Isabella gibt der Polizei Lüneburg ein Gesicht — der Ernst hinter dem Spaß
von Carlo Eggeling am 23.05.2025Streifenwagen? Kann auch mal ein Bobbycar sein, mit dem Oberkommissarin Isabella vom Hof der Wache rollt. Mehr als 200 000 Fans hat die Polizistin bei Instagram damit erreicht. Lächerlich ist die Polizei damit nicht, aber zum Lächeln. "Wir sind nahbar, wir sind freundlich", erklärt die 41-Jährige die Botschaft. Wichtig, um mit dem Bürger in Kontakt zu kommen und auch um Nachwuchs für die Polizei zu gewinnen. "Isi" gehört zu den dienstältesten Insta- beziehungsweise Facebook-Cops in Niedersachsen, seit Sommer 2019 ist sie dabei. Warum? "Als Polizei müssen wir neue Wege gehen." Die Sozialen Medien seien einer dieser Wege.
Polizeisprecher Michel Koenemann war Insta-Cop im Kreis Lüchow-Dannenberg. Er sagt, Instagram sei eine Schiene, dazu kommt lokal WhatsApp, landesweit Tiktok, die Landespolizei nutze den schnellen, kurz getakteten Kanal vor allem für die Nachwuchsgewinnung. Wichtig ist beiden Beamten, dass es nicht nur um Spaß geht. Von Facebook habe sich die Polizei verabschiedet, weil die Reichweiten dort sänken. WhatsApp hingegen nutzt die Behörde wie einen Marktplatz: Fahndungsaufrufe, Vermisstenmeldungen, der allgemeine Polizeibericht, aber auch eine Art Ohr: Wer den Beamten etwas mitteilen möchte, kann antworten.
Die Polizei folgt einem Trend. Andere Behörden und Kommunen nutzen ebenfalls soziale Medien, um Mitteilungen zu verbreiten und zu empfangen. Einer der Gründe: Zeitungen verlieren Leser und Bedeutung, gerade jüngere Leute wählen andere Kanäle der Kommunikation. Die beiden Beamten sind sich einig, man müsse andere und verschiedene Wege gehen, um Bürger zu erreichen und um junge Leute für die Polizei und eine mögliche Karriere in Uniform zu interessieren. Seit gut einem halben Jahr verbreitet die Polizeiinspektion Lüneburg, zuständig für drei Landkreise, Meldungen via WhatsApp. Die Zahlen wertet Polizeisprecher Koenemann als Erfolg: "In Lüneburg haben wir rund 7000 Abos, in Uelzen 6000 und in Lüchow-Dannenberg 3700." Tendenz steigend.
Gleichwohl sei man keine Konkurrenz für die Presse. "Ich muss nicht tagesaktuell sein", sagt die Oberkommissarin. Auch arbeite man nicht journalistisch. Die Pressestelle sei Ansprechpartner für die Medien.
Trotzdem erledigt Isi einen "Nebenjob", die Clips entstehen, wenn sie während ihrer Schicht im Einsatz- und Streifendienst Zeit dafür hat. Denn klar ist, jeder Notruf, jeder Unfall, was auch immer passiert, geht vor.
Es ist auch nicht mit einem Video getan, denn es gibt selbstverständlich Reaktionen, positive, aber auch diskriminierende. Ab und an schalten sich "Trolle" ein, dann erlebe man eine Welle. "Einiges regeln die Follower unter einander", sagt Isi. Andere Beiträge würden verborgen oder gelöscht. Und: "Das Internet ist kein rechtsfreier Raum." Das legt nahe, im Zweifel sind Äußerungen strafrechtlich relevant.
Auch wenn Isi im Netz locker auftritt, kann sie bei Einsätzen dienstlich werden: "Wir setzen Recht und Ordnung durch, auch mit Humor. Wenn der nicht angesagt ist, schalten wir den ab." Klare Ansagen, klares Handeln, immer vor dem Hintergrund, Jeder Einsatz kann gefährlich werden, da müssen sich die Kollegen aufeinander verlassen und absichern.
Die Kerngruppe ihrer Fans sei zwischen 25 und 54 Jahre alt, sagt die Beamtin. Gibt es für Social-Media-Cops Altersempfehlungen? Koenemann, 28 Jahre alt, und seine Kollegin lachen. Es gelte eher, originell zu sein, und man müsse es wollen. Begeisterung für Polizei gehöre dazu. Isabella, 41, hat einige Clips mit Christof Vietgen gedreht, er war Chef der Wache und ist vor ein paar Monaten in Pension gegangen, er hat die 60 deutlich überschritten: "Den haben die Leute geliebt, seine Kompetenz und Ruhe sind geschätzt."
Die Präsenz im Netz schafft Vertrauen. Das nutzt, wenn aus Heiterkeit Ernst wird. Die Polizistin berichtet von einer Frau, die über einen Chat angekündigt habe, sich das Leben nehmen zu wollen. Im virtuellen Gespräch bleiben, Namen und Standort herausbekommen, die Kollegen der Streife einbinden -- es hat geklappt.
Die Oberkommissarin und der Kommissar sind sich einig, wer die Aufgabe annimmt, nimmt auch eine große Verantwortung an. Eben für das, was er erfährt, was er daraus macht und selbstverständlich für die Polizei Niedersachsen. Denn auch im Netz ist die Kollegin deren Gesicht. Nett, freundlich, kompetent und Gesicht des Rechtsstaates. Es kann eben sehr dienstlich werden. Carlo Eggeling
Die insta-Fotos hat die Polizei als Aprilscherz ins Netz gestellt.
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