Kleine Bühne, große Meinung Silvester in Lüneburg: Wenn Vernunft im Rauch verschwindet
von Winfried Machel am 29.12.2025Wer am Neujahrsmorgen durch die Lüneburger Innenstadt geht, braucht keine Statistik. Die Reste liegen auf dem Pflaster. Verbrannte Kartons, zerrissene Batterien, leere Raketenhülsen. Der Geruch hängt noch in der Luft, als hätte die Nacht beschlossen, etwas länger zu bleiben.
Und wieder stellt sich die Frage: Musste das alles sein?
Zwischen Stintmarkt, Marktplatz und den Wohnstraßen wird jedes Jahr deutlich, wie schmal der Grat zwischen Feiern und Rücksichtslosigkeit ist. Die einen stoßen an, die anderen sitzen mit verängstigten Hunden im Badezimmer. Während Raketen über den Dächern aufsteigen, sind Feuerwehr und Rettungsdienste im Dauereinsatz. Das gehört inzwischen fast schon zum festen Programm des Jahreswechsels.
Befürworter des Böllerns sprechen gern von Tradition. Von Freiheit. Von einem Ventil nach einem langen Jahr. Das klingt nachvollziehbar – bis man merkt, dass diese Freiheit ziemlich einseitig verteilt ist. Wer zündet, entscheidet. Wer leidet, hat keine Wahl.
Gerade in einer Stadt wie Lüneburg, mit engen Straßen, viel Fachwerk, vielen Menschen auf engem Raum, wirkt das freie Böllern weniger wie Brauchtum und mehr wie Kontrollverlust. Der Knall ist kurz, der Schaden oft real. Und der Müll am nächsten Tag erstaunlich hartnäckig.
Ein Böllerverbot ist kein Angriff auf Lebensfreude. Es ist der Versuch, Feiern und Verantwortung miteinander zu versöhnen. Niemand verbietet den Jahreswechsel, niemand den Moment um Mitternacht. Die Frage ist nur, ob wir dafür jedes Jahr aufs Neue beweisen müssen, wie laut wir sein können.
Vielleicht wäre ein zentrales, professionelles Feuerwerk ehrlicher. Vielleicht sogar schöner. Und ganz sicher berechenbarer als tausend Einzelzündungen zwischen Häusern, Autos und Menschen.
Lüneburg versteht sich gern als vernünftig, grün, vorausschauend. Silvester ist der Moment, an dem sich zeigt, ob das mehr ist als ein politisches Etikett. Weniger Knall wäre kein Verlust. Es wäre ein Gewinn an Rücksicht, Sicherheit und Ruhe.
Und vielleicht auch ein Zeichen, dass diese Stadt mehr kann als nur laut ins neue Jahr zu stolpern.
Winfried Machel
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