Lüneburg, am Dienstag den 22.10.2024

Die Ilmenau macht sich breit

von Carlo Eggeling am 21.11.2023


Wie so oft im Winter und Frühjahr macht sich die Ilmenau breit, auch in diesen Tagen. In Uelzen seien mehrere Keller mit Wasser vollgelaufen, berichtet ein Feuerwehrmann. "Für das Lüneburger Stadtgebiet rechnet der Bereich Umwelt morgen früh mit dem Eintreten der ersten Meldestufe, der niedrigsten Warnstufe", berichtet Ann-Kristin Jenckel aus dem Pressereferat der Stadt. "Auswirkungen hat der hohe Wasserstand auf die Passierbarkeit einiger Bereiche entlang der Ilmenauniederung, zum Beispiel im Tiergarten. Bereits überschwemmt und deshalb gesperrt ist aktuell der Zugang zur Teufelsbrücke in Düvelsbrook."



Volker Schulz und seine Kollegen vom Bereich Umwelt hätten die weitere Entwicklung im Blick, so könne es unter anderem sein, dass die Radwege entlang des Lösebrabens und der Ilmenau, also der Treidelpfad Richtung Bardowick, überflutet würden.



Heute dürfte alles glimpflich ausgehen, das war einmal anders. Das liegt an dem Entlastungswasserlauf, den die alten Lüneburger parallel zur Ilmenau anlegten. Dafür muss man ein bisschen ausholen.

Der Lösegraben ist uralt, der Lösegraben ist recht neu. Ein Widerspruch, doch beide Aussagen stimmen. So erkennt das Kloster Lüne in einer alten Urkunde aus dem Jahr 1299 den Wasserlauf als Eigentum der Stadt Lüneburg an. Im vorvergangenen Jahrhundert allerdings schüttete man den Graben zu. Er wurde mit der Erde der abgetragenen östlichen Stadtwälle verfüllt.



Der Name Lösegraben ging auf den Stadtgraben über. Das geschah nach Unterlagen aus dem Stadtarchiv im Jahr 1874. Der Grund: Die Erbauer der Berlin-Wittenberger Eisenbahn brauchten die Fläche für die Trasse ihrer Dampfrösser. Noch heute heißt die Straße, an der der Südbahnhof liegt, An der Wittenberger Bahn. Dem neuen Lösegraben kam eine wichtige Bedeutung zu, denn man baute ein Wehr, um so -- wie noch heute -- den Wasserstand der Ilmenau regulieren zu können.



Dieses Ventil ist ein wirksamer Schutz gegen Hochwasser. Denn die alten Lüneburger kannten schlimme Flutkatastrophen. Stadtchronist Wilhelm Friedrich Volger berichtet als Augenzeuge aus dem Februar 1830. So sei es am Morgen des 25. Februar bitter kalt gewesen, doch gegen Mittag setzte „heftiges Thauwetter ein, welches das Wasser schnell anschwellte". Eisschollen, die auf der Ilmenau trieben, stauten sich an Brücken und Mühlen, verstopften so den Wasserlauf wie ein Propf im Abfluss der Badewanne. Die Ilmenau trat über die Ufer.



Laut Volger kletterte der Pegel weiter und weiter. Über den Rathsmühlenhof zum Johanniskirchhof floß es im „heftigsten Strome", es ging weiter bis zur Papenstraße. Mit Booten retteten Lüneburger ihre „überschwemmten" Nachbarn. Sie fanden zunächst eine Bleibe in der Johanniskirche. Fast ebenso schnell wie das Wasser gekommen war, floß es wieder ab. Schon am 1. März, also nach wenigen Tagen, wälzte die Ilmenau sich wieder in ihrem alten Bett.



1841 hieß es in Lüneburg erneut Land unter. Wieder stieg das Wasser bis zur Papenstraße, der Wohnung Volgers. Im Wasserviertel wurde die Kaufhausbrücke unterspült, die Ilmenau versandete und konnte nur mit viel Mühe wieder schiffbar gemacht werden. Carlo Eggeling

Die historischen Bilder entstanden im 19. Jahrhundert, die Künstler sind unbekannt. Sie zeigen Ratsmühle und Werder. Das Wasser nahm damals andere Wege.

Der Weg an der Teufelsbrücke steht unter Wasser.

© Fotos: ca, Stadt, Stadtarchiv


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