Lüneburg, am Montag den 21.07.2025

Eine Bildergeschichte

von Carlo Eggeling am 12.01.2024


Im Rathaus hängt eine Ahnengalerie, die kaum jemand kennt. Auf dem Gang der Dezernentenbüros blicken einen ehemalige Oberbürgermeister und Oberstadtdirektoren an. Alle waren Verwaltungschefs. Nach dem Amt kommt das Bild. Zwar raus aus dem Geschäft, aber unvergessen.

Für Ulrich Mädge wird es schwierig. Der möchte kein Gemälde, sondern ein Foto. Vorbild ist der ehemalige Lübecker Bürgermeister Bernd Saxe, ein Freund und Lüneburg über eine Stiftung um die Ecke verbunden. Eine Künstlerin möchte 10 000 Euro Honorar. Laut Mädge war alles klar, das ergebe sich aus Mails aus dem Büro der Oberbürgermeisterin. Nun ist nichts mehr klar.

Erste Anfrage ans Rathaus. Es handle sich um einen nicht öffentlichen Vorgang. „Solange die Willensbildung zwischen Verwaltung und Politik nicht abgeschlossen ist, wird das Thema intern behandelt. Wenn dieser Prozess abgeschlossen ist, wird die Entscheidung gegebenenfalls kommuniziert.“ Wow, war da nicht jemand angetreten und hatte Transparenz versprochen. Einst war die Rede von König Uli, haben wir nun eine Nachfolgerin? Nicht ganz, weil sie keine Entscheidung treffen mag. Dazu später.

Ganz kurze Antworten auf : Es gebe keine Arbeitsgruppe zu dem Thema, Schwierigkeiten gebe es nicht, die Bilder sollen nicht weg vom Flur. All das erzählen Politiker anders. Weil im Verwaltungsausschuss sehr wohl über die Angelegenheit gesprochen wurde. Es gab so gar eine Vorlage der Verwaltung dazu.

Hat Frau Kalisch vielleicht vergessen und konnte ihre Presseabteilung dementsprechend nicht informieren. In einem Schreiben aus dem Büro der Oberbürgermeisterin am 29. November liest es sich anders: „Nachdem die Fraktionen von CDU, FDP und SPD zur gestrigen Sitzung des Verwaltungsausschusses darum baten, die VORLAGE betreffend die zukünftige Handhabung von Bildnissen ehemaliger Oberbürgermeister:innen noch einmal von der Tagesordnung zu nehmen, wurde wegen der Haushaltsberatungen im Dezember beschlossen, sie im Januar zu behandeln.“

Noch eine Anfrage im Rathaus. Nun gab es doch eine Beschlussvorlage der Verwaltung, zum Inhalt könne man nichts sagen weil nicht öffentlich. Etwas Neues habe man nicht erarbeitet – „Keine Veranlassung“. Und Frau Oberbürgermeisterin könnte zwar entscheiden, weil es um weniger als 12 500 Euro gehe, das wolle sie aber nicht, weil auch sie „irgendwann ein Bild in der Ahnengalerie bekommt“. Deshalb wolle sie an der Abstimmung im VA auch nicht teilnehmen.

Das klingt groß – und wirkt klein. Es erinnert daran, sich bei einer Abstimmung über das Baugebiet Wienebüttler Weg zu enthalten, da ging es darum loszulegen, eine Empfehlung ihrer eigenen Verwaltung. Größe bewies Mädge nicht, als es nach 30 Jahren im Amt darum ging, seine Nachfolgerin angemessen zu begrüßen, er bis zur letzte Minute im Rathaus blieb und ihr trotzdem nicht den Schlüssel übergab. Sie scheint sich so sehr in seinem Schatten zu fühlen, dass sie nicht in der Lage ist, statt handwerklich mäßiger Bilder nun auf Kunst einer Fotografin zu setzen. Befangenheit? Meine Güte. Verliehene Macht will eingesetzt werden, an Entscheidungen erkennt der Bürger Führung. Und Größe.

Im Vorschlag der Verwaltung soll stehen, dass der älteste Bürgermeister aus der Bilderreihe verschwinden solle, heißt es aus der nicht öffentlichen VA-Runde, aus der schon immer viel zu erfahren war. Alte Bürgermeister ins Archiv? Wie kann das sein?, fragt man sich. In einer Zeit, in der wir Engagement für den Bürger herausstellen sollten. So wie in anderen Rathäusern und im Bundestag, wo man die Abgeordneten der vergangenen Jahrzehnte nennt.

Sehr wohl habe man auch die Anregung gegeben, Sachverstand etwa aus dem Museum hinzuzuziehen, heißt es – was wäre das anderes als eine Arbeitsgruppe zu bilden? Die solle sich auch damit beschäftigen, die politischen Bürgermeister wie Horst Nickel und Jens Schreiber von der CDU oder Alfred Trebchen von der SPD in die Reihe mitaufzunehmen. Denn die Gemälde zeigen bisher nur die Verwaltungschefs, das waren bis zu einer Reform die Oberstadtdirektoren. Und selbstverständlich gehe es auch um ein Bildnis Claudia Kalischs, die für ihre Zeit stehen solle.

Was an all diesen Fragen und Aspekten so immens vertraulich und nicht öffentlich sein soll, versteht wer will. Bürger vielleicht weniger, denn sie haben die obersten Repräsentanten schließlich gewählt. Dass ihre Leistung anerkannt werden soll, ist hanseatisch selbstverständlich. Und wer sich über 10 000 Euro aufregt, sollte sich hanseatisch großzügig zeigen – 30 Jahre, was macht das pro Jahr? Ist doch interessant zu wissen, wie Politik darauf blickt.

Ein besserer Platz für die Vertreter Lüneburger Geschichte, als ein Gang, in den kaum Bürger kommen, findet sich im Rathaus allemal. Gleich am Eingang, wo die Touristen sehen, wie sich selbstbewusste Bürger über Jahrhunderte für ihr Lüneburg eingesetzt haben. Carlo Eggeling

© Fotos: ca / Alt-OB Mädge bei seiner letzten Ratssitzung


Kommentare Kommentare


Zu diesem Artikel wurden bisher keine Kommentare abgegeben.



Kommentar posten Kommentar posten

Ihr Name*:

Ihre E-Mailadresse*:
Bleibt geheim und wird nicht angezeigt

Ihr Kommentar:



Lüneburg Aktuell auf Facebook