HaJo Boldt schreibt an einem Stück Kriegsgeschichte mit
von Carlo Eggeling am 17.05.2025Bei der Preisverleihung der Manzke-Friedens-Stiftung endete heute ein historischer Krimi -- fast ein Symbol für das Friedensfest, das Lüneburg am Sonntag auf dem Markt feiert. Der nimmermüde Stadtchronist HaJo Boldt und Seniorchef Eberhard Manzke präsentierten die Bronze-Tafel, die vor sieben Jahrzehnten vom Ehrenmal am Timeloberg gestohlen wurde und seitdem als verschwunden galt. Boldt ging der Sache intensiv seit dem Jahr 2000 nach, nun hatten seine Bemühungen Erfolg -- eine kleine Sensation.
Wie berichtet, endete der Zweite Weltkrieg in Etappen. Am 4. Mai 1945 unterzeichneten Vertreter der nach Eutin und später nach Flensburg geflohenen Reichsregierung bei Wendisch Evern die Teilkapitulation der gesamten deutschen Streitkräfte in Holland, in Nordwest-Deutschland einschließlich aller Inseln inklusive Helgoland und in Dänemark. Auf deutscher Seite führte Generaladmiral Hans-Georg von Friedeburg die Delegation an, auf der britischen Seite saß ihm Feldmarschall Bernard Montgomery gegenüber. Es folgten weitere Verhandlungen in Reims und am 8. Mai in Berlin-Karlshorst die bedingungslose Kapitulation Deutschlands, dort war die Sowjetunion beteiligt.
"Monty" ist sein Erfolg wichtig, er lässt eine Gedenktafel anbringen. Der ehemalige LZ-Chefredakteur Helmuth Pless hat später darüber berichtet: „Gemeindedirektor Karl Basse, gerade aus Kriegsgefangenschaft nach Wendisch Evern heimgekehrt, wurde am 9. September 1945 durch schriftlichen Befehl des britischen Kommandanten von Lüneburg, Major Harper, verpflichtet: ,Von heute 10 Uhr an sind Sie persönlich haftbar für Sicherheit und Bewachung der Gedenktafel'. Fünf entlassene Landser, bezeichnenderweise vier Heimatvertriebene und ein schwer Kriegsbeschädigter, haben jahrelang für 89 Pfennig Stundenlohn noch Wache auf dem Timeloberg geschoben." Trotzdem wird die Gedenktafel gestohlen, allerdings erst nach zehn Jahren.
Stadtchronist Boldt hat sich auf die Spur begeben, einiges herausbekommen. Die Diebe griffen in der Nacht zum 9. Mai 1955 zu, dem Tag, an dem die Bundesrepublik dem westlichen Verteidigungsbündnis Nato beitrat. "Es war ein Anschlag", wertet Boldt. Denn nicht allen passte der politische Kurs, den Bundeskanzler Konrad Adenauer eingeschlagen hatte.
Sogenannte nationale Kreise haben Boldts Recherchen zufolge die 1,34 mal 0,68 Meter große Bronzetafel geklaut. Sie hinterließen mit Teer eine Botschaft am Gedenkstein, dem die Tafel fehlte. Ihre krude Sicht: Durch den Sieg der Alliierten habe sich der der Kommunismus mitten in Europa festsetzen können. Dagegen wolle man vorgehen. Es soll sich um junge Männer der Turnerschaft Uelzen gehandelt haben, die die Platte im Wald zwischen Uelzen uns Hansen verbuddelten.
Eine Suche Boldts vor wenigen Jahren blieb erfolglos, denn das zentnerschwere Stück Geschichte hatte längst einen anderen Platz gefunden. Möglicherweise sei das Erinnerungsstück bei einem Schrotthändler gelandet, hatte Boldt kürzlich vermutet. So war es am Ende auch. Wie die Tafel gefunden wurde, will Boldt selber in einem Beitrag erzählen.
Museumschefin Heike Düselder, die gemeinsam mit ihren Kollegen im Museum gerade mit einer Ausstellung an die aufregenden Tage vor 80 Jahren in Lüneburg erinnert, hat den Schatz mitgenommen ins Haus am Wandrahm. Die lange Odyssee endet. Thema für eine eigene Ausstellung. Carlo Eggeling
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