Lüneburg, am Montag den 25.09.2023

Helden

von Carlo Eggeling am 18.03.2023


Meine Woche
Helden

Der Mensch in seiner Tiefe ist gut, daran zu glauben ehrt. Nur manchmal ist er eben bequem. Dann toben gewaltige Kämpfe in der Brust des Individuums. So einen ungeheuren Widerstreit können Interessierte demnächst am Rande des Kurparks beobachten. Die Brücke über die Bahngleise zwischen Munstermannskamp und Park wird zur Bühne. Die Strampelstrecke zwischen Uni und City kann über baumbestandene Wege führen. Deshalb, so wünschte es sich der AStA, möge die Stadt etwas dafür tun, dass man auf zwei Rädern dort lang sausen kann. Die Querung steht dem schnellen Glück im Wege, zu schmal.

Wie gut, dass man im Rathaus einen neuen "Leiter Mobilität" eingestellt hat. Dessen Idee teilt uns die Pressestelle der Verwaltung mit: Er will "die Brücke künftig mit eigens angefertigten Schildern ausstatten, die dem Radfahrenden signalisieren, dass hier vorübergehend geschoben werden muss", heißt es. Und: "So machen wird für Radfahrende, auch für Ortsunkundige, kenntlich, dass diese Strecke für den Radverkehr gedacht ist und vor sowie hinter der Brücke die Radroute jeweils weiterführt", erläutert Bastian Hagmaier. Er habe die Beschilderung im jüngsten Mobilitätsausschuss vorgestellt und dafür Zustimmung geerntet, auch die des AStA.

Das ist mal was. Sogar vom AStA. Der ist sonst immer sehr kritisch.

Kommen wir zum tobenden Kampf in der menschlichen Brust Bequemlichkeit versus Rücksichtnahme zurück. Wie viele Sattel-Strategen mögen an der 2,30 Meter breiten Brücke wohl absteigen und schieben? Und warum hat die Stadt gerade erst für Hunderttausende Velo-Strecken an der Soltauer und der Uelzener Straße geschaffen? Nicht nur doppelt, nein, dreifach hält besser.

Denken wir weiter, es bietet sich ein Forschungsprojekt zu Brückenfragen und Moral an. Um es in einem beliebten Reallabor nachhaltig zu erklären, wären nach dem Vorbild der Schülerlotsen Studentlotsen etwas Feines, am Bahnhof und am Campus, die den Kommilitoninnen den rechten von drei Wegen weisen. Findet bestimmt auch der AStA gut.

Bei Superhelden dachte ich bislang an Spiderman, Super Girl, die Comic-Figuren der Fantastischen Vier und an Bruce Willis in der Stirb-langsam-Reihe. Ich weiß, das ist von gestern. Aber in meinem Alter. Christian Meyer definiert die Gattung völlig anders. Er ist seit Herbst niedersächsischer Umweltminister und nach eigenen Angaben Mitglied bei BUND, Greenpeace, WWF, attac, FÖS, Holzmindener Tafel, Bürgerinitiative Pro Fachhochschule Holzminden, Bürgerbegehren gegen den Ausverkauf der Stadtwerke Holzminden. Das klingt heldenhaft engagiert.

Der 47-Jährige hat angesichts des klaren Standpunkts und ob dieser Fülle vermutlich keine Muße, Comics zu lesen. Er muss seine Definition anderswo gefunden haben, auf keinen Fall im Werner-Comic, in dem sich die Installationsfirma vorstellt: "Röhrich - Gas Wasser Scheiße." In einer Pressemitteilung erklärt uns der Grüne, wo er Große und Großes sieht: "Das Handwerk setzt Klimaschutz praktisch um und bleibt nicht bloße Theorie, das Handwerk bildet die Superheldinnen und Superhelden der Energiewende aus."

Die Frage scheint eher, wer Handwerker lernen will. Betriebe suchen verzweifelt Nachwuchs. Ob der Held im Ministerium eine Antwort hat? Vielleicht kann er auch Tipps geben, wo die Wärmepumpen und die Solartechnik aus heimischer Produktion herkommen soll. Am Ende haben die Superhelden sonst zu wenig zu tun.

Nur eine Vision reicht nicht, meinte der Ökonom Milton Friedman: „Mit den besten Absichten kann man die größten Missstände hervorrufen.“

Radeln wir wohlgemut durchs Wochenende. An der richtigen Stelle absteigen. Heldinnenhaft. Carlo Eggeling

© Fotos: ca


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