Lüneburg, am Montag den 18.08.2025

Enthalten so und so

von Carlo Eggeling am 24.12.2022




Meine Woche

Enthaltsam



Man kann sich wirklich nicht an alles erinnern. Zum Beispiel beim Enthalten. Die Oberbürgermeisterin hätte sich gewünscht, dass es weniger Enthaltungen gegeben hätte, als am Donnerstag über den Haushalt der Stadt abgestimmt wurde. Die LZ zitiert sie so: "Ich kann schwer verstehen, wie man dem Kompromiss, den wir im Verwaltungsausschuss geschnürt haben, zustimmen kann, um sich dann beim Etat zu enthalten."



Tja, da hat Claudia Kalisch glatt ihre eigene Enthaltsamkeit vergessen. Im Juli ging es um das Baugebiet am Wienebüttler Weg. Obwohl noch ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht lief und läuft, hatte die Verwaltung empfohlen, der Rat möge angesichts des Mangels an Wohnraum vor einer Entscheidung der Richter für einen Baubeginn votieren.

Die Chefin der Verwaltung enthielt sich der Stimme, obwohl ihre eigenen Leute den Weg gewiesen hatten. Frau Kalisch betont zwar gern, wie sehr sie die Arbeit ihrer Mitarbeiter schätze. Trotzdem sagte sie weder ja noch nein zu der Beschlussempfehlung. Ungewöhnlich für eine Frau, die an der Spitze steht. Warum mangelt es ihr nun an Verständnis?

Der Etat der Stadt weist für das kommende Jahr ein Minus von rund 40 Millionen Euro aus. So viel wie nie. Dass Ratsmitglieder da skeptisch auf das Zahlenwerk mit geplanten 40 Neueinstellungen blicken, wen wundert es? FDP-Chef Frank Soldan umriss die Lage: Lüneburg müsse "Kontoüberziehungskredite finanzieren, deren Zinssatz jetzt bei zirka 3,5 Prozent und weiter ansteigend liegt. Das macht in vier Jahren allein für die Zinsen für die Kassenkredite 8,6 Millionen Euro pro Jahr. Hinzu kommen die Zinsen für langfristige Investitionskredite, die sich zur Zeit auf über 147 Millionen Euro belaufen, und die Tilgungen für all diese Kredite. Ein Privatunternehmen, das seine Kredite und Zinsen nur über die Aufnahme zusätzlicher Kredite bedienen kann, müsste Insolvenz anmelden."

Am Ende hoben 22 Mitglieder die Hand für den Entwurf, zwei senkten den Daumen und 19 Mitglieder enthielten sich -- darunter die gesamte SPD-Fraktion, die Mehrheit der CDU-Fraktion und Soldans Fraktionskollege Cornelius Grimm. Man kann davon ausgehen, dass sie wussten warum. Sie sind Opposition, deren Aufgabe ist es eben auch, Kontrapunkte zu setzen. Und abwarten, ob das Innenministerium als Kontrollinstanz dieses Zahlenwerk passieren lässt.

Wechseln wir vor den Fernseher. Gesellschaftskritik erleben wir allerorten. Gern auch im Tatort und im Polizeiruf. Ein schöner Mord und das Rätsel, wer war's? So funktionierten Krimis mal. Heute scheint es, als ob jeder zweite Kommissar dringend in sozialtherapeutische Behandlung gehörte. Nun kommt die Geschlechtsdefinition dazu. Klar kann ein Ermittler schwul oder lesbisch sein. Aber warum kreist die ganze Geschichte um die Selbstfindung?

Letzten Sonntag durften wir einem sehr männlichen Darsteller folgen, der plötzlich und überraschend um seine Identität rang, sodass die eigentliche Geschichte ziemlich unterging. Mein Gott, war das klischeehaft und langweilig. Aber vermutlich muss man da eine Quote in Sachen queer erfüllen. Ich bin gespannt, wie der Tatort Klimadetektive, letzte Generation und das Rätsel um den besten Kleber zusammenbringt. Den Öffentlich-Rechtlichen wird das gelingen. Umschalten zu Netflix geht ja auch.

Wie auch immer. Weihnachten. Das Fest der Liebe. Da haben Polizei und Rettungsdienste meistens gut zu tun, weil die Nähe nach dem fünften Glas Glühwein mit Schuss manchmal zu nahe ist. Das kann ins Auge gehen. Im Wortsinne.

Bevor's so weit kommt, bleiben wir versöhnlich, enthalten uns mal der Stimme und singen zusammen. In diesem Sinne "O, du fröhliche". Carlo Eggeling

© Fotos: ca


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