Lüneburg, am Samstag den 02.08.2025

LoCarlo: Florian Forster soll neuer Sozialdezernent werden

von Winfried Machel am 13.09.2022


Florian Forster soll neuer Sozialdezernent werden
Auf einer Vorstellungsrunde durch die Fraktionen begeisterte er eher mäßig. Das Spektrum reicht von Ablehnung durch die SPD bis Zustimmung bei den Grünen. Der Bremer ist Grüner und IT-Experte

Einen glatten Durchmarsch dürfte der Kandidat nicht erleben, beim Gang durch Fraktionen des Rates hat er am Montagabend manch einen nicht für sich einnehmen können, geeignet für das Amt des Sozial-, Bildungs-, Sport- und Kulturdezernenten zu sein. Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch (Grüne) hatte Florian Forster vorgeschlagen, der beim Bremer Finanzsenator als IT-Experte arbeitet. Klare Ablehnung kommt aus der SPD-Fraktion, in der CDU ist man geteilter Meinung, in der FDP wirkt man ebenfalls wenig überzeugt, sieht aber das Dezernat so lange führungslos, dass man weder den Mitarbeitern noch den Bürgern zumuten möchte, weiterhin ohne Chef zu bleiben. Bei den Grünen gab es ein positives Echo, der Aspirant ist Mitglieder der Partei und soll sich auf seiner Runde als "durch und durch grün" beschrieben haben. Das ergab eine Abfrage bei lokalen Stadtratsmitgliedern.

Auf Anfrage positioniert sich Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch: "Ich schlage Florian Forster für die Leitung des Dezernates vor. Es gibt eine Empfehlung des Personalberatungsunternehmens für ihn. Er passt auf die Stelle, von seinen Qualifikationen und bisherigen Schwerpunkten her, aber auch, weil er eine ausgewiesene Führungskraft ist mit einem Blick für gute und effiziente Organisationsstrukturen. Er kann die Menschen für seine Themen begeistern und mitnehmen. Das braucht es intern und extern."

Das sehen nicht alle so. Das größte Manko sehen Skeptiker darin, dass der Bremer zwar im Bereich EDV und Soziales tätig war, aber keine Praxis im täglichen Geschäft eines Ressort besitzt, das unter anderem für Kitas, Schulen, Sozial- und Jugendamt, Flüchtlingsunterbringung und -betreuung, Sportvereine und nun auch noch für einen breitgefächerten Kulturbereich verantwortlich ist. Rund 800 Beschäftigte sind in diesem Bereich tätig. In seinem im Internet einsehbaren Lebenslauf ist nachzulesen, dass er als Stabsstellenleiter, Systemadminstrator, Projektmanager, Basketballtrainer und Jugendbetreuer im BUND tätig ist beziehungsweise war. Beruflich kommt der 42-Jährige in gut 15 Jahren auf sieben Stellen.

Die SPD verschickte am Nachmittag eine Pressemitteilung. "Der nun vorgestellte Bewerber erfüllt mehrere der vom Rat beschlossenen Ausschreibungskriterien nicht, so hat er z. B. kein einschlägiges Studium in diesem Bereich", kritisiert Fraktionschefin Andrea Schröder-Ehlers. "Er bringt wenig Führungserfahrung oder fachliche Vorkenntnisse in den großen Themenfeldern des Dezernats im Bereich Soziales, Schule oder Kultur mit. Auf die Brücke dieses größten und wichtigen Dezernats gehört eine Persönlichkeit, die schon einmal auf Hoher See bewiesen hat, dass sie der Aufgabe gewachsen ist, nicht jemand, der eine neue Herausforderung sucht. Dies ginge zu Lasten der Menschen in unserer Stadt und der Beschäftigten im Dezernat."

Massive Kritik äußern die Sozis am Stil der Oberbürgermeisterin Kalisch. Die habe bei ihrem Antritt Transparenz, Bürgerbeteiligung und das Einbeziehen des Rates versprochen, das Gegenteil sei nun der Fall: "Dezernenten benötigen als überparteiliche Verwaltungsspitze die breite politische Rückendeckung des Rates. So war es auch jetzt mit der Einsetzung einer Findungskommission beschlossen. Im Verfahren hat dann aber die Oberbürgermeisterin sich über diesen Beschluss hinweggesetzt und die Personalauswahl alleine getroffen. Rechtlich steht ihr dies zu, für die Zusammenarbeit im Rat ist dies aber ein sehr schlechtes Signal." Und: "Der Antrag, im letzten Verwaltungsausschuss nachträglich beschließen zu lassen, die Findungskommission zu entmachten, bricht mit allen demokratischen Prinzipien."

In der CDU sei man sich nicht einig, heißt es unter der Hand. Fraktionschefin Monika Scherf hatte dem Vorschlag zwar schon im Verwaltungsausschuss zugestimmt. Doch Scherf vertrat mit ihrem Votum nicht alle ihrer Kollegen. Ihre Kollegin Christel John nahm übrigens an der Abstimmung nicht teil, berichten mehrere Teilnehmer. Sie musste -- aus eigenen Antrieb -- mal vor die Tür. Zufall oder nicht.

"Es gab kein Wort zur Kultur", heißt es aus den Reihen der Konservativen von der Vorstellungsrunde. "Bei zwölf Mitarbeitern, die er hat und ein paar Externen was soll das für eine Führungserfahrung sein?" Auch inhaltlich sei nicht viel gekommen. Wie schon aus dem Lager der SPD heißt es auch hier, Sporttrainer, zwei Kinder und Jugendschöffe sei keine Qualifikation, sondern etwas, was viele vorweisen könnten.

Ebenfalls gab es Kritik am Ablauf. "Wir haben erst in der Fraktionssitzung erfahren, wer da kommt", berichten Teilnehmer. Das Verfahren sei intransparent, man habe sich kaum vorbereiten können: "Wie soll man sich nach einer halben Stunde ein Urteil bilden können?" In der Fraktion bestehe Klärungsbedarf. Doch am Ende wolle man vermutlich die seit Mai vakante Stelle nicht offen lassen.

Ähnlich schallt es aus der FDP, die gemeinsam mit der CDU tagte. "Der Kandidat ist nicht ideal geeignet, aber den idealen Kandidaten werden wir auch nicht finden", sagt Frank Soldan. "Machen wir das Beste daraus." Man habe mit den Kollegen der CDU und alleine lange diskutiert. Man könne Mitarbeiter nicht "länger alleine lassen". Die Oberbürgermeisterin leite das Ressort zwar kommissarisch mit, aber die sei ja anderswo sehr gefordert. Es klingt danach, als ob der der Dezernent nicht so wichtig sei, wenn Soldan sagt: "In dem Bereich sitzen Leute, die sehr gut sind." Werde der Mann nicht gewählt, bliebe das Dezernat weiter führungslos, das gehe nicht. Man sehe die Verantwortung für die Beschäftigten und die Bürger, deshalb Zustimmung. Aber: "Jeder in unserer Fraktion kann abstimmen, wie er es für richtig hält."

Aus den Reihen der Grünen kommt erwartungsgemäß Zustimmung für den Bremer Grünen. "Das ist kein Schlechter", heißt es aus der Fraktion. "Er wirkt realistisch und hat bereits Projekte betreut. Es wird funktionieren."

Innerhalb der Partei der Linken blicken einige kritisch auf den Vorschlag der Oberbürgermeisterin. Die Kritik der Sozialdemokraten können Parteimitglieder nachvollziehen. Doch offiziell äußern will die Fraktion Linke/Die Partei sich nicht. Da wirkt sie -- anders als in der Vergangenheit mit anderen Protagonisten -- recht brav. Ihre Sprecherin Vivienne-Janice Widawski sagt: "Wir äußern uns erst im Rat."

Am Donnerstag kommt der Kandidat in den Rat und stellt sich zur Wahl. Wahrscheinlich. Denn die Kandidatin vor ihm sagte auf den letzten Metern ab. Aus persönlichen Gründen.
Carlo Eggeling

© Fotos: Privat, Hansestadt Lüneburg


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