Kathrin Schuol — eine entscheidungsfreudige Netzwerkerin
von Carlo Eggeling am 03.07.2025Als sie sich nach dem Abitur bei der Polizei bewarb, hätten es Hamburg oder Niedersachsen werden können. "Hamburg war schneller", sagt Kathrin Schuol. Sie zog 1987 von Norden/Norddeich an die Alster. Nun kehrt die Beamtin zurück: Heute führt Innenministerin Daniela Behrens (SPD) Kathrin Schuol offiziell als neue Polizeipräsidentin für acht Landkreise im Nordosten Niedersachsens in ihr Amt ein. Gleichzeitig verabschiedet die Ministerin Vorgänger Thomas Ring, der in seine Heimat Braunschweig zurückkehrt und dort oberster Polizist wird.
Die Region kennt Kathrin Schuol gut, seit ein paar Jahren lebt sie mit ihrer Familie im Landkreis Lüneburg. Deshalb kennt sie eines der Themen, das die Region beschäftigt gut: den Sand als Treffpunkt der Drogen- und Alkoholszene. Sie betont, dass Lüneburgs Polizeichefin Steffi Lerche einen guten Job mache. "Sie ist Ansprechpartnerin vor Ort." Gleichwohl habe sie die Lage im Blick: "Erfordert es mein Handeln, werde ich ihr den Rücken stärken."
Klar sei allerdings auch: "Es ist kein originär polizeiliches Thema. Denn die Menschen dürfen dort sein." Alkohol in der Öffentlichkeit zu trinken, sei kein Vergehen. Die Polizei könne bei Regelverstößen eingreifen, tue das auch. Die Präsidentin bestätigt die bislang gefahrene Strategie: verschiedene Akteure an einen Tisch holen, also Kommune, Sozialarbeit, Geschäftsleute. "Die Polizei ist ein Teil davon." Die Beamtin, die in ihrer Laufbahn Kriminologie studiert hat, sagt: "Es geht um Räume." Also Sozialgeografie: Wer nutzt wie welchen Platz? Wie fügt sich das ein? Wie kann man regulieren, wenn es nötig ist?
Wenn man ihr zuhört bei einem Wasser in einem Besprechungsraum, weil ihr Vorgänger Ring das Büro noch nutzte, versteht man schnell ihre Philosophie: "Ich sehe mich weniger als Verwalterin, eher als Netzwerkerin." Akteure zusammenbringen, sehen, was man bewegen kann. Mit Sozialromantik hat das wenig zu tun, sondern mit einem praxisnahen Ansatz. Logischerweiser stehen unter anderem Gespräche mit Landräten und Bürgermeistern der größeren Städte auf ihrer Agenda.
Das hängt mit ihrer Laufbahn zusammen. Sie gehörte zu den ersten Jahrgängen, die nicht der weiblichen Polizei zugeordnet waren, die sich unter anderem mit auffälligen Jugendlichen beschäftigte. Kathrin Schuol begann 1987 im mittleren Dienst. Üblicherweise dauerte die Zeit bei der Bereitschaftspolizei für Frauen ein Vierteljahr: "Ich bin geblieben und war die erste Gruppenführerin in Hamburg." Sie kennt noch robuste Einsätze aus der Hafenstraße, wo sich Hausbesetzer regelrechten Schlachten mit der Polizei liefert, bis der damalige Bürgermeister Klaus von Dohnanyi den Konflikt mit Kompromissen und Mietverträgen für die städtischen Häuser befriedete.
1996 wechselte die Beamtin zur Kripo, machte Karriere, wurde schließlich stellvertretende Chefin des Landeskriminalamtes, bevor sie in die Innenbehörde wechselte und dort sieben Jahre die Abteilung für Öffentliche Sicherheit, Brand und Bevölkerungsschutz leitete. Die Innenbehörde ist in Niedersachsen mit dem Innenministerium vergleichbar. Die Frau mit dem ansteckenden Lachen genießt an der Elbe einen exzellenten Ruf, berichten Kollegen aus Hamburg, die mit ihr zusammengearbeitet haben.
Die Verbindungen aus Hamburg dürften hilfreich sein. Denn selbstverständlich macht Kriminalität nicht an Landkreis- und Ländergrenzen Halt. Kathrin Schuol verweist auf die enge Kooperation der Ermittler im Großraum Hamburg etwa in gemeinsamen Ermittlungsgruppen. Sie strebe keine großen Veränderungen: "Polizei ist ein reaktives Handwerk, wir passen uns an die aktuelle Lage an."
Eins ist allerdings auch sicher, sie sagt den Satz mit einem charmanten Lachen: "Ich bin entscheidungsfreudig, aber nicht beratungsresistent." Es klingt nach einer Menge Ideen und Durchsetzungsstärke. Carlo Eggeling
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