Lüneburg, am Montag den 07.10.2024

Die Krise ist nicht nur in Wolfsburg

von Carlo Eggeling am 27.09.2024


Die Lage ist seit Jahren nicht rosig für Zulieferer der Automobilindustrie. In Lüneburg beschäftigte der mehrmals umfirmierte Hersteller Yanfeng mehr als 1200 Beschäftigte, heute sollen es noch 350 sein. Auch für andere Unternehmen ist wird die Lage schwieriger. Im Landkreis Lüchow-Dannenberg könnte sie dramatisch werden: Dort prägen Zulieferer wie SKF, Musashi und Continental den Arbeitsmarkt. Schlagzeilen der Elbe-Jeetzel-Zeitung in den vergangenen Monaten lauten als Schlagworte unter anderem Kurzarbeit und Entlassungen.

Die Lage werde kaum besser, fürchtet Lennard Aldag. Das hänge auch mit der Krise bei VW zusammen. Der Bevollmächtigte der IG Metall kennt die Lage in Unternehmen und weiß, was drückt: der hohe Preis für Energie, eine unzuverlässige Politik und der zögerliche Umstieg auf Elektromobilität.

In Lüneburg betreut Aldag das Eisenwerk, das hat eine bewegte Geschichte mit Insolvenzen und einem Neuanfang hinter sich. Auch die 150 Mitarbeiter liefern Produkte für die Autoindustrie. Aldag berichtet, dass das Unternehmen auf Elektroöfen setzen wolle. Doch die Preise für Strom seien zu hoch, schwierig im Wettbewerb. Grüner Strom wäre eine Lösung, der könnte aus Windparks der Region kommen zu Zeiten des Überangebots, damit also günstiger. Das wäre machbar, da die Kollegen im Lüneburger Hafen ihre Anlagen mit relativ kurzen Vorlaufzeiten auf die richtige Temperatur bringen könnten.

Generell nötig sei eben die Umstellung auf erneuerbare Energien, die müsse der Staat anfänglich subventionieren, langfristig werde es billiger. Dabei solle man auch unkonventionelle Wege gehen: Man könnte Autobahnen mit Photovoltaikanlagen überdachen: "Das gäbe es nicht einmal einen Flächenverbrauch."

Für einige Betriebe zwischen Wendland und Ilmenau ist die IG Metall zuständig, für andere die IG Chemie. Doch die Probleme seien ähnlich. Würden beispielsweise die drei großen Unternehmen in Lüchow und Dannenberg ins Trudeln geraten, sei das katastrophal für die Region. Das Trio zählt zu den größten Arbeitgebern im Kreis mit weniger als 50 000 Einwohnern.

Aus Sicht der Gewerkschaft führt kein Weg an der E-Mobilität vorbei. Andere Länder gingen den Weg konsequenter, sagt Aldag. Norwegen beispielsweise, dort liege der Anteil der E-Fahrzeuge bei den Zulassungen bei weit über 90 Prozent. "Da gibt es eine Ladeinfrastruktur, die es den Kunden einfach macht." Eben das vermisst Aldag in Deutschland.

Viel entscheidender sei China, dessen Führung auf die Stromer setze. Deutsche Anbieter erleben bei Benzinern in einen Einbruch. Bei E-Autos liegen chinesische Konzerne bei ihren Landsleuten vorne. Eindeutige Zeichen, wohin die Reise gehe.

Statt wie die FDP auf eine Schuldenbremse zu setzen wäre es nötig, Milliarden in den Umstieg in erneuerbare Energien zu investieren -- auch um weltweit den Anschluss nicht zu verlieren. Chinesische Autoproduzenten seien eine gewaltige Konkurrenz für deutsche Autobauer, schlicht weil ihre Wagen billiger und bestens ausgestattet sind -- und hochgradig subventioniert: "Diktatoren halten sich an keine Schuldenbremse."

Der Gewerkschafter kritisiert die Regierung zudem für ihren unklaren Kurs. Berlin habe überraschend Fördermittel gestrichen, der Absatz bei den E-Autos sei eingebrochen. Nun werde die Debatte einer Förderung wieder geführt. "Da muss es Zuverlässigkeit geben." Denn ansonsten stellen Kunden den Kauf zurück.

Selbstverständlich sei VW gefragt. Das Management habe es versäumt, im unteren und mittleren Preissegment interessante Modelle anzubieten. Gleichwohl ist Aldag überzeugt, dass der Wolfsburger Autobauer das nachholen kann. "Da sitzen gute Ingenieure."

Damit wären wir wieder am Anfang. Die Autoindustrie und ihr Wandel sind im Wortsinne Motor der deutschen Wirtschaft. Kommt der ins Stottern, reichen die Folgen weit. Auch in die Region mit ihren Zulieferbetrieben und Autohäusern samt Werkstätten. Carlo Eggeling

© Fotos: ca / Lennard Aldag


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