Doppelte Arbeit, jede Menge Ärger
von Carlo Eggeling am 24.11.2023
Es muss ein dickes Geschäft sein, wenn Firmen sich nicht absprechen: Glasfaserkabel. Am Kreideberg und in anderen Stadtteilen erleben Anwohner gerade, dass erst der eine Trupp von Bauarbeitern kommt, den Weg aufreißt, um den Breitbandausbau voranzutreiben; ein paar Tage oder Wochen später kommt die nächste Firma: buddeln, Kabel, zuschütten, Platten erneut verlegen. Nicht nur Niko Günther, der an der Langenstraße wohnt, fragt sich, ob man in Zeiten von Nachhaltigkeit und dem Schonen von Ressourcen keine Kooperation hinbekommt.
Nein, antwortet die Stadt ihm und LA: "Das Telekommunikationsgesetz regelt, dass wir als Kommune den Unternehmen, die Glasfaserkabel verlegen wollen, die Aufgrabe-Genehmigung nicht verwehren können. Wir versuchen schon zu bewirken, dass die Unternehmen sich untereinander abstimmen. Diese Versuche fruchten jedoch nicht. Schließlich handelt es sich um Mitbewerber, die Kunden gewinnen oder halten wollen." Auch das Kartellrecht setze Grenzen.
Die Partner, auf welche die Telekommunikationsunternehmen setzen, arbeiten nicht immer zuverlässig. So beklagen Anwohner, dass sie nicht von ihren Grundstücken kamen, weil der Gehweg aufgerissen war -- ohne Vorankündigung. Niko Günther kennt ebenfalls ein eigenwilliges Vorgehen der Schaufel-Brigaden: "Eine Gruppe von etwa zehn Männern hat den Abschnitt der Brandenburger Straße zwischen Ostpreußenring und Durchgang zum Thorner Platz in eineinhalb Tagen aufgerissen, Kabel verlegt und wieder zugeschüttet. Die Arbeiten wurden den Anwohnern nicht angekündigt, während der Arbeiten wurde Sperrmüll, den Anwohner an die Straße gestellt haben in deren Garten geschmissen und konnte daher von der GFA nicht mitgenommen werden. Die Männer waren nicht ansprechbar, weil der deutschen Sprache nicht mächtig. Zurück bleibt ein Fußweg voller Stolperfallen, schief gelegte Steine, Dreck. Dieser Weg ist ein Schulweg, hier leben viele alte Leute, das geht nicht."
Ähnlich war es an der Brandenburger und an den Blocks Störteroggestraße. Dort erinnert der Gehweg zu den Hauseingängen an die Wüste Gobi -- wann der Gehweg repariert und der Sand weggefegt wird, können weder die Arbeiter noch die Hausverwaltung sagen.
Die Stadt auch nicht. Die Pressestelle: "Die Aufsichtspflicht für die Ausführung der Arbeiten liegt beim Auftraggeber, also bei den Telekommunikationsunternehmen. Natürlich überwachen Mitarbeitende des Bereichs Straßen- und Brückenbau die Arbeiten. An manchen Stellen wirkt es so, als sei die Baumaßnahme bereits abgenommen, weil die Baufirmen die Absperrungen entfernen. Das heißt aber nicht, dass eine Abnahme erfolgt ist. Die Stadtverwaltung nimmt eine Baumaßnahme erst dann ab, wenn alle erforderlichen Unterlagen vorliegen. Dazu gehört u.a. auch ein sogenannter Plattendruckversuch, also ein Verdichtungsnachweis, sowie eine Fotodokumentation. Sowohl in Oedeme als auch am Kreideberg sind bislang längst nicht alle Arbeiten durch die Stadt abgenommen."
Das klingt zupackender, als es ist. Niko Günther hatte einen Mitarbeiter der Stadt vor Ort. Der habe ihm gesagt, dass er und zwei Kollegen mit den Kontrollen beschäftigt seien. Man komme kaum hinterher -- Personalmangel.
Günther macht sich Sorgen um das Pflaster an der Langenstraße. Der erste Trupp habe die Jahrzehnte alten Steine wieder gut verlegt, aber er habe Zweifel, ob die nächsten Bauarbeiter das ebenso gut hinbekommen. Die Frage stelle sich auch für die Altstadt. Aber nicht nur dort, sondern auch am Senkungsgebiet am unteren Ochtmisser Kirchsteig. Gerade da, wo Anwohner auf Erschütterungen skeptisch reagieren, weil die Erde immer wieder und weiter nachgibt.
Die Stadt antwortet auf Nachfrage: "Auch andere Baumaßnahmen in diesem Bereich können wir nicht mit der Begründung „Gefahr durch Senkungsgebiet“ generell ablehnen. Wir haben lediglich die Möglichkeit, Auflagen bei der Bauausführung zu machen, zum Beispiel dass möglichst vibrationsarm gebaut wird." Angesichts der bisherigen Ergebnisse macht das nicht unbedingt Hoffnung. Carlo Eggeling
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