Ermittlungen gegen pensionierten Hochschullehrer
von Carlo Eggeling am 04.02.2025Der strafrechtliche Vorwurf gegen einen ehemaligen Dozenten der Leuphana ist eindeutig. Es werde ein "Ermittlungsverfahren geführt wegen des Vorwurfs der Vorbereitung des sexuellen Missbrauchs von Kindern (§ 176b Abs. 1 Nr. 1 StGB)", antwortet die Staatsanwaltschaft Lüneburg auf Anfrage. Sprecher Jan Christoph Hillmer betont, dass die Behörde sich nicht zu konkreten Namen äußern werde.
Doch die Vorwürfe gegen den Lüneburger Hochschullehrer, dessen Name auf der Internetseite der Uni zu finden ist, wiegen offenbar schwer. Hillmer: "Bei dem Beschuldigten wurde bereits durchsucht, es wurden Datenträger/ Datenverarbeitungsgeräte sichergestellt, deren Auswertung aber noch andauert." Damit bestätigt die Ermittlungsbehörde Informationen von Lüneburg aktuell. Der Wissenschaftler bestreitet gegenüber LA die Vorwürfe, Tenor: Er handle als Forscher und werde in ein falsches Licht gerückt.
Worum geht es? Björn Scholz ist der Mann der einen Manager des Eishockey-Clubs AEC enttarnte, der soll Kontakt auf sexueller Basis zu einem Kind gesucht haben. Wie berichtet, verurteilte das Amtsgericht den Mann zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Inzwischen hat der verurteilte Adendorfer seine Aufgaben im Verein abgegeben.
Scholz hat es sich zur Aufgabe gemacht, Pädophile zu identifizieren und dann die Polizei einzuschalten. Der Lüneburger wirft sein Netz im Internet aus. In Chats mit "Interessenten" gibt er sich als zwölf, dreizehn Jahre altes Mädchen aus, KI-generierte Fotos zeigen Teenager bekleidet von hinten. Den Dialog beginnt der Mann. Das von Scholz geschaffene Gegenüber reagiert nur, allerdings ohne sexuelle Inhalte.
So war es auch im Fall des Dozenten. Chatverläufe, die LA einsehen konnte, gehen in eine eindeutige Richtung sexueller Kontakte. Der Verlauf, gespickt mit Herzchen, wirkt wie ein andauernder Liebesbrief -- immer vor dem Hintergrund, dass der Senior dem Chat entnehmen kann, dass er es mit einem Kind zu tun hat, das verhalten antwortet. Das Ganze geht so weit, dass es schließlich zu einem Treffen in Lüneburg kommen soll. Hier wäre einer der strafrechtlichen Aspekte erfüllt: die Anbahnung eines sexuellen Treffens. Scholz hat nahe eines Parkhauses Fotos gemacht, sie zeigen den Wissenschaftler, dem ein Ausdruck der Chatverläufe entgegengehalten wird.
Scholz sagt, er habe Anzeige erstattet und die Universität informiert. Das bestätigt Leuphana-Sprecher Dr. Markus Lemmens. Im März vergangenen Jahres habe es ein Gespräch gegeben: "Eine strafrechtliche Würdigung der übermittelten Informationen vorzunehmen, ist nicht Aufgabe der Universität. Anlass für ein internes Vorgehen bestand nicht, weil ein Zusammenhang mit einer Tätigkeit für die Universität trotz entsprechender Nachfragen nicht sichtbar geworden ist. Herr Scholz wurde darüber informiert."
In seiner Antwort klingt der Wissenschaftler allerdings nicht so, als ob er mit der Hochschule nichts mehr zu tun hat. Er könne zu Details der Chats und der Ermittlung nicht sagen, heißt es in einer Stellungnahme des Dozenten, da ein Rechtsstreit anhängig sei.
Die Antwort im Wortlaut: "Heute kann ich nur betonen, dass die Vorwürfe haltlos sind, weil ich den Chat mit einer KI-basierten Person als Pretest im Rahmen der Planung und Vorbereitung eines umfangreichen Forschungsprojektes über "KI im Jugendschutz" geführt habe. Für die genaue Konzipierung des umfangreichen Forschungsdesigns habe ich den konkreten Einsatz von KI im Jugendschutz sehr genau getestet. Dass es sich bei diesem Chat, der mir vorgeworfen wird, um eine KI-generierte Person gehandelt hat, war mir von Anfang an bewusst. Genau diese Konstellation haben wir bei Facebook und WhatsApp und anderen digitalen Plattformen seit dem Beginn der Projektplanungen im Juli 2023 gesucht und im Januar 2024 bei diesem KI-generierten Chat, um den es hier geht, auch gefunden."
Von Forschungsprojekten liest sich in der Stellungnahme der Universität allerdings nichts. Und so wundert sich Scholz, dass der Dozent weiter im Personalverzeichnis der Uni geführt wird und wünscht sich, dass die Ermittlungen zu einem Ende kommen. Sein Antrieb: Kinder schützen, in dem Täter gefasst werden und gleichzeitig Prävention -- Pädophile sollen abgeschreckt werden.
Scholz lässt nicht locker. Jede Woche entdeckt er bei seinen Recherchen neue Männer, die versuchen, sich Kindern sexuell zu nähern. Es sind erschreckend viele. Carlo Eggeling
Foto: Björn Scholz setzt mit einem Verein auf Prävention. Weitere Informationen unter kinderschutzhilfe.de
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