Lüneburg, am Sonntag den 01.06.2025

Freiheit bringt mehr Miteinander

von Carlo Eggeling am 29.05.2025


Die Bürgerpolizei
Jens Eggersglüß ist ein Teil des Wandels der Polizei. Jetzt geht der Polizeivizepräsident in den Ruhestand. Ein Blick nach vorn zurück

Lüneburger Gesichter (77) + in lockerer Reihe stelle ich unbekannte Bekannte vor

Als Jens Eggersglüß anfing, "war die Polizei noch sehr militärisch geprägt. „In der Bereitschaftspolizei wurde angeordnet und gemacht". Das war 1979. Die Polizei habe sich gewandelt, zum Glück: "Wer liberaler geführt wird, reagiert entspannter. Das Verhalten untereinander, aber vor allem gegenüber dem Bürger wird mehr zu einem Miteinander." Eggersglüß kann das gut beurteilen, er hat als Wachtmeister begonnen, geht nun als Polizeivizepräsident in den Ruhestand. Er hat in vielen Bereichen gearbeitet und Entwicklungen mitgeprägt. Eine Bilanz.

Zum Verständnis: Die Polizeidirektion ist die Dachbehörde für die Polizei in acht Landkreisen im Nordosten Niedersachsens. Dort werden grundsätzliche Entscheidungen und Konzepte entwickelt. Überdies ist man eine Art Scharnier zum Innenministerium: Kommen etwa Anfragen aus der Politik und aus dem Landtag, nimmt die PD Stellung.

Nach der Realschule war Eggersglüß nicht klar, wohin der Weg gehen sollte. Berufsfindungsmarkt. Polizei klang gut, das Einkommen direkt nach der Schule auch. Der klassische Weg führt über die Bereitschaftspolizei. Doch schnell wird ihm klar, er will mehr. Parallel zum Dienst büffelt er in der Abendschule, macht das Abitur. Er schiebt Schichtdienst auf der Wache in Lüneburg. "Fast alle waren da unter 30, wir waren motiviert", erinnert er sich. Beförderung, Oberkommissar, Dienstabteilungsleiter. DAL kürzen es die Beamten ab. Schichtleiter. Verantwortung.



Die Vorgesetzten sehen, ein Mann mit Talent, einer, der mehr kann. Ihm kommt die große Polizeireform von 1994 zu pass. Die hebt die strikte Trennung von Schutz- und Kriminalpolizei auf. Wer zur Polizei möchte, muss studieren. Kritiker aus Reihen der Kripo und Justiz sehen es bis heute als Schwächung an, weil aus ihrer Sicht Spezialwissen und Kompetenz verloren ging, die es für komplexe Ermittlungen braucht. Doch Eggersglüß kommt zu anderen Schlüssen: Es sei wesentlich einfacher, in andere Bereiche zu wechseln. Drogenermittlungen statt Streifendienst beispielsweise. Das mache den Beruf attraktiver, wichtig angesichts der Konkurrenz zu anderen Ausbildungen: "Kollegen können sich persönlich weiterentwickeln."



Mit dieser Freiheit gehe ein anderes Selbstverständnis einher, nämlich mehr Beteiligung. Vorgesetzte sollten Entscheidungen begründen. Das sei ein Spiegel einer gesellschaftlichen Entwicklung: "Der Anspruch der Bevölkerung ist anders und größer. Der Bürger möchte Maßnahmen begründet haben." Liberal und offen bedeute aber nicht beliebig: Selbstverständlich setze die Polizei Recht und Gesetz durch.

Dabei stoße man an Grenzen. Eggersglüß will sich nicht zur Situation in Lüneburg äußern. Grundsätzlich aber sagt er, die Polizei handle nach rechtlichen Grundlagen. So sei etwa Biertrinken in der Öffentlichkeit kein Vergehen: "Es besteht kein Alkoholverbot." Erst wenn Gefahren oder Straftaten zu erkennen seien, könnten die Kollegen einschreiten. Angemessen.

Der Wandel sei auch hier spürbar, viele der Beamten sähen die Probleme der Klientel, sie seien engagierter, wenn es darum gehe, Hilfsangebote zu machen.

Eggersglüß hat den Karriereweg von grünen zu goldenen Sternen durchlaufen, Bepo, Wache, Kripo, Polizeidirektion, Inspektionsleiter in Stade, später in Lüneburg, dann 2022 Vize-Präsident. Als er berufen wurden, war er zu Hause, Corona-Quarantäne. Zugeschaltet per Datenleitung: "Das war eine schlimme Zeit, weil der Kontakt so eingeschränkt war." Eben das sei ein Problem: "Polizei lebt vom Miteinander, vom Team." Jetzt geht er, er will wandern, wohl über die Alpen, sich ehrenamtlich engagieren: "Nur zu Hause rumsitzen, kann ich nicht."

Jörg Wesemann aus Rotenburg folgt auf Eggersglüß, er gilt in den eigenen Reihen als erfahren und zupackend. Ein weiterer Wechsel steht an, auch Polizeipräsident Thomas Ring geht, neue Aufgabe in seiner Heimat Braunschweig. Ihm folgt Kathrin Schuol, die von der Alster an die Ilmenau kommt. Sie leitete bei der Innenbehörde in Hamburg die Abteilung „Öffentliche Sicherheit“. Davor war sie als stellvertretende Leiterin des Landeskriminalamtes Hamburg tätig.

Eggersglüß blickt optimistisch auf "sein Haus", die Polizei sei gut aufgestellt, kompetente Kollegen übernehmen. Carlo Eggeling

© Fotos: ca


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