Deutsch ist hier international
von Carlo Eggeling am 10.10.2025Religion besitzt etwas Verbindendes. Das vergisst man manchmal, wenn die Nachrichten von Mord und Totschlag im Namen des Glaubens berichten. Ein Besuch im Café International der Marienkirche schenkt Hoffnung. Und Glauben. Zweimal im Monat treffen sie sich im katholischen Gemeindehaus an der Friedenstraße. Schon der Straßenname scheint dann einen Moment als Symbol. Bei Kaffee und Kuchen sitzen Menschen aus Indien, Afrika, Mexiko, Albanien, Syrien, dem Iran, der Ukraine und Deutschland. Deutsch als Sprache verbinde sie, sagen sie bei einem Treffen an diesem Nachmittag. Das lernen sie hier in Kursen und eben, wenn sie zusammensitzen. Seit zehn Jahren bitten die Mitstreiter um Michael Bielawny zu Treffen in die katholische Gemeinde an der Friedenstraße, jetzt feiern sie Geburtstag.
Das Prinzip trage seit einem Jahrzehnt, bilanziert Monika Korthaus, die zu den Organisatoren des Cafés zählt. Damals galt der Satz der Altkanzlerin Angela Merkel: "Wir schaffen das." In der Gemeinde habe die Stimmung geherrscht, Zuwanderer und Flüchtlinge willkommen zu heißen. Offene Herzen, offene Türen. "Das waren viele, die eigentlich nichts mit Kirche am Hut hatten." Eben auch Menschen muslimischen Glaubens: "Wir treffen uns im katholischen Gemeindehaus, wer kommt, ist in der Regel tolerant, bildungsfreudig."
"An welchen Gott wir glauben, spielt keine Rolle", sagt Hussein Al Mamaie aus dem Irak, der erst kurz zur katholischen Gemeinde kommt, sich aber in Bardowick bei einem ähnlichen Angebot der dortigen evangelischen St.-Peter-und-Paul-Gemeinde engagiert. Er möchte sein Deutsch verbessern und hofft, Kontakte zu knüpfen, um in seinem Beruf, der mit Klimatechnik zu tun hat, Arbeit zu finden. Achmed Shaeeu geht es ähnlich: "Der Dialog hier ist wichtig, ich spreche besser Deutsch und lerne noch." Auch er möchte gern arbeiten, doch mit begrenzten Sprachkenntnissen sei es schwierig.
Mohamad Dadou aus Aleppo ist seit Jahren dabei und gehört zum Team, das die Treffen organisiert: "Ich habe hier deutsche Freunde." Sein Einsatz in der Gemeinde etwa beim Mittagstisch habe ihm zudem geholfen, eine Wohnung für sich und die Familie zu finden. Monika Korthaus sagt, dass man sich beim Kaffee, aber auch bei gemeinsamen Ausflügen kennenlerne und Vertrauen zueinander aufbaue. Eine Frau aus der Gemeinde habe über diesen Weg Wohnungen an Teilnehmer der Treffen vermietet.
Carmen "Menchu" Peter stammt von den Philippinen, lebt seit vier Jahrzehnten in Deutschland und ist in der Gemeinde aktiv. Sie weiß um die Schwierigkeiten der Zuwanderer: "Abschlüsse werden nicht anerkannt. Wir haben hier einen Syrer, der ist eigentlich Lehrer. Er arbeitet jetzt als Erzieher, nachdem er Prüfungen ablegen musste. Ein anderer ist Jurist. Der arbeitet jetzt als Angestellter für die Sozialversicherung." Als Sachbearbeiter, seine Prüfung habe er als Bester bestanden, weil er Systematik und Bürokratie aufgrund seines Studiums verstehe. Was in den Schilderungen mitklingt: Die neuen Bürger wollen hier leben, wollen arbeiten, wollen Teil der Gemeinschaft sein. Einige besäßen inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft.
Hassan Alqanbari, der mit seiner Mutter im Kreis sitzt, lobt die Unterstützung, die sie hier finden. Der Elektro-Fachmann auf Arbeitssuche erzählt, wie er so seinen Sprachkurs mit einem Abschluss B2 beenden konnte. Keine Einbahnstraße: "Menchu" lerne Arabisch. Unterstützung ist selbstverständlich.
Monika Korthaus, ehemalige Lehrerin an der St.-Ursula-Schule, erinnert die Gemeinschaft des Café International an Lessings Nathan der Weise und die Ringparabel. Kurzgefasst: Juden- und Christentum sowie Islam, besitzen gleiche Wurzeln, sie können tolerant miteinander zusammenleben. Ein Beispiel aus der Praxis: Am Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan hätten sie sich im katholischen Gemeindehaus getroffen. Die arabischen Freunde brachten Spezialitäten aus ihrer Heimat mit. Gemeinsam essen und feiern -- das macht Freundschaft aus.
Eben die wollen sie leben. Am Samstag, 18. Oktober, feiert das Café International seinen zehnten Geburtstag mit Musik, einem Programm für Kinder und Köstlichkeiten aus verschiedenen Küchen. Um 14 Uhr geht es an Friedenstraße los. Egal, welche Religion, wenn man will und offen ist, verbindet sie. Carlo Eggeling
Treffen jeden 1. und 3. Samstag im Monat von 14 bis 18 Uhr
Ansprechpartner:
Jutta Segger, Gemeindereferentin
04131 / 60 30 914
Michael Bielawny
Telefon: 04131 / 15 78 12
cafeinternational@kath-kirche-lg.de
Gruppenbild international: Zu den Treffen in der katholischen Mariengemeinde kommen Menschen aus vielen Nationen. Bei diesem Treffen fühlten sich wohl: Olena Schevtschenko, Carmen "Menchu"Peters, Monika Peters, Anne Günther, Hassan Alanbari, Aanam Kambarji, Bernd Jessusek, Mohamad Dadou mit seinen Töchtern Nour und Aicha, Hussein Al-Majmaien und Achmed Shaeeu.
Die Namenskärtchen zeigen, wie international die Vornamen der Gäste sind.
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