ort voller Zauber und Phantasie. Clowns und Manege schenken Hoffnung. Donald Trump passt nicht ins Bild.

Alles ein wenig schwermütig heute. Aber bange machen gilt nicht. Ich habe gestern Abend bei Haxe und Käsespätzle mit zwei Kollegen zusammengesessen. Einer schreibt für eine große Zeitung im Süden, der andere filmt für eine renommierte TV-Produktion, die unter anderem für die Öffentlich-Rechtlichen arbeitet. Wir recherchieren gemeinsam ein Stück, dass bundesweit spielt. Zwei junge kluge Köpfe, zwei engagierte Leute, wir haben viel verabredet und erfahren. Wir haben viel gelacht. Sie erledigen ihr Handwerk. Richtig gut. Das gibt Hoffnung.

Wenn Ihnen das Ganze nicht gefällt, dann ist das so. Nehmen Sie es als Ansichten eines Clowns. Gutes Wochenende, Carlo Eggeling



An einem meiner Stammtische kimmen gern grummelige ältere Männer zusammen. Die lesen noch Zeitung und finden es gruselig, dass sie zu einer aussterbenden Art gehören. Das "Blatt"als solches sei einmal der Kitt der Demokratie gewesen, Informationen über das Geschehen vor Ort, Grundlage, um mitzureden bei politischen Entscheidungen. Gewesen. Die Herren schauen in ihre Handys, wenn sie etwas wissen wollen. Die Zeitung sei zu langsam, sie fänden nicht, was sie interessiert. Trotzdem: Gedruckter Journalismus müsse erhalten bleiben, im Zweifel vom Staat gepäppelt.

Die Samtgemeide Amelinghausen startet jetzt eine WhatsApp-Gruppe als so eine Art Schwarzes Brett: Grundsteuer, Freibad-Neuigkeiten, Baustellen, kulturelles Geschehen, all das, was nah am Bürger ist, will Bürgermeister Christoph Palesch, er sagt: So erreiche er die Menschen, die sich sowie so schon in Vereinen und Organisationen via WhatsApp unterhielten und informierten.

Wenn er Pressemitteilungen verschicke, wisse er nicht, ob die erschienen und wenn wann, die Zeitung sei in vielen Haushalten nicht mehr vorhanden. Die Artikel griffen oft nicht auf, was seiner Meinung nach Rat und Verwaltung, aber auch Bürgern wichtig sei. Es mangle an Tiefe. Also mache man es selbst: "Der Aufwand ist überschaubar."

Mit diesem Kanal ist Palesch unter den Gemeinden Vorreiter. Aber längst haben andere diesen Weg eingeschlagen, in Bleckede ist Dennis Neumann bei Facebook präsent, in Melbeck Christoph Kleineberg. Die Pressestelle in Lüneburg zeigt uns Claudia Kalisch ständig im Bild. Eigentlich fehlen Autogrammkarten.

Die Kommunen sind nicht allein, Feuerwehren, Polizei, Vereine, Organisationen gehen den Weg. Das Gedruckte liegt in Agonie, ab und an tut's einen Schnaufer, und wir schauen hin. Doch um im etwas makaberen Bild zu bleiben, es dauert nicht mehr all zu lange, und die Luft ist raus. Das ist land auf, land ab so.

Die grummeligen Herren haben recht, der Demokratie und ihrem Kurs tut das nicht gut. Viele gerade jüngere Leute wissen nicht mehr, was in ihrer Gemeinde politisch ansteht. Das Netz liefert Meinungen statt Fakten. Der Meta-Konzern mit Facebook und Instagram will den Faktencheck streichen. Welchen Check? Bei dem menschenverachtenden Blödsinn, der bislang dort herumwabern durfte. Subvention für Zeitungen? Der Staat muss in Zusammenspiel mit der EU kontrollieren, das seine Regeln eingehakten werden: Bußgelder und Abschalten, wenn gegen Gesetze verstoßen wird.

Im Spiegel-Haus in Hamburg steht der Satz des Gründers Rudolf Augstein groß an der Wand: "Sagen, was ist." Selbst beim Nachrichtenmagazin scheint eher die Maxime zu gelten "Wir sagen, was wir fühlen." Das schlägt bis in die Provinz durch. Handwerk wäre gut, Fakten liefern, Meinungen verschiedener Seiten einholen. Haltung? Ja, klar, aber die bedeutet zu berichten und nicht zu richten, es bedeutet, den Leser schätzen, der schafft es, sich eine Meinung zu bilden.

Selbstverständlich wandert Journalismus ins Netz. Da muss er anders sein. Aber der Grundsatz bleibt: Interessant, abwechslungsreich und fakten basiert arbeiten. Da können Kollegen Bürgermeistern kritische Fragen stellen, Verwaltungen und Politik hinterfragen, die müssen erklären und informieren.

Das wird immer wichtiger, wenn uns Parteien Steuergeschenke versprechen, die nicht zu finanzieren sind, wenn Machthaber in Russland, China und den USA offenkundig lügen. Europa erlebt längst ähnliches. Die Heiterkeit und Leichtigkeit des Seins kann einem machmal vergehen. Aber das Biedermeier, der Rückzug ins Private, macht's nicht besser.

Ich habe neulich von einer Gemeinheit gelesen: Der amerikanische Präsident als Clown, der aus der Welt einen Zirkus macht. Clowns sind sensible, selbstironische Beobachter des Lebens, die uns zum Lachen und Weinen bringen, der Zirkus ist ein Ort voller Zauber und Phantasie. Donald Trump passt nicht ins Bild.

Alles ein wenig schwermütig heute. Es gibt Hoffnung. Ich habe gestern mit zwei Kollegen zusammengesessen. Einer schreibt für eine große Zeitung im Süden, der andere filmt für eine TV-Produktion, die unter anderem für die Öffentlich-Rechtlichen arbeitet. Wir recherchieren gemeinsam für ein Stück, dass zwischen Heide und Schwarzwald spielt. Zwei kluge Köpfe, zwei engagierte Leute, wir haben viel verabredet und erfahren. Und wir haben viel gelacht. Das gibt Hoffnung.

Und wenn Ihnen das Ganze nicht gefällt, dann ist das so. Nehmen Sie's als Ansichten eines Clowns. Gutes Wochenende, Carlo Eggeling

© Fotos: ca


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