Lüneburg, am Montag den 18.08.2025

Läuft, aber anders. Eine politische Woche

von Carlo Eggeling am 13.07.2024


Meine Woche
Zielkonflikt

Neulich trafen sich Anwohner und Verwaltung zum Ortstermin im Wasserviertel. Die Lünepost hat das Protokoll des tragisch-komischen Spaziergangs notiert. Der Traum: Das Karree soll lebenswerter werden, daher sollen weniger Autos fahren. Das ist allemal schön, weil es sich sehr schön sitzt vor den vielen Lokalen. Mehr Schilder, ein Verknäulen der Einbahnstraßen gegen das Blech. Gleichwohl leben im Viertel Menschen, Wirte benötigen Ware, Gäste kommen mit Autos oder Reisebussen.

Busse und Laster kriegen beispielsweise Am Werder kaum die Kurve, berichten Anwohner. Wer Bier, Brause und Bettwäsche bringt, darf nur in bestimmten Zonen halten. Lieferanten müssen den Kram schleppen, sonst kassieren sie ein Ticket. Das ist aus allen Straßen zu hören. Wer ein großes Ziel hat, kann nicht großzügig sein.

An der Baumstraße finden sich zwei Garagen. Es ist natürlich kleinlich daran zu denken, dass die Stadt die Abstellflächen mit rund 40 Plätzen mal genehmigt haben muss. Wer dort raus möchte oder muss, fährt über Salzstraße am Wasser und Kaufhaus-Brücke aus dem Viertel. An den Lokalen vorbei, durch die konsumfreie Zone der "Bridger". Man könnte von einem gewissen Zielkonflikt sprechen, wenn Entschleunigung und Beschleunigung aufeinandertreffen.

Anwohner hatten die Idee, so wie es Jahrzehnte möglich war, aus ihrer Garage statt nach rechts nach links abzubiegen. Ein paar Meter, und sie wären im Wendischen Dorf und auf der Reichenbachstraße. Träume und Wirklichkeit. Der Mann vom Ordnungsamt: "Das ist aus verkehrsrechtlichen Gründen nicht vertretbar, die Straße ist im oberen Bereich maximal 3,70 Meter breit."

Klingt nach einem Verkehrsfluss wie auf der A7.
Nee, ist viel besser, über die Liegewiese der Brücke zu fahren. Würde jeder Bademeister im Freibad genauso machen. Es ist gut, wenn Verkehrsplaner einen Plan haben. Und mal ehrlich, was wohnen die Leute auch mitten in der Stadt?

Für Radfahrer gilt hingegen Freie Fahrt für freie Bürger. Die bemerken in dem Idyll gar nicht, dass rechts vor links gilt und strampeln an Einmündungen vorbei. Über die Lünertorstraße, da wo auf 50, 60 Meter Länge ein halbes Dutzend Lokale liegt, Flaneure an eine Fußgängerzone glauben, saust vom Bahnhof kommend gern die Tour de France vorbei.

Radler kann. man nicht bremsen. Da gelte gegenseitige Rücksichtnahme, hieß es bereits vor Monaten aus dem Rathaus. Paragraph 1 der Straßenverkehrsordnung. An der Ecke Abtspferdetränke/Auf dem Kauf ließ die Stadt eine Bodenwelle einbauen, um Autofahrer zu stoppen. Für die Speichen-Fraktion ist das selbstredend undenkbar. Mir ist eine Zeile eines alten Stücks des vergessenen Rockers Wolf Maahn eingefallen: "Unsere Träume sind nie gefeit, gegen ne' Überdosis Wirklichkeit."

Bleiben wir bei Heiterem. Die Elbbrücke bei Neu Darchau bleibt Thema, weil Lüneburger Planer für Planungen nicht in den Nachbarkreis Lüchow-Dannenberg dürfen, wie die dortige Landrätin findet. Das ist mal was. Können wir ein Bundestagswahlkreis bleiben, wenn man sich so abgrenzt? Eine Aufgabe für Brückenbauer.

Das Projekt Wohnzimmer Innenstadt geht weiter. Eine Neuauflage der Grünen Oasen zieht ein. Ein Thema, das wir gemeinsam aussitzen, auf wohl hübscherem Mobilar. Das verdeckt leerstehende Geschäfte. An der Bardowicker und Rosenstraße sowie an den Brodbänken stecken die nächsten Inhaber auf.

Nicht schlimm, da wird sich was finden. "City-Manager Martin Zießnitz von der Marketing GmbH fällt das natürlich auf. Er sagt: 'Jedes leere Geschäft ist ein Schlag für das Kaufhaus Innenstadt. Das ist bedauerlich, aber nicht bedrohlich.' Denn im Gegensatz zu anderen Städten sehe es im Zentrum noch gut aus." Ach so, ich sollte noch sagen, das Zitat stammt aus dem Januar 2013. Aber heute hören wir eh nix anderes, nur das Kaufhaus Innenstadt ist ein Unwort. Martin hat übrigens lange einen anderen Job. Anderswo. So kann's gehen.

Ein bisschen traurig bin ich, dass Landkreis und Amelingausen den Streitfall Schutzhütte am Kronsberg abgeräumt haben. Der Kompromiss -- ein paar Bretter weg, ein Zaun um acht Grashalme und ein Vierteljahrhundert Lebensdauer -- lässt alle grinsend das Gesicht wahren. Dafür Respekt, aber der real existierende Bürokratismus versprach immer einen Lacher.

Eigentlich besteht kein Grund zur Sorge. Der Ökonom und Nobelpreisträger Milton Friedman wusste: "Mit den besten Absichten kann man die größten Missstände hervorrufen." Die Welt dreht sich halt doch überall gleich. In diesem Sinne ein heiteres Wochenende, Carlo Eggeling

© Fotos: ca


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