Kuscheltiere — weltbedeutend
von Carlo Eggeling am 21.06.2023Das teilt die Kulturbäckerei mit:
Die vitruvianische Maus
Die Ausstellung Ralf Peters. „100 Meisterwerke“ zeigt die größten Werke der Kunstgeschichte mit besonderen Hauptfiguren
Was passiert, wenn Das Mädchen mit dem Perlenohrring der Betrachterin treuherzig ihre Schnauze entgegenstreckt, Der Wanderer über dem Nebelmeer einen Rattenschwanz hinter sich herzieht und Die Erschaffung Adams mit Pfoten statt Fingern besiegelt wird? Vom 09. Juli bis 27. August 2023 zeigt die Kunsthalle Lüneburg in der KulturBäckerei eine fein kuratierte Auswahl aus Ralf Peters‘ „100 Meisterwerken“: In dieser Serie rückt der Fotokünstler 100 berühmte Ikonen aus der Kunstgeschichte in ein neues Licht und inszeniert sie mit ebenso populären Legenden – Kuscheltieren.
Dabei stehen die „Meisterwerke“ ihren altehrwürdigen Originalen in nichts nach: Zwischen opulenten Rahmen und originalgetreu nachgestalteten Hintergründen präsentiert sich ein ganzer Zoo aus Plüschtieren in ungeahnter Vielseitigkeit. So lässt Peters mit Detailgenauigkeit, Fingerspitzengefühl und nicht ohne ein Augenzwinkern unter anderem fünf Mäuse den Tanz von Henri Matisse im Reigen nachtanzen, aus Leonardo da Vincis Dame mit Hermelin entsteht eine anmutige Komposition aus Affe und Krokodil, und ein wolliges Schaf imitiert dramatisch den Tod des Marat von Jaques-Louis David.
Dabei setzt sich der Künstler spielerisch wie kritisch mit den großen Fragen der Kunst auseinander: Was ist eigentlich Malerei? Und welche Funktion hat Fotografie heute? Mit der Werkgruppe will Peters jene Distanz aufbrechen, die von der klassischen Kunstgeschichte und der damit verbundenen Wirkung von Kunst und Wissen erzeugt wird. Indem jedes „Meisterwerk“ seinem Original gegenübergestellt wird, bietet die Ausstellung den Betrachtenden einen Perspektivwechsel an und lädt dazu ein, sich spielerisch an das Thema Kunst heranzutasten, es zu hinterfragen und auch neu zu denken – ungeachtet von Alter, Herkunft oder Bildungsstand.
Dabei setzt sich der Künstler auch selbst immer wieder mit der eigenen Position auseinander: Nach seinem Studium der Malerei, u. a. bei Jörg Immendorff, wandte sich Ralf Peters konzeptionellen Raummodellen zu, vom Dreidimensionalen kam er schließlich zur Fotografie. Seine „Plüschtier-Serie“ ist somit auch ein Stück Ironie und Parodie auf die eigene Kunst, wobei die künstlerisch hochwertige Qualität der Werke immer im Vordergrund steht.
Ralf Peters, geboren 1960 in Lüneburg, ist Fotograf und Fotokünstler. Typisch für Peters, der in Braunschweig, Nîmes und München studierte, sind konzeptionelle fotografische Serien. Seine Kunst aus Dokumentation und Manipulation setzt sich mit Wahrnehmung und ihrer Irritation auseinander, mit Stereotypen, Konformität und Differenz. Das Werk von Ralf Peters wird international präsentiert, unter anderem von Galerien in Frankfurt, Zürich, Triest, Miami und Tokio. Zu seinen Auszeichnungen zählen unter anderem ein Jahresstipendium des DAAD für London, der Deutsche Fotopreis der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung sowie der Dr.-Hedwig-Meyn-Preis der Stadt Lüneburg. Peters lebt und arbeitet in Lüneburg. www.ralfpeters.info
KUNSTHALLE LÜNEBURG IN DER KULTUR BÄCKEREI Dorette-von-Stern-Str. 2
21337 Lüneburg
Öffnungszeiten:
Montag bis Freitag: 10–18 Uhr Samstag & Sonntag: 11–17 Uhr
Der Eintritt ist frei.
www.kunsthalle-lueneburg.de
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