Lüneburg, am Mittwoch den 02.07.2025

Klinikum beschäftigt sich mit seiner Vergangenheit

von Gesundheitsholding Lüneburg GmbH am 01.07.2025


Forschungsarbeiten zeigen Ausmaße der Morde während des 2. Weltkrieges

Lüneburg, 1. Juli 2025 – In Lüneburg sind im Zweiten Weltkrieg mehr Menschen gewaltsam gestorben als vermutet. Das Ausmaß ist jetzt durch Forschungsarbeiten der „Euthanasie“-Gedenkstätte deutlich geworden: Auch auf dem Gelände des heutigen Klinikums Lüneburg wurden 52 Menschen in einer Krankenbaracke gewaltsam ermordet. Ein Beleg dafür sind unter anderem Aufzeichnungen des Kriegsverbrecher-Tribunals 1945 in Belgrad. „Wir haben mit Hilfe von zwei Vereinsmitgliedern dafür Prozess-Akten aus dem Holocaust Memorial Museum in Washington beschafft und konnten durch weitere Recherchen in verschiedenen Archiven 52 Personen identifizieren, die in der Krankenbaracke umgebracht wurden“, erläutert die Leiterin der Gedenkstätte Dr. Carola Rudnick die Forschungen.

Neben den Opfern können auch die Täterinnen und Täter benannt werden. Während die beiden Ärzte Helmut Bock und Günter Schulze sowie die Pflegekraft Margarete Dethlefsen für ihre Taten vor dem Kriegsverbrecher-Tribunal verurteilt und 1946 hingerichtet wurden, wurde die ebenfalls an den Taten beteiligte Ärztin Margret Dehlinger nicht an das Tribunal ausgeliefert. Der damalige Ärztliche Direktor, Adolf Wilke, verantwortlich und beteiligt an den Morden, starb 1945 an Diphtherie.

Die Tatsache, dass auch das damalige Städtische Krankenhaus an den gewaltsamen Morden während des Zweiten Weltkrieges beteiligt war, war den heutigen Verantwortlichen des Klinikums Lüneburg bislang nicht bekannt. „Wir sind entsetzt über die schrecklichen Verbrechen, die auf dem Gelände begangen wurden, und bedauern das zutiefst. Es ist uns sehr wichtig, dass dieser Teil der Geschichte nun aufgearbeitet wird“, so Geschäftsführer Dr. Michael Moormann. Bislang hatte nur das Gelände der heutigen Psychiatrischen Klinik im Zusammenhang mit Gräueltaten des Zweiten Weltkrieges gestanden.

Ebenfalls neu ist die Erkenntnis, dass der ehemalige Ärztliche Direktor Richard Hölscher während der NS-Zeit an Zwangssterilisationen im damaligen Städtischen Krankenhaus beteiligt war. Wie die Forschungsarbeiten belegen, ging er zwar 1936 in den Ruhestand. „Die Unterlagen zeigen aber, dass Hölscher 1939 aus dem Ruhestand zurückkam, und von 1942 bis 1945 auch Chefchirurg war. Seine Unterschriften finden sich unter den Operationsberichten. Auch wenn er wohl an den Morden an den Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern nicht beteiligt war, wird er als ehemaliger Direktor zumindest Kenntnis davon gehabt haben“, erklärt Carola Rudnick. Sie und ihr Team bereiten die Forschungsergebnisse gerade für eine Ausstellung auf, die ab Anfang September im Dokumentationszentrum der Gedenkstätte zu sehen sein wird.



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