Lüneburg, am Montag den 07.07.2025

Es dauert länger — war fast zu erwarten

von Carlo Eggeling am 17.08.2024


Meine Woche
Zentrale der Immobilität

Prognosen sind schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen. Der Satz wird klugen Männern zugeschrieben: dem Staatsmann Winston Churchill, dem Physiker Nils Bohr, dem Dramatiker George Bernhard Shaw. Wechseln wir von großem Kino, zu einer tragischen Komödie, unsere Leinwand ist der Bahnhof. Die Verkehrswende lässt wieder einmal länger auf sich warten: Die Mobilitätszentrale von Stadt und Kreis könne doch nicht im September öffnen, voraussichtlich werde es erst Ende des Jahres, heißt es in einer Pressemitteilung des Rathauses. Brandschutz. Wahrscheinlich unvorhersehbar.

All das untermalt ein Foto von zwei mutigen Männern: Rainer Müller, Kreisrat für Mobilität und Finanzen beim Landkreis, und Jürgen Kipke, Fachbereichsleiter Klimaschutz, Nachhaltigkeit, Umwelt und Mobilität bei der Hansestadt, stehen mit einem Plan auf einer merkwürdig aufgeräumten Baustelle. Mutig: Die beiden werden künftig mit einem Datum verbunden -- das muss man sich bei diesem PPP-Verfahren trauen, Pleiten, Pechen und Pannen; für den Plan gilt eher ein wenig der Christian Anders Schlager von 1972: "Es fährt ein Zug nach nirgendwo."

Steigen wir ein und schauen, wo der Evergreen einer Immobilitätszentrale entlangzuckelt. 2019 veröffentlicht die Verwaltung einen Aufruf, Fachleute mögen Vorschläge für eine Konzeption einreichen, Stichworte: "Nachhaltigkeit, Grober Zeitplan, Grober Kostenplan / Budgetempfehlung".

Im Juni 2021 legt die Verwaltung dem städtischen Verkehrsausschuss eine Vorlage vor. Ansprechpartner ist Jürgen Kipke, Rainer Müller arbeitete da noch bei der Stadt im Finanzbereich, bevor er zum Kreis wechselte. Man darf davon ausgehen, dass er ein bisschen im Thema steckte, schließlich ging es ums Geld. Jedenfalls klingt der Ton optimistisch: "Ein aktuelles Förderprogramm für die Einrichtung von Mobilitätszentralen ist bei der NBank vorhanden. Diese setzt jedoch eine Umsetzung der Mobilitätszentrale bis zum Sommer 2022 als Bedingung voraus."

Sommer 2022? Wird nix, weil die Akteure schließlich für das Konzept ein paar weitere Ideen haben. Kann passieren.

Ein Jahr später, im Juni 2023, habe ich geschrieben: Die Zentrale des Stillstands verursache internen Vorlagen zufolge Kosten "von rund 87 100 Euro jährlich zuzüglich Nebenkosten von jährlich 30 600 Euro". Dazu kommen Bauunterhaltung, Reinigung und Energie, die kalkuliert die Verwaltung per anno mit 64 000 Euro. Eine Anfrage zu Finanzen wollte die Stadt damals nicht beantworten.

Im November 2023 verkündet das Rathaus einen neuen Sachstand. Die Pressemitteilung: "Nach dem letzten Zeitplan durch das Planer- und Architekturbüro war die Hansestadt von einer Eröffnung im Frühjahr 2024 ausgegangen. Nun kommt es insbesondere wegen der aufwändigen Abstimmungsprozesse zu Verzögerungen beim Ausbau. „Wir rechnen aktuell mit einer Fertigstellung bis zum September“, sagt Jürgen Kipke: „Das ist sehr bedauerlich, insbesondere für unsere Partnerinnen und Partner, die jetzt ihre Pläne für den Einzug entsprechend anpassen müssen.“

Es bleibt bedauerlich, denn es haut wieder nicht hin. Statt September Jahreswechsel, heißt es heute. Sie erinnern sich: "Prognosen sind schwierig und so weiter." Vielleicht meint das die geforderte Nachhaltigkeit.

Automatisch kommt man ins Grübeln: Der Kreis hat sich Gewaltiges vorgenommen, er will eine Gesellschaft für Mobilität an den Start bringen, die soll den gesamten Busverkehr steuern. Es ruckelt angeblich, ein Planer sei nicht mehr dabei, munkeln Skeptiker, die Gewerkschaft verdi hat bereits Tariftreue angemahnt. Findet man ausreichend Personal? Vielleicht bedeutet Mobilitätswende nicht nur bei der Bahn: Seien wir froh, dass wir ein Fahrrad haben. Das passt bestens zu Lüneburg.

Die Hoffnung stirbt zuletzt. Andere Projekte beweisen schließlich ihre Zukunft: Der vermurkste Glockenhof als Ewigbaustelle wurde Monate später fertig; eine Kleinigkeit: das kaputte Wasserspiel läuft im kommenden Jahr. Vielleicht. Eine andere unendliche Geschichte endet ganz bestimmt: Die öffentliche Toilette im Rathaus soll zum Jahreswechsel fertig werden. Ich bin mir nicht sicher, ob die Arbeiten sieben oder acht Jahre dauern, ob's neun werden? Zu den Grünen Oasen ist fast alles gesagt, die auf dem Markt kommt wieder weg. Oase 3.0 oder so. Auch etwas Stetiges.

Am Ende bleibt, Prognosen brauchen Heiterkeit und Geduld. Und Erich Kästner: "Nur wer an Wunder glaubt, wird Wunder erleben." Wundern wir uns? Carlo Eggeling

© Fotos: ca


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