Lüneburg, am Sonntag den 15.06.2025

Fragen über Fragen

von Carlo Eggeling am 25.05.2024


Meine Woche
Spiel, Spaß, Spannung

Vor einem Jahr hatte Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch eine wirklich gute Idee, habe ich damals sofort geschrieben: Die Stadt könnte die rund 900 Wohnungen kaufen, die der Konzern Vonovia in Lüneburg besitzt, davon rund 700 in Kaltenmoor. Es war klar, das kostet Dutzende von Millionen, die die Stadt nicht hat. Die Verwaltung nahm Kontakt mit dem Konzern auf. Danach war nicht mehr viel bis nichts davon zu hören.

Nun kommt die SPD damit. Die Fraktionschefs Hiltrud Lotze und Uwe Nehring, der Bundestagsabgeordnete Jakob Blankenburg sowie der das Wort Ruhestand ignorierende Alt-OB Ulrich Mädge fuhren zur Zentrale nach Bochum und fragten nach, Ergebnis: Vonovia will verkaufen. Also schmiedeten die Sozis einen Antrag, der in der nächsten Ratssitzung zum Thema werden soll: Die Stadt möge gemeinsam mit privaten Partnern eine Gesellschaft gründen, um den Bestand zu erwerben. Hannover wollen die Genossen einbinden mit der Landeswohnungsgesellschaft, zudem mit anderen ähnlich betroffenen Städten in Niedersachsen kooperieren.

Eine halbe Million Euro solle man in die Hand nehmen, um den Wert der maroden Bleiben zu taxieren, den Kaufpreis sehen die Sozialdemokraten bei einem dreistelligen Millionenbetrag. Klingt verrückt angesichts eines Haushalts mit einem 50-Millionen-Defizit? Ja, aber auch sehr konkret. Und wer mit dem bestens vernetzten Mädge spricht, weiß, dass er Partner und auch ein Finanzierungskonzept im Blick hat.

Am Donnerstag könnte es im Rat daher interessant werden. Denn die SPD hat all das mehreren Journalisten, darunter denen der Landeszeitung, erzählt. Die hat im Rathaus nachgefragt, was denn aus den Plänen Claudia Kalischs geworden ist und vor allem, was sie unternommen habe. Die Antwort, die der Pressesprecher der LZ auf eine Anfrage geben musste, liest sich gelinde gesagt dünn: "Die Verwaltung ist unabhängig von diesem Antrag bekanntlich seit Monaten mit diesem Thema beschäftigt. Es gab und gibt weitere Gespräche mit der Vonovia-Spitze, dabei wird kein Thema ausgeklammert. Den Ergebnissen dieser Gespräche greift die Verwaltung selbstverständlich nicht vor."

Eben das dürfte die SPD im Rat genauer wissen wollen. Ich könnte mir gut vorstellen, dass die Genossen an den bissigen grünen ehemaligen Ratsherrn Wolf von Nordheim denken. Der nutzte gern Paragraph 56 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes, wenn er den damaligen OB Mädge trietzen wollte. Dort heißt es: "Zur eigenen Unterrichtung kann jede oder jeder Abgeordnete von der Hauptverwaltungsbeamtin oder dem Hauptverwaltungsbeamten Auskünfte in allen Angelegenheiten der Kommune verlangen." Die müssen antworten, es sei denn es geht um Geheimhaltung.

Wo soll die hier liegen, wenn man wissen möchte, wie viele Gespräche Frau Kalisch beziehungsweise ihre Mitarbeiter geführt haben? Wenn man wissen möchte, welche Aktivitäten die OB ergriffen hat in Sachen Partner und Finanzierung? Vielleicht kann auch die Frage gestellt werden, ob es richtig ist, dass angeblich nach dem Besuch der SPD-Delegation Anrufe aus der Rathausleitung in Bochum eingingen, ob Mädge ebenfalls zur Gruppe zählte. Was völlig unerheblich für die Sache scheint. Aber das mögen Medienprofis im Kämmereiflügel anders bewerten.

Noch etwas dürfte den Rat beschäftigen. Dass der Sand über Monate zur Baustelle und damit vom Busverkehr abgeschnitten wird. Haltestellen liegen ein ganzes Stück entfernt, das ergibt sich aus Plänen, die seit Monaten bekannt, aber keine Diskussion wert sind. Auf Anfrage heißt es, am Montag möchte die Verwaltung eine Pressemitteilung zum Thema herausgeben. Angeblich soll dann ein Shuttle vom Bahnhof zum Sand angeboten werden -- über ein Taxi-Unternehmen. Da es vor Montag keine Auskunft gibt, ist das nicht zu überprüfen. Aber wie viele Taxis sollen's sein? Können die Menschen mitnehmen, die Rollator oder Rollstuhl benötigen? Was ist mit Pendlern, die ihren Zug erwischen müssen, Fahrplan angepasst?

Völlig erstaunlich, dass aus der Politik bislang kaum etwas dazu zu hören ist. Nicht mal vom Vorsitzenden des Bauausschusses, einem Sozialdemokraten, der müsste volksnah spüren, wo es den Bürger zwickt -- und wo politisches Kapital schlummert.

Legt die SPD bei Vonovia den Finger in die Wunde, blieb sie hier offenbar still. Völlig erstaunlich, die Chose steht nicht als eigener Punkt auf der Tagesordnung der nächsten Ratssitzung. Aber vermutlich sollen wir dieses Mal eine Wundertüte erleben. Das ist mal was angesichts von Politikverdrossenheit: Spiel, Spaß, Spannung.

Damit sind wir beim Wochenende. Das kann so eine Mischung gut vertragen und einen heiteren Blick mit dem Schriftsteller Mark Twain: "Wir mögen Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken. Vorausgesetzt, sie denken dasselbe wie wir." In diesem Sinne. Carlo Eggeling

© Fotos: ca


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