Lüneburg, am Sonntag den 29.06.2025

Eleonore Tatge ist Bürgerin des Jahres

von Carlo Eggeling am 16.11.2024


Gewalt, Missbrauch -- meistens geht es nicht um "böse Mitschnacker", sondern um Väter, Onkel, Brüder, "gute" Freunde. Familie bedeutet die größte Geborgenheit und die größte Gefahr. Eleonore Tatge lenkte den Blick immer wieder darauf. Die Hauptkommissarin leitete lange Jahre das Präventionsteam der Lüneburger Polizei. Sie setzte einen anderen Schwerpunkt als ihre Vorgänger, die viel über sichere Türen und Fenster redeten, um Einbrecher abzuschrecken. Ihr ging es um Gewalt im engsten Umfeld von Kindern. Mit anderen startete sie Kampagnen, um darauf aufmerksam zu machen. So rollte ein mit Werbung beklebter Bus der KVG durch die Region, wie eine Aufforderung: Melde Dich, wir hören Dir zu. Als die Beamtin in den Ruhestand ging, übernahm sie vor vier Jahren von Monika Montz das Amt der Vorsitzenden des Kinderschutzbundes. Am Samstag ehrte sie der Bürgerverein für ihr Engagement: Eleonore Tatge ist Bürgerin des Jahres 2024.

Vereinsvorsitzender Rüdiger Schulz lobte in der "Krone" an der Heiligengeiststraße: "Seit 45 Jahren setzt sich der Kinderschutzbund in Lüneburg für die Rechte der Kinder ein. Vielfältige Hilfsangebote und Projekte kennzeichnen die beeindruckende und wichtige Arbeit des Kinderschutzbundes. Geholfen wird unter anderem bei Cybermobbing, es steht das Kinder- und Jugendtelefon zur Verfügung, die Beratungsstelle Klippo hilft bei Sorgen und Problemen, und es gibt sogar das Angebot einer erstmaligen kostenlosen juristischen Beratung."

All das gehe nicht ohne eine "starke und engagierte Führung", die leiste Eleonore Tatge: "Als 1. Vorsitzende setzt sie sich mit viel Herzblut für den Schutz der Kinder in unserer Stadt ein." Daher zeichne der Bürgerverein Eleonore Tatge aus.

Die Laudatio hielt Christine Ullmann, lange Jahre Gleichstellungsbeauftrage und Wegbegleiterin ihrer Freundin Eleonore. Die sei bodenständig, zielstrebig, lösungsorientiert und mit dem Thema eine "Pionierin" gewesen. "Als Vorsitzende des Kinderschutzbundes definierst du dich als Stimme der Kinder und Jugendlichen. Natürlich hast du in dieser Funktion auch schnell etwas bewegen können. Du hast das Projekt Kinderwünsche gegen Kinderarmut ins Leben gerufen. Herausheben möchte ich das Projekt „Du darfst es sagen“, mit dem du in Schulklassen unterwegs bist. Fortbildungen für Lehrkräfte und Teilnahme an Elternabenden gehören für dich bei diesem Projekt mit der Polizeipräventionspuppenbühne dazu."

Ein "Highlight" sei in diesem Jahr die Eröffnung des Platzes für Kinderrechte am Marienplatz in Lüneburg gewesen, bei dem selbstverständlich Mädchen und Jungen eingebunden gewesen seien: "Dieses Projekt zeigt deutlich das Partizipation nicht nur ein Schlagwort für dich ist. Mit einem Malwettbewerb wurden Kinder aktiv in die Gestaltung des Platzes für Kinderrechte mit eingebunden."

Eleonore Tatge bedankte sich für die Ehre und hielt eine selbstbewusste Rede: "Ich habe viele „Weltbilder“ erschüttert, wenn ich erwähnte, dass das größte Leid, die meiste Gewalt, die Kinder erleben, in der eigenen Familie stattfindet."
Intensiv könne sie erst im Ruhestand mit Kindern arbeiten, "weil ich nicht mehr dem Strafverfolgungszwang unterliege. Bei Gewalt gegen Kinder müssen wir besonders vorsichtig sein und nicht über den Kopf von betroffenen Kindern hinweg handeln, um sie nicht ein zweites Mal zu traumatisierten".

Mit ihrem "Herzensprojekt" mit dem Titel „Du darfst es sagen!“ habe sie erst mit ihrer Pensionierung beginnen können: "Ich unterrichte Kinder, knapp einhundert Schulklassen waren schon dabei, darüber, dass sie über Gewalt in der Familie sprechen dürfen und Hilfe bekommen. Diese Aufklärungsarbeit ist deshalb so wichtig, weil Kinder glauben, dass sie über diese Dinge nicht sprechen dürfen. Einerseits suggeriert das Verhalten der Eltern, dass nicht darüber geredet wird. Andererseits haben sie Angst, das Jugendamt könnte sie aus der Familie nehmen und übernehmen damit die Verantwortung für den Fortbestand der Familie. Und nicht zuletzt schweigen viele Kinder aus Scham und dem Gefühl, mitschuldig zu sein."

Kinder bräuchtenn aber Unterstützung von Erwachsenen, wenn sie von Gewalt betroffen seien. Doch müssten eben richtig reagieren. Doch es gehe auch um wie Kinderarmut, Kinderrechte und Partizipation. Aus diesem Grund habe sie gerne den Vorsitz des KSB von Vorgängerin Monika Montz übernommen. Sie freue sich sehr über die Ehre und Anerkennung des Bürgervereins. Carlo Eggeling

© Fotos: Boldt


Kommentare Kommentare

Kommentar von Hans
am 17.11.2024 um 05:26:07 Uhr
Eine verdiente Auszeichnung für Frau Tatge für ihr aufklärendes Engagement in einer schwierigen Thematik, die leider immer noch mit vielen Tabus und Unwissenheit behaftet ist.
Ich habe den Platz der Kinderrechte besucht und fand es besonders schön, dass dort auch die Haupt-Betroffenen, nämlich die Kinder, mitgewirkt haben.
Kommentar von marion heinle
am 17.11.2024 um 08:36:55 Uhr
Eine ganz tolle Arbeit und ich gratuliere Ihr von ganzen herzen
Kommentar von Ilona Schaper
am 17.11.2024 um 09:39:34 Uhr
Das hat Frau Tatge sehr verdient!!!
Ich freue mich, dass so viel Engagement gewürdigt wird!


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