FDP und IG Metall machen Druck — Stadt glaubt, sie könne nichts tun
von Carlo Eggeling am 24.07.2025Während IG Metall und FDP in seltener Eintracht für den Erhalt des Jungheinrich-Werk und seiner 380 Arbeitsplätze kämpfen wollen und einen Runden Tisch verschiedener Akteure fordern, scheint die Stadtverwaltung bereits kapituliert zu haben und den Schließung zu akzeptieren. Der städtische Finanzminister Matthias Rink äußert sich in einer Erklärung so: „Ziel muss es sein, den Beschäftigten möglichst zeitnah berufliche Perspektiven aufzuzeigen. Hier unterstützen Hansestadt Lüneburg und Wirtschaftsförderung im Rahmen ihrer Möglichkeiten." Also Jobs suchen, wenn das Werk dicht ist. Mit dem Wirtschaftsstandort Lüneburg habe das alles nichts zu tun, "derartige Unternehmensentscheidungen werden auf globaler Ebene getroffen und sind von den Kommunen leider nicht beeinflussbar. Sie stehen in keinem Zusammenhang mit dem Standort Lüneburg."
Lüneburgs IG-Metall-Chef Lennard Aldag kommt zu ganz anderen Schlüssen: "Das ist viel zu wenig. Wir erwarten eine aktive Politik gegen die drohende Deindustrialisierung unserer Region und kein Schulterzucken. Wir appellieren an die Verantwortlichen im Stadtrat und Rathaus praktische Solidarität mit den von Entlassung Betroffenen oder Bedrohten zu leisten. Wir laden zu einem aktiven Austausch mit Betriebsräten und IG Metall vor Ort ein. Auch im Interesse einer Stadt, in der zeitgleich über eingebrochene Gewerbesteuereinnahmen diskutiert wird. Die IG Metall jedenfalls wird zum Beispiel die Beschäftigten bei Jungheinrich unterstützen, Widerstand gegen die Pläne des Managements zu leisten. Die Schließung muss vom Tisch. Dafür brauchen wir die Unterstützung der ganzen Stadt." Im Wendland mit ähnlichen Problemen sei die Lokalpolitik wesentlich alarmierter.
Was der linke Gewerkschafter sagt, ist nicht weit weg von den Wirtschaftsfreunden der FDP: „Diese Entscheidung ist nicht nur ein Angriff auf 380 Existenzen, sondern auf den gesamten industriellen Wert unserer Region“, erklärt Cornelius Grimm, Vorsitzender des FDP-Stadtverbands und stellvertretender Fraktionsvorsitzender im Rat. „Wer 100 Millionen Euro einsparen will, darf dabei nicht 100 Millionen Vertrauen in Lüneburg verspielen. Wir sagen klar: Wir sind bereit zu reden. Die entscheidende Frage an Jungheinrich lautet jetzt: Was können wir tun, damit ihr bleibt?“
Die FDP fordere deshalb die sofortige Einberufung eines Runden Tisches, "an dem Vertreterinnen und Vertreter des Unternehmens, der Stadtverwaltung, des Landkreises, der IG Metall, des Betriebsrats, der Industrie- und Handelskammer sowie der Agentur für Arbeit gemeinsam an einer Lösung arbeiten. Im Fokus steht dabei nicht nur der Erhalt des Standorts, sondern auch mögliche Transformations- oder Entwicklungsperspektiven – etwa als Spezialisierungs- oder Innovationsstandort innerhalb des Konzerns."
Ähnlich äußert sich sein FDP-Kollege aus dem Kreistag Finn van dem Berg: "Wir fordern eine gemeinsame Kraftanstrengung von Stadtund Kreis. Wer Verantwortung trägt, muss jetzt handeln.“ Dazu gehöre unter anderem "die Prüfung wirtschaftlicher Spielräume durch Stadt und Landkreis zur Schaffung von Standortanreizen wie Gespräche über mögliche Flächenerweiterungen, Digitalisierungshilfen oder Infrastrukturinvestitionen".
Sowohl Aldag als auch Grimm weisen im Gespräch mit LA darauf hin, dass durch die geplante Werksschließung und den Wegfall von Arbeitsplätzen die Steuereinnahmen der der Stadt leiden, ein Beispiel sei die Gewerbesteuer. Angesichts eines Minus-Haushalts, der schon jetzt mit einem Rückgang der Gewerbesteuer kämpft, sei das ein Schlag. Zudem müsse man die Jungheinrich-Pläne im Zusammenhang sehen: Das Eisenwerk habe geschlossen, Panasonic habe Stellen gestrichen, dazu der Autozulieferer Yanfeng, der in den vergangenen fünf Jahren Hunderte Jobs abgebaut habe. Zudem müsse man an Betriebe denken, die Leistungen für Jungheinrich erbringen.
Gewerkschafter Aldag verweist zudem auf die Region, auch Betriebe im nahen Wendland bauen Arbeitsplätze ab, man müsse also einen Blick auf die gesamte Region werfen und agieren. Er sieht auch Unternehmen in der Pflicht: Im Eisenwerk sei lange kaum investiert, aber viel Geld herausgezogen worden. Betriebe seien in der Pflicht.
Abzuwarten bleibt, wie sich andere Parteien zu der Einschätzung des Kämmerers positionieren, dass Lüneburg als Standort selber wenig beeinflussen könne. IG Metall und FDP zeigen andere Wege auf. Carlo Eggeling
Fotos zeigen Jungheinrich, Cornelius Grimm und Lennard Aldag
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