Lüneburg, am Montag den 18.08.2025

LOCARLO Seine Woche teuflische Woche

von Winfried Machel am 07.05.2022


Ich habe beunruhigende Nachrichten aus Wittorf erhalten. Im Laufe der Woche seien mehrmals Transportmaschinen der Bundeswehr über den Ort geflogen. Man sei verängstigt, hieß es. Keine Ahnung, ob es tatsächlich Militärflugzeuge waren, es könnten auch Flieger der Airbuswerft gewesen sein. Was mich beunruhigt: Ist da etwa Wankelmut zu spüren? Wo wir doch alle Ukrainer sind und inzwischen mit großer Begeisterung schwere Waffen in das Land schicken wollen, können wir bei uns keine Unsicherheiten leisten. Ich sag's mal so: Es ist eigentlich total klasse, wenn Bundeswehrmaschinen fliegen, ganz viele von denen können das schließlich nicht. Also keine Angst, sondern Applaus.

Dann gab es da noch dieses Schreiben von Schauspielern, Schriftstellern, Künstlern, die wenig von Waffenlieferungen in die Ukraine halten. Die ernteten reichlich Schelte für ihre Naivität. Warum keinen Dank für eine nötige Debatte?

Selbstredend brauchen die Ukrainer Panzer, Haubitzen und anderes Schießzeug, um sich gegen die Truppen Russlands zu wehren. Zweifel wirken da fast wie Wehrkraftzersetzung, um mal ein böses Wort zu gebrauchen. Vor einem Vierteljahr allerdings hätten angesehene Autorinnen wie Juli Zeh, die im Ehrenamt Richterin am Verfassungsgericht Brandenburgs ist, für ihre Haltung Applaus bekommen, heute ist alles anders. Olivgrün hat der Spiegel Allein wen beeindruckenden Geisteswandel ehemaliger Anhänger der Friedensbewegung genannt, die sich immer noch für friedensbewegt halten. Allein wer staunt, betreibt Grünen-Bashing. Es ist die Zeit großer Gefühle.

Mal schauen, was wir noch erleben; Pflugscharen zu Schwertern heißt es auch für Umweltbewegte. Wer jetzt noch für Lurch und Biene ficht, hat die Lage nicht verstanden. Brachflächen beackern, mehr und höhere Windräder, LNG-Terminals haben sich von igitt igitt zu nötig verwandelt. Und in Bienenbüttel will man im Freibad zumindest ein bisschen bibbern. Temperatur runter ist auch schon hilfreich. Zweifel? Tja, wohl ein Putin-Freund? Fast so schlimm wie Altkanzler Schröder, an dem man sich so herrlich abarbeiten kann? Ich frage mich schon lange, warum lässt man den älteren Herrn nicht seine Cohibas im Brioni-Anzug paffen und einfach rechts liegen? Tragik kann, muss aber nicht komisch sein.

So geht es mir auch mit dem Geländer an der Ilmenau. Da war eine Dame vor zweieinhalb Jahren nicht sattelfest und sauste mit ihrem Rad in den Fluss. Tragisch. Das tat weh. Ein bisschen komisch -- nicht nur körperlich. Im Rathaus grassierte die Sorge, dass es Nachahmer geben könnte und man dann haftbar sei. Erich Kästners heitere Weisheit hat ausgedient: "Das Leben ist immer lebensgefährlich." Es wird gern nach jemand Schuldigem gesucht, wenn man selber zu blöd ist.

Wenn ich in Lübeck, Hamburg oder Bremerhaven an den Kaimauern langlaufe, entdecke ich nirgendwo ein Geländer, dass sich zwischen metertiefes Nass und Mensch stellt. Ich habe auch kein Schild gesehen: "Hier darf nur langlaufen, wer sein Seepferdchen gemacht hat". Das kann noch kommen. Wer weiß.

Am Ende wissen wir, auch wenn die Botschaften widerstreitend sind: Es geht immer um das Beste für die Menschen. Der Theoretiker der Macht des 15. und 16. Jahrunderts, der Florentiner Philosoph Niccolò Machiavelli, hat es so beschrieben: "Wenn der Teufel die Menschen in Verwirrung bringen will, bedient er sich dazu der Idealisten." Davon gibt es viele, auch wenn die sich idealerweise für Realisten halten. Ich wünsche Ihnen ein teuflisch gutes Wochenende, Carlo Eggeling

© Fotos: Carlo Eggeling


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