Lüneburg, am Donnerstag den 25.04.2024

Kaltluft überm Feld

von Carlo Eggeling am 28.01.2023


Meine Woche

Kaltluftschneise. Bleibt



Das Leben in Lüneburg ist so schön. Deshalb wollen viele hier leben. Das wiederum finden viele, die hier geboren oder vor ein paar Jahren hergezogen sind, nicht so gut. Da findet sich schnell ein Krabbeltier, ein Magerrasen oder — immer gern genommen — eine Kaltluftschneise, allerbeste Gründe gegen neue Nachbarn. Dass man die eigene Hütte vor nicht allzu langer Zeit in den Wind stellte, nun ja, der kalte Wind hat gelernt und pustet an den eigenen Ecken vorbei.

Am geplanten Baugebiet Wienebüttler Weg ist die Verhinderungsstrategie zu beobachten. Normenkontrollverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht. Zwar gibt es einen Ratsbeschluss, vorzeitig zu beginnen, doch leider, leider muss das Rathaus noch dies und das abwarten. Dass die Preise steigen für die Erschließung und die künftigen Familien, die dort heimisch wie ein Feldhamster werden wollen — so ist das nun mal.



Vor drei Jahren hatte der Verwaltungsausschuss, der kleine Rat, beschlossen, in Rettmer-Nord, also in Richtung Heiligenthal, ein Baugebiet für 100 Wohneinheiten entstehen zu lassen. Das soll nun auf Antrag der Verwaltung am Montag im Bauausschuss gekippt werden. Der nimmermüde Klaus Hoppe, Arena-erfahren, und sein Hof an den Teichen haben die Flächen langfristig gepachtet. Das finden alle schön, die beim Spaziergang ihre Hunde am Feldrand pinkeln lassen können. Und ja, generell ist der freie Blick natürlich schöner.

Warum sichert sich Stadt die Äcker nicht, um die künftige Entwicklung bestimmen zu können? Vision war gestern. Die 2000 Leute, die auf der Liste der kommunalen Wohnungsgesellschaft Lüwobau stehen? Anderes Thema.

In der Zeitung lese ich: "Der Grünen-Politiker Wolf von Nordheim, stellvertretender Vorsitzender des Bauausschusses, begrüßt, dass der Bebauungsplan aufgehoben werden soll. Seine Fraktion habe nicht nur von Anfang an den Planungen widersprochen, 'sondern wir haben darüber hinaus die in großer Zahl eingegangenen schriftlichen Einwendungen von Bürgern gegen dieses Baugebiet unterstützt'." Eine Haltung, wie am Wienebüttler Weg. Man ist gern dagegen, wenn man selber im Einfamilienhaus beispielsweise im Hanse-Viertel zu Hause ist. Ich weiß nicht, wie der Wind dort wehte und welche Käfer sich am Rand des alten Kasernengeländes zu Hause fühlten. Aber die haben alle wohlgemut ihre Koffer gepackt, als die so problembewussten Neuen kamen.

Rettmers Ortsvorsteherin Carmen Bendorf erklärt in dem Beitrag, dass sie 40 Familien aus dem Ortsteil nach Flächen gefragt haben, weil ihre Kinder bauen wollen. Eben die brauche es, um Feuerwehrleute zu finden oder die viel zitierten Fachkräfte. Meine Kollegin Antje Schäfer kommentiert treffend, es brauche bei allen zu klärenden ökologischen Fragen eben Wohnraum für Bürger. Wer Dachgeschossausbau fordert, sollte zu Kenntnis nehmen, dass dafür so gut wie keine Anträge bei der Verwaltung vorliegen. Und Nachverdichtung macht Gärten mitten in der Stadt platt — keine Landebahn für Käfer mehr.

Gucken wir in ein anderes Viertel. In Wilschenbruch wohnt es sich noch ganz gut. Noch. Nicht auszudenken, wenn dort Mietwohnungen entstehen. Die nehmen die Sonne. Dass auf dem Grundstück bis vor ein paar Jahren das Kreiskinderheim stand, später als Unterkunft für Asylbewerber genutzt, haben die gebeutelten Anwohner irgendwie vergessen.

Die Forderung, die marode Amselbrücke besser zu sperren und nicht durch einen Neubau zu ersetzen, um die angebliche Verkehrsflut zu stoppen, ist vollkommen nachvollziehbar. Gerade, für die, die am Stadtring oder in Lüne-Moorfeld an der Ostumgehung das brausende Leben erleben. Im einzigen Lüneburger Stadtteil, in den kein Bus fährt, mag man es idyllisch. Wer da wohnt, hat es sich schließlich verdient. In jeder Hinsicht. Zum Beispiel die, die auf dem ehemaligen LSK-Platz gebaut haben, nah am Landschaftsschutzgebiet. Ganz im Einklang mit der Natur, selbst wenn in den Garagen nicht nur ein Auto steht.

Dass die Brücke höchstens noch Rennstrecke für die SUVs des Radwegs sein darf, Tausende Euro teure Lastenräder, ist vollkommen nachvollziehbar. Feuerwehr und Rettungsdienst müssen umrüsten; extra um Wilschenbruch zu erreichen, sollten Lastenräder für die Helfer entsprechend hergerichtet werden.

Hat der Kanzler etwas richtig gemacht? Der Mann, der schweigt, der ein kommunikativer Ausfall ist? Er hat sich spät entschieden, der Ukraine Panzer zu liefern, dafür hat er die USA und einen Schwung anderer Nationen mit an Bord. Deutschland steht nicht alleine da, sondern gemeinsam mit anderen Nato-Staaten. Aber selbstverständlich hagelt es Kritik. Panzergrenadiere in anderen Parteien hätten viel schneller gehandelt und wollen nachlegen. Friedensbewegung ist echt von vorgestern.

Klar war auch, dass der ukrainische Präsident mit der nächsten Forderung aufschlägt: Kampfjets. Und genauso klar ist, dass er dafür sofort Unterstützung seiner Anhänger zwischen Küste und Alpen erhält. Hat er die Jets, dürfte das Verlangen nach Unterstützung durch Truppen aufflammen. Die Außenministerin, die wenig von Diplomatie hält, hat es ja treffend erklärt: Der Westen befinde sich im Krieg mit Russland. War irgendwie ein Versprecher. Sicher? Am Ende sind wir alle Ukrainer. Ich finde Selenskyj sollte Deutschland regieren, der entscheidet schon richtig, und wir müssen nicht die ewige Diskussionen in den Nachrichten verfolgen.

Alles natürlich Unsinn. Wie so vieles. "Mit den besten Absichten, kann man die größten Missstände hervorrufen", soll der renommierte Wirtschaftswissenschaftler Milton Friedman gesagt haben. Kann ich mir nicht vorstellen. Sie? Carlo Eggeling

© Fotos: ca


Kommentare Kommentare

Kommentar von Marianne
am 29.01.2023 um 07:20:15 Uhr
Herrlich geschrieben .Du sprichst mir aus der Seele. Wie verkorkst die Forderungen nach einem Spielplatz und Treffpunkt aus Wilschenbruch sind.
Der Wald samt Ilmenau in Wilschenbruch ist mit das schönste Naherholungsgebiet in Lüneburg auch für Kinder. Sorry, ich vergaß.
Der Wald ist ja nicht mit Helicoptern erreichbar.
Anderes Thema: Flüchtlinge neben einer stinkenden Kläranlage unterzubringen? Mir ist das peinlich. Danke Frau Kalisch! Die Fläche Digitalcampus zwischen Reppenstedt und Lüneburg wäre sicher geeigneter gewesen. Ach ,da war ja was….die Kaltluft und eine grüne Anwohnerin.
Also Leute und Studierende, dann viel Glück bei der Wohnungssuche.
Kommentar von Jürgen
am 29.01.2023 um 16:08:35 Uhr
Ja, Spinat das mit den Etablierten. Die brauchen Freiraum, keine neuen Nachbarn. Wir brauchen wieder mehr „Miteinander“, leider gibt es zu so vielen Themen immer nur zwei Meinungen und keine Kompromisse…


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