Gibt es wen mit Ideen?
von Carlo Eggeling am 31.05.2025Meine Woche
ZumTeufel
"Wenn der Teufel die Menschen in Verwirrung bringen will, bedient er sich dazu der Idealisten", glaubte der umstrittene italienische Politiker und Diplomat des 15. Jahrhunderts, Niccolò Machiavelli. Der Mann hatte Recht.
Stellen Sie sich mal vor, wir hätten einen Stadtrat- und Kreistag mit Parteien, die tatsächlich Visionen entwickeln würden, wie das Lüneburger Land in fünf bis zehn Jahren aussehen könnte. Konzepte, die von der sozialen Frage her denken, die daraus ableiten, wie Wirtschaft, Wohnen, Mobilität, Bildung und Kultur ineinander greifen und bedenken, dass Entscheidungen Folgen haben.
Wer Sitzgruppen, die anderswo als hochprozentiges Straßencafé wie an der Grapengießerstraße nicht gewollt wurden, auf den Sand stellt, hätte absehen können, dass es nicht nur heitere Gespräche im konsumfreien Raum gibt. Wer eine Nahverkehrsgesellschaft gründet, hätte früher daran denken können, dass Betriebshöfe dazu gehören. Wer anfängt zu bauen ohne Baugenehmigung und in einem halben Jahr fertig sein will, besitzt einen beachtlichen Optimismus. Gerade, wenn er weiß, dass die Arena, in die Tausende Gäste zum Volleyball und zu Konzerten gehen, schon vor drei Jahren eigentlich wegen Sicherheits- Brandschutzbedenken ein massives Problem hatte, welches bis heute noch zwischen Stadt und Kreis hin und her wabert.
Gut, wenn wir aus dem Rathaus blond lächelnd hören, eine Stabsstelle und der Dialograum Innenstadt wollen sich nun des Themas Wohnen annehmen. Zu welchem Ergebnis kommen die Diskutanten? Wir haben zu wenig Wohnungen, ach was. Es finden sich laut ALA rund tausend Bleiben auf Vermietungsplattformen wie AirbnB, in Kaltenmoor gammeln Blocks vor sich hin, und die Stadt kann den Eigentümer scheinbar nicht dazu zwingen, beispielsweise nach einem Brand vor einem halben Jahr den Komplex wieder auf Stand zu bringen?
Museen und Theater mangelt es nach wie vor an Geld, das Überleben bleibt ein hartes Ringen. Und nun? Reicht die leerstehende Buchhandlung am Markt als städtische Immobilie mit Zukunft und großartigem Blick auf kuturelles Leben in Schaufenstern, die so inspirierend wirken wie abgestandener Kaffee?
Wie wäre es, Stadt und Land Hand in Hand, den scheinbar vergessenen Slogan der Vergangenheit, mit Leben zu füllen? Können entlang der Bahnlinien, die wieder eröffnet werden sollen oder bestehen, Wohnquartiere etwa in Drögennindorf oder Echem entstehen in einer kommunalen Wohnungsgesellschaft, die keine Profite erwirtschaften muss? Angebunden an einen guten Nahverkehr.
Gäste sind willkommen. Aber in welchem Maß? Und warum können die kein Kulturpaket buchen, dass Halle für Kunst, Theater, Kulturbäckerei, und Museen umfasst samt eines Nahverkehrstickets in die Elbtalaue und die Heide, vielleicht so gar mit Leihfahrrad und Huckepack im Bus? Wie wäre es mit einem Verbund mit den Nachbarkeisen, die Heidepark, Kulturbahnhof und Kiekeberg-Dorf zu bieten haben. Brächte Frequenz, Geld und wäre familienfreundlich.
Wie wäre es mit Lust auf Stadt neben vier verkaufsoffenen Sonntagen, die man sich stets schönredet, obwohl Händler sagen, bringt kaum Geld in die Kasse. Beachvolleyball auf dem Marktplatz, eine weiße Tafel der Restaurants an der Heiligengeiststraße, Tag des Stadtführers, die an den Ecken stehen und in historischen Kostümen Geschichten erzählen. Dazu patrouillieren die Landsknechte der Alten Handwerkerstraße. Könnte ein gutes Image schaffen im Großraum Hamburg.
In nicht einmal eineinhalb Jahren wählen wir Landrat und Oberbürgermeister, natürlich auch Frauen. Wo bleiben Kandidaten? Wo ist die Frau, die uns ihre Vision schildert, wo der Mann? Wo sind Fraktionen, die verstehen, dass sie Verwaltung kontrollieren, die konstruktiv und mit Esprit Richtungen vorgeben statt sich langweilig anzuhören, was alles so schwierig bis unmöglich mach ? Das ist ihre Aufgabe, selbst wenn man den Eindruck gewinnt, dass in eigenem Selbstverständnis von Verwaltungsgranden die Monarchie als Staatsform an der Ilmenau nicht 1918 endete.
Wir feiern wieder Stadtfest. Wird toll, weil die Lüneburg Marketing nun zu 75 Prozent städtisch ist und Fördermittel einwerben kann. Nun höre ich von kritischen Begleitern, dass angeblich bei so einer Konstellation Flächen für ein Stadtfest nach anderen Kriterien vergeben werden müssten. Nämlich öffentlich ausgeschrieben. Das würde bedeuten, es gäbe ein Anforderungsprofil, jeder kann sich darauf bewerben mit einem Konzept, es müsste ein transparentes Auswahlverfahren geben, keine Vergabe aus Gewohnheit. Es kämen also neue Anbieter ins Spiel, das betriebswirtschaftliche Risiko läge bei ihnen.
Die mich drauf aufmerksam gemacht haben, verweisen auf andere Regionen, in denen dies rechtliche Grundlage sei. Wie wäre es, verehrte Politik, mit einer Dringlichkeitsanfrage im Rat und bei der Kommunalaufsicht, ob sich Stadt und überwiegend städtische Marketinggesellschaft rechtskonform verhalten.
Ich weiß, all das wäre idealistisch und damit teuflisch. Wer will das schon. Oder? Der amerikanische Schriftsteller Mark Twain sah es so: "Geh in den Himmel wegen des Klimas, zur Hölle wegen der Gesellschaft."
Höllisch gut. Himmlisches Wochenende, Carlo Eggeling
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