Eine umstrittene Personalie — viele Fragen zur Kulturchefin
von Carlo Eggeling am 12.12.2024Die neue Leiterin des Kultur- und Sportamtes legt einen öffentlichkeitswirksamen Start hin. Heike Horn hat sich als Bürgermeisterin auf der Insel Langeoog abwählen lassen, hat in Lüneburg ein Auswahlverfahren für sich entschieden. Nachdem Lüneburg aktuell berichtet hatte, haben mehrere Zeitungen in Ostfriesland den Beitrag aufgegriffen, dazu der NDR und nach drei Tagen auch die Landeszeitung. Die FDP hat inzwischen einen Antrag auf Akteneinsicht im Rathaus gestellt. Es wirkt so, als ob die Personalie noch einige Zeit weiterkocht.
Also weitere Recherchen und Nachfragen. Hieß es zunächst, das Bewerbungsverfahren sei im Juli abgeschlossen gewesen, ergibt sich jetzt aus einer nicht öffentlichen Vorlage für den Verwaltungsausschuss es lief bis Mitte September. Unstrittig ist, dass Frau Horn ihre Bewerbung erst im November einreichte -- sie war plötzlich dabei. Die Vorlage: Es seien 25 externe Bewerbungen eingegangen, drei Kandidaten wurden zum Vorstellungsgespräch eingeladen.
In der Auswahlkommission saßen der Kämmerer, ein Vertreter des Personalservice, die Gleichstellungsbeauftragte sowie ein Mann des Personalrats. Das ist üblich. Die Oberbürgermeisterin ließ sich von ihrer persönlichen Referentin vertreten. Da dürfte die Akteneinsicht der FDP nichts Auffälliges entdeckten. Einstimmig habe man sich für Frau Horn entschieden.
Aus dem vorgelegten Lebenslauf ergibt sich allerdings kein Hinweis auf eine Verbindung zum Thema Kultur und Sport, wenn man von der Leitung der Volkshochschule Friesland/Wittmund absieht. Die Krankenschwester und Betriebswirtin hat vor allem Managementaufgaben wahrgenommen.
Die Anforderungen der Stellenausschreibung erfüllt Frau Horn in wirtschaftlicher Sicht daher wohl. Ob das auch für die anderen Aufgaben stimmt, ist Ansichtssache. Doch klar dürfte auch sein, sie erfordern inhaltliche Expertise. Die Punkte:
- die Leitungsfunktion Fachbereiches mit den Bereichen Kultur, Musikschule, Ratsbücherei, Stadtarchiv und Sport mit knapp 100 Mitarbeitenden,
- Vertretung des Fachbereiches innerhalb und außerhalb der Verwaltung,
- Sonderaufgaben und abschließende Bearbeitung von Einzelsachverhalten mit besonderer Schwierigkeit und bedeutender Tragweite für die Hansestadt Lüneburg in den Themenbereichen Kultur und Sport.
Für die Position sind des Weiteren folgende Sonderfunktionen vorgesehen:
Mitglied des Vorstands der Museumsstiftung Lüneburg
- Mitglied im Aufsichtsrat der Theater Lüneburg GmbH
- Mitglied im Vorstand der Lüneburger Bürgerstiftung
Nachfrage im Rathaus: Frau Horn hat sich gegenüber dem NDR geäußert. Auf die Frage, wo ihre Qualifikationen im Bereich Kultur lägen, hat sie geantwortet, sie müsse keine Zehnkämpferin sein. Das klingt danach, sie habe zwar wenig Fachwissen, könne sich in das Thema einarbeiten. Ist das so zu verstehen? Was meint diese Aussage?
Darauf gibt es keine Antwort, lediglich den Hinweis auf die Stellenausschreibung. Die Frage liegt nahe, wer bei Olympia im Zehnkampf antritt, sollte die Disziplin beherrschen. Aber vielleicht scheint die Aussage so zu verstehen zu sein, die Kultur bedürfe keine entsprechende Qualifikation. Kultur kann jeder?
Die Gesundheit habe im Bewerbungsverfahren keine Rolle gespielt, heißt es auf Nachfrage im Rathaus. Aus rechtlichen Gründen dürfe man nicht danach fragen. Das mag sein, doch die ehemalige Bürgermeisterin führte auf Langeoog an, dass sie ihrem Amt aus gesundheitlichen Gründen nicht gewachsen sei. Das belegt unter anderem die Facebookseite der Initiative Pro Langeoog, eine Initiative, die sich auch aus Unzufriedenheit mit der Amtsführung durch Frau Horn gebildet hatte.
In der LZ sagt sie: „Ich habe mein Amt nicht aus gesundheitlichen Gründen zur Disposition gestellt, sondern aufgrund der organisatorischen Einschränkungen, die die Insellage mit sich bringt, wenn man Leistungen des Gesundheitswesens in Anspruch nehmen möchte. Ich habe den Gemeinderat informiert, dass ich zwangsläufig an Land fahren werde, um Leistungen des Gesundheitswesens zu nutzen. Je nach Verkehrslage ist dann die letzte Fähre unter Umständen nicht erreichbar. Somit wäre ich dann gegebenenfalls auch zu Sitzungen nicht vor Ort.“ Die nahe liegende Frage, wie andere Insulaner Arztbesuche erledigen und was die Verwaltungschefin binnen fünf Jahren getan hat, um die medizinische Versorgung zu verbessern, stellt die Redakteurin nicht.
Die Initiative schreibt provokant, auf Langeoog habe Heike Horn den Spitznamen DiDo getragen weil sie nur von Dienstag bis Donnerstag ihre Geschäfte geführt und ansonsten auf dem Festland gewesen sei.
All das ergibt eine kurze Recherche im Internet. Die wiederum findet Kämmerer und Personaldezernent Matthias Rink als nicht passend, wie er der LZ erklärte: „Frau Horns frühere Aufgaben als Bürgermeisterin spielen nur im Hinblick auf ihre Erfahrung eine Rolle. Wir bewerten darüber hinaus keine subjektiven Einschätzungen anderer und betreiben auch keine Social-Media-Recherche, denn das könnte zu massiven Fehleinschätzungen führen.“ Auch das wirkt erstaunlich, da renommierte Zeitungen und ihre Online-Artikel sicherlich keine Gerüchteküche betreiben.
Weitere Frage ans Rathaus. Nach meinen Informationen soll sich Herr Rink für Frau Horn eingesetzt haben unter anderem mit den Worten, dass es auch um seine Rolle/Ehre als Personaldezernent gehe. Was kann die Verwaltung, was kann Herr Rink dazu sagen?
Antwort: Diese Aussage ist völlig aus dem Zusammenhang gerissen und bezog sich auf die Rechtmäßigkeit des Auswahlverfahrens.
Teilnehmer der Sitzung erinnern sich anders, demnach soll sich Rink sich so zur Auswahl von Heike Horn geäußert und sich für sie verwandt haben.
Die Frage, ob persönliche Beziehungen bei der Besetzung der Stelle eine Rolle gespielt haben, hatte die Pressestelle der Stadt von bei der ersten Recherche von LA verneint. Der Hintergrund: Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch und Heike Horn haben im Frauennetzwerk der Niedersächsischen Bürgermeisterinnen zusammengearbeitet. Ein Foto aus dem September 2023 zeigt die beiden vor dem Lüneburger Rathaus.
Die aktuelle Einschätzung der Oberbürgermeisterin liest sich so: „Ich freue mich, dass wir mit Heike Horn eine qualifizierte Fachbereichsleitung für Kultur und Sport gewinnen konnten. Sie bringt viel Erfahrung mit, hat unter anderem schon mal eine Volkshochschule und eine Musikschule geleitet. Sie hat eine Verbindung nach Lüneburg, kennt unsere Stadt und weiß als ehemalige Hauptverwaltungsbeamtin über den Tellerrand zu schauen. In diesem Sinne freue ich mich, dass auch der Verwaltungsausschuss der Einstellung einstimmig zugestimmt hat.“ Mitglieder des Verwaltungsausschusses führten sich angesichts der Medienberichte im Nachgang schlecht informiert. Carlo Eggeling
Das Foto zeigt das Treffen der Bürgermeisterinnen in Lüneburg im Herbst vergangenen Jahres.
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