Hingucker — so oder so
von Carlo Eggeling am 12.06.2025 Aufgespießt
Schön machen
Dahinter steckt bestimmt ein durchdachtes Konzept. Lüneburger Backsteinglück strahlt gegen Tristesse. Die ehemalige Buchhandlung am Markt rückt so ganz anders in den Blick. Sicher hat sich jemand viel Mühe gegeben, "mit Bordmitteln" Farbtupfer zu setzen. Doch die Schaufenster wirken so reizvoll wie Make up nach einem Regenguß. Die Werke Lüneburger Künstler scheinen wie reingepropft, das Drumerhum umschließt die Arbeiten so dekorativ wie ein Wechselrahmen.
Nun soll offenbar Großes folgen. Ein Fenster mit Figur, historischen Bildern und einem roten Vorhang. Vorhang auf: Jetzt geht es los? Wir zeigen Perspektiven? Eine Anspielung darauf, dass irgendwann das Theater in den Räumen ein Schauspiel aufführen möchte?
Es müsse alles sehr bescheiden sein, weil der Haushalt der Stadt so tief ins Minus rutscht, dass er an den Mariannengraben erinnert, erzählen man sich im Rathaus. Nun ja. Andererseits soll die Kämmerei 2,2 Millionen Euro für den Kauf des Hauses freigegeben haben, andere Interessenten wollten eine halbe Million weniger zahlen, erzählen sich Immobilienkreise. Während jeder Investor so schnell wie möglich mit Umbauten beginnen würde, um Erträge zu erwirtschaften, lässt die Stadt sich bei Planungen Monate um Monate Zeit. Vielleicht geht es nächstes Jahr los.
Angesicht von Millionen, die keine Rolle spielen, könnte man jemand fragen, der vom Fach ist. Ich denke an den ehrbaren Beruf des Schaufensterdekorateurs, seit 2004 heißt es „Gestalter für visuelles Marketing“.
Ach, Entschuldigung. Falscher Ansatz. Das ganz Haus ist ja ein Kunstprojekt, um die Backsteinschönheit gegen die Tristesse strahlen zu lassen. Da kann man nur sagen: gelungen. So wie die Grüne Oase vor dem Marktbrunnen, die Grün ironisch meint angesichts des Trockenblumensträußchens in Kübeln. carlo
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