Die Ampel-Koalition — es war keine Liebesheirat
von Carlo Eggeling am 30.09.2024
"Mit der Grünen Jugend reden wir jetzt noch intensiver"
Ein Blick auf die Lage der aufgewühlten Partei
Von "Habecks Coup" schreibt der Spiegel, das Nachrichtenmagazin formuliert scharf: "Der Vizekanzler hat sich durchgesetzt, die Grünen sind jetzt auf dem Weg zum BRH, zum Bündnis Robert Habeck, mit Risiko zum Scheitern." Es klingt in anderen Medien und Nachrichten nicht anders, Habeck schiebe zur Seite andere zur Seite, obwohl er selber als Minister in der Verantwortung stehe. Der alte Parteivorstand um Ricarda Land und Omid Nouripour tritt zurück, die der Bundesvorstand der Grünen Jugend geht ebenfalls von der Fahne, der Nachwuchs in mehreren Bundesländern reagiert ähnlich, auch in Niedersachsen. Und wie ist die Lage in Lüneburg?
Während die Partei landauf landab in Aufruhr scheint, beschreibt Oliver Glodzei den Zustand hier gelassener. Der Kreisvorsitzende der Grünen sagt: "Es gab zwei Austritte, einmal ist jemand umgezogen, der zweite Austritt kommt aus der Grünen Jugend. Allerdings hatten wir auch drei Eintritte." Selbstverständlich diskutierten auch hier Mitglieder über den weiteren Weg, den die Grünen nehmen sollten.
"Die Basis ist nicht immer glücklich mit den Beschlüssen, die Koalition in Berlin war keine Liebesheirat, das ist kein Geheimnis", sagt Glodzei. Wie überall gebe es unterschiedliche Blicke auf die Ausrichtung der Partei, es gebe ein linkes und ein konservativeres Spektrum, die sogenannten Realos. Mit der Grünen Jugend "reden wir jetzt noch intensiver". Die konzentriere sich zahlenmäßig auf die Stadt, leicht zu erklären durch die Uni.
Der Kreisvorsitzende betont, dass der Nachwuchsverband eigenständig ist, er also nicht für ihn sprechen könne. Allerdings bleibt er auch hier gelassen: "Dass die Grüne Jugend immer stachlig und links war, ist nichts Neues. Das soll auch so bleiben." Anzumerken ist, der Nachwuchs ist das Reservoir, aus dem die Grünen Mitglieder und Funktionäre ziehen. Aktuelle Wahlergebnisse haben indes gezeigt, dass die Verbindung Grün und Jung keine Selbstverständlichkeit mehr ist.
In den Medien wird die These vertreten wird, dass Habeck als Kanzlerkandidat antritt, und als Parteivorsitzende seine Vertraute und Staatssekretärin Franziska Brantner, der Spiegel bezeichnet sie als "Sprachrohr von Robert", sowie Ex-NRW-Parteichef Felix Banaszak. Glodzei gibt sich skeptischer: "Das heißt doch nicht, dass nicht noch weitere Vorschläge kommen. Es würde mich wundern, wenn es so bliebe." Er sagt auch: "Robert gibt sich große Mühe, die Partei und die Flügel mitzunehmen."
Den Rücktritt der alten Führungsspitze sieht Glodzei als Chance. Die Regierung, auch wenn sie als zerstritten wahrgenommen wird, habe noch ein Jahr vor sich, um Projekte durchzusetzen. Er empfindet durch die jüngsten Entwicklungen bei den Grünen in der Partei eine "Aufbruchstimmung"; es sei Zeit für einen "politischen und strategischen Neuanfang". Darüber werde man auch in Lüneburg intern weiter diskutieren unter anderem wollen die Kreisverbände Lüneburg und Lüchow-Dannenberg darüber abstimmen, wer als Kandidatin/Kandidat für den Wahlkreis für den Bundestag antritt.
In der Region sieht es für die Grünen relativ komfortabel aus, das hat die Europa-Wahl gezeigt. Zwar verloren sie rund zehn Prozentpunkte, doch um die 20 Prozent erreichten sie, in der Stadt mehr als im Kreis. Bundesweit sehen Prognosen die einstige Öko-Partei inzwischen einstellig. In Lüneburg dürfte die Stimmungslage aufgrund von Nachhaltigkeits-Uni und deren Umfeld besser für die Grünen aussehen. Carlo Eggeling
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