Lüneburg, am Sonntag den 12.10.2025

Heldenhaft — im Verdeckten

von Carlo Eggeling am 11.10.2025


Meine Woche
Nix für Wollsocken

Ich muss mich entschuldigen. Bei Otto Berg. Kennen Sie nicht? Ich auch nicht, denn Herr Berg schreibt zu vielen Dingen Kommentare. 93,2mal belesener als ich, weist er mir ständig nach, dass ich keine Ahnung habe, davon allerdings jede Menge. Es fällt mir zwar schwer, damit zu leben, ich schaffe es. Herrn Berg gibt es nicht wirklich, denn Herr Berg gefällt sich darin, ein Phantom zu sein. Eine Telefonnummer teilt er nicht mit, einen Kaffee kann man mit ihm nicht trinken. Nur seine ellenlangen Kommentare kommen öfter an, nicht nur bei mir.

Meine Vermutung war, Herr Berg, schreibt noch unter anderen Namen, weil der Ton der Texte und samt Länge und Belesenheit in diese Richtung deuten. Ich habe ihm eine E-Mail gesandt, Antwort, nein, er sei es nicht, wochenlang habe er nichts geschickt. Ich versuche es mal klug: mea culpa -- ich habe Schuld auf mich geladen.

Herr Berg ist nicht alleine. Es gibt Süleyman Canaoglu mit einem Krümmelmonster-Bild, dann einen Dieter Müller, einen Peter Soest -- lauter ganz kritische Menschen, die bloß nicht so recht greifbar sind. Eins eint sie, sie finden meine Beiträge schrecklich, dumm, unfair, all so Sachen.

Der Unterschied zwischen den schlauen Leuten und Autoren wie mir liegt darin, wir haften mit Namen und Gesicht, für das, was wir schreiben. Eine Selbstverständlichkeit. Noch zumindest. Mir hat immer der Satz gefallen: "Dieses Land ist ein gutes Land, weil ich sagen kann, es ist ein scheiß Land."

Wer nicht zu dem stehen kann, was er meint, wie soll man den ernst nehmen? Heldenhafte Meinungen, die am Ende ein Phantom bleiben. Heiße Luft. Otto Berg hat immerhin eine E-Mail-Adresse, die erreichbar ist. Ich habe ihm geschrieben, was mit seinen Texten passiert -- ungelesen in den Papierkorb. Mit den anderen Fake-Adressen geht es eben so. Es ist so langweilig.

Was war noch? Ich habe gelesen, die Leiterin der Lüneburg Marketing Gesellschaft, Melanie-Gitte Lansman, fand die Sülfmeistertage toll. Ich habe zig Facebook-Kommentare gesehen und mich mit Leuten unterhalten, die scheinen etwas anderes erlebt zu haben. Der Mittelaltermarkt sei nicht wirklich vorhanden gewesen, zur Eröffnung spielte eine Band, die vielleicht 250 Leute zog, ansonsten war der Sand so belebt wie Burg Schreckenstein nach der Geisterstunde, die Gewänder der Offiziellen sahen nicht nach Mittelalter aus, sondern wie aus einem Kostümverleih -- beliebig.

Zwei lustige Geschichten. Das Mälzer, seit Anfang an bei dem Spektakel dabei, durfte nach eigener Aussage nicht mitmachen, weil man einen Bierwagen aufstellen wollte, das passe nicht. Ein Stand müsse es sein. Die anderen Bierwagen, die man sah, hatten mutmaßlich Historien-Kennzeichen, dann ist natürlich alles anders. Aus Amelinghausen ist zu hören, es habe eine Anfrage an den Heideblüten-Verein gegeben, ob man nicht Festwagen schicken könne, weil es so wenig Anmeldungen für den Lüneburger Umzug am Sonntage gegeben habe. Brillante Idee, einen Monat nach dem schmucken Festlauf durchs Dorf dürfte die schmückende Erika statt violett eher die Farbe der Erde am Wilseder Berg tragen -- braun.

Noch mal zu denen, die die so kritisch sind und meinen, konstruktive Beiträge wären besser. Es gibt nichts Langweiligeres als konstruktiven Journalismus. Den findet man beim Öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Fernsehen, bei zig Lokalzeitungen, beide eint, dass ihnen das Publikum ausgeht und sie verzweifelt versuchen, mit ihren Kunden in Kontakt zu kommen. Das wirkt hoffnungsvoll wie eine Bibelstunde mit Margot Käßmann beim Evangelischen Kirchentag.

Die Bilanz auf diesem Kanal: Unfälle und Brände laufen reichlich, Schicksale und Nachrufe ebenfalls, zudem das, was bös kritisch daherkommt.

Bei so viel Mitleid für Verantwortliche, zum Regieren gehört Gegenwind, um zu analysieren, bewerten und wenn nötig zu ändern. Das wäre Aufgabe der Parteien im Rat und Kreistag, doch einige der Herren und Damen scheinen Harmonie und ein Dauernickerchen zu lieben. Ich glaube, die nächste Wahl dürfte für recht disharmonische Stimmung sorgen. Mit Sitzverteilungen im Rat und im Kreistag, die wenig mit der Wollsocken-Stimmung Evangelischer Kirchentage zu tun haben.

Und weil's heute auch etwas Gelehrtes geben muss, nehmen wir einen Philosophen, an den ich mich aus dem Geschichtsunterricht erinnere und der reichlich zweieinhalbtausend Jahre tot ist, den Kreter Epimenides, in Abwandlungen wird ihm der Satz zugeschrieben: "Alle Kreter lügen, sagte der Kreter." Gilt das nicht auch für Kolumnisten?

Angenehmes Wochenende, Carlo Eggeling

© Fotos: ca


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