Die Fehleinschätzung — Vom Amelinghausener Blindflug bleibt nichts übrig
von Carlo Eggeling am 14.06.2023Die damalige Samtgemeindebürgermeisterin war bald nach ihrer Amtsübernahme schwer in Sorge, sie übernähme in Amelinghausen einen "Scherbenhaufen", die Finanzlage sei so unübersichtlich und schlecht, dass sie dringend von außen geprüft werden müsse. In Abstimmung mit dem Samtgemeinderat zog die Verwaltung eine Uelzener Fachfirma hinzu. Das Ergebnis, das inzwischen auch von der Kommunalaufsicht bewertet wurde: Von den Vorwürfen bleibt nichts übrig.
Darüber hatte Lüneburg aktuell bereits im Februar berichtet im Zusammenhang mit dem Tod des ehemaligen Samtgemeindebürgermeisters Helmut Völker. Der hatte massiv unter Beschuss gestanden, für ihn und seine Familie war es eine späte Genugtuung, dass nach dem Prüfbericht von destaströsen Finanzverhältnissen keine Rede sein kann.
Am Dienstagabend dann der Schlussakkord im Rat, den vermeldet die Samtgemeinde in einer Pressemitteilung: "Der Rat der Samtgemeinde Amelinghausen beschloss bei seiner Sitzung am 13.06.23 einstimmig die Jahresabschlüsse der Jahre 2013 – 2017 und entlastete, ebenfalls einstimmig, Samtgemeindebürgermeister a.D. Helmut Völker für die Haushaltsjahre 2013 – 2015." Weiter heißt es: "Vorausgegangen waren in den vergangenen 18 Monaten intensive Arbeiten im Bereich der Kämmerei unter Hinzuziehung der Firma Uelzener Doppik Beratungsgesellschaft mbH. Letztlich wurden so 30 Jahresabschlüsse (Samtgemeinde und fünf Mitgliedsgemeinden für die Jahre 2013 – 2017) am Stück dem Rechnungsprüfungsamt des Landkreis Lüneburg zur Prüfung vorgelegt." Es gab, einfach gesagt, Kritik am bis heute nicht einwandfreien technischen Ablauf, aber eben nicht an den Finanzen.
Auch Claudia Kalisch erhielt für die Jahre 2016/17 eine Entlastung. Die Jahre 2018 bis 2022 sollen bis Ende des Jahres geprüft sein. In der Pressemitteilung heißt es weiter: "Die Jahresabschlüsse 2013 -2016 ergaben laut Jahresabschlüssen ein kumuliertes Defizit von 514.777,27 €, der damalige Kämmerer Magnus Ludwig errechnete 2017 für ebendiese Jahre ein kumuliertes Defizit in Höhe von 502.900,02 €. Der viel beschworene 'Blindflug' bewahrheitete sich also nicht." Eine deutliche Ansage aus dem inzwischen von Christoph Palesch geführten Amelinghausener Rathaus an die Vorgängerin, die man so übersetzen kann: Von den Vorwürfen bleibt in diesem Punkt nichts übrig. Von einer Entschuldigung der Kritiker Völkers ist übrigens nichts bekannt.
Tief in die Tasche greifen musste die Samtgemeinde trotzdem, wenn man so will, ein Erbe der damaligen Bürgermeisterin Kalisch und des Samtgemeinderates. Im Februar hatte LA berichtet: "Aus der Amelinghausener Politik ist zu hören, dass die sogenannten Aufräumarbeiten ziemlich teuer sein sollen, sie schlagen dem Vernehmen nach mit rund 400 000 Euro zu Buche. Ende Januar 2020 fällte der Samtgemeindeausschuss die Entscheidung, die Prüfung der Finanzen extern zu vergeben. Dafür sollten dem Vernehmen nach rund 4300 Euro pro Jahr und Kommune anfallen. In diesem Angebot sei vorgesehen gewesen, den Bericht des Jahresabschlusses 2012 aufzuarbeiten und Einstellungen in der Finanzsoftware zu überprüfen sowie die Arbeitsprozesse der Kämmerei zu durchleuchten. Kostenpunkt insgesamt gut 18 000 Euro. Nicht einmal einen Monat später, so heißt es, sei der Auftrag erweitert worden, angeblich bestünden massive Mängel in der Finanzsoftware des Heideortes. In zwei Tranchen seien so rund 400 000 Euro für die Arbeiten bewilligt worden. Das Rechnungsprüfungsamt des Kreises habe dem Verfahren zugestimmt."
Die vorläufigen Jahresabschlüsse der Jahre 2018 – 2022 ergeben eine Überschussrücklage in Höhe von insgesamt 1.799.787,02 €, die sich vor allem aus den sehr guten vorläufigen Abschlüssen der Jahre 2019 – 2022 ergibt. Gleichwohl haben Amelinghausen und die umliegenden Gemeinden einiges vor der Brust und der Landkreis setzt den Investionsplänen, um die Schuldenlast zu begrenzen.
Die Pressemitteilung der Gemeinde bleibt trotzdem optimistisch: "Samtgemeindebürgermeister Palesch bat alle Ratsmitglieder darum, diese Zahlen offensiv nach außen zu vertreten: „Die Zahlen sind sich kein Grund für Jubel, sie zeigen aber, dass die Samtgemeinde Amelinghausen weder eine Finanzmisere hat oder gar pleite ist.“ Weiter mahnte er die Wirkungen an, die schon einzelne Worte in der Öffentlichkeit haben können: "Durch die angebliche Finanzmisere ist der Samtgemeinde Amelinghausen ein großer öffentlicher Schaden entstanden, gegen den wir noch lange ankämpfen werden müssen. Ohne Frage sind wir nicht besonders strukturstark oder gar reich, dennoch sind wir in der Lage unsere Aufgaben im Sinne unserer Bürgerinnen und Bürger zu erfüllen und die Samtgemeinde Amelinghausen weiterzuentwickeln."
Die nächsten Vorhaben umriss der Verwaltungschef so: "Kindergarten Soderstorf, Kindergarten Betzendorf, Ganztagsschulbetrieb, die Sanierung des Waldbads, die Feuerwehrgerätehäuser in Amelinghausen, Rehlingen und Wetzen, Feuerwehrfahrzeuge, der Ausbau der touristischen Infrastruktur, Straßen und Wege – das alles wird Geld kosten." Carlo Eggeling
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