LoCarlo: Verwaltung will Sanierung und Ausbau des Salzmuseums zusammenstreichen
von Winfried Machel am 31.08.2022Verwaltung will Sanierung und Ausbau des Salzmuseums zusammenstreichen
Förderkreis des Hauses reagiert empört und kündigt Protest an: Die Rathausspitze missachte mit der neuen Line Beschlüsse des Rates
Es geht um die Zukunft des Salzmuseums, doch statt strahlend sieht die ziemlich düster aus, wenn es nach der Führung im Rathaus geht. Der Förderkreis Industriedenkmal Saline hatte am Dienstagabend zur Mitgliederversammlung Stadtbaurätin Heike Gundermann eingeladen. Die kam nicht, Urlaub. Ein Vertreter habe zugesagt, er kam nicht, ohne eine Entschuldigung. Auch Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch, aktuell noch als Dezernentin für den Bereich Kultur zuständig, fehlte. Keine gute Ausgangslage. Entsprechend verärgert und enttäuscht reagierten die rund 40 erschienenen Mitglieder des Vereins, die im Museum tagten.
Vor allem erregte die Gemüter, dass die Verwaltung offenbar bestehende Ratsbeschlüsse aus den Jahren 2017 und 18 zur Seite schieben will -- ohne den Rat zu informieren und hören. Das bemängelte SPD-Ratsfrau Hiltrud Lotze. Auch von anderen kam klare Kritik, es gehe nicht an, sich über die Politik und damit den Souverän hinwegzusetzen. Zumal Zeitdruck besteht, denn schon am morgigen Donnerstag möchte die Stadtbaurätin ihr Konzept im Stiftungsrat der Museen durchwinken lassen.
Um was geht es? Die lange geplante Sanierung und vor allem der Ausbau des Deutschen Salzmuseums stehen auf der Kippe. Das ergibt sich aus zwei Schreiben, die an die Museumsstiftung beziehungsweise an den Förderkreis gingen. Seit mehreren Jahren ist klar, dass an dem 1924 errichteten Salinengebäude vieles saniert werden muss. Der eigentliche Plan sieht vor, die Arbeiten mit Neubauten zu verbinden. Architekten zeichneten Entwürfe.
Der Fußweg, der jetzt zwischen Museum und dem Eselstall, in dem Sonderausstellungen laufen, zu den Häusern Hinter der Saline und am Weißen Turm führt, sollte mit Funktionsgebäuden wie etwa Toiletten bebaut werden, um im Museumstrakt mehr Platz für die Ausstellung zu gewinnen. Zudem ist ein gläserner Turm geplant, in ihm soll ein Aufzug integriert werden, um den höher liegenden Solespeicher für Menschen erreichbar zu machen, die beispielsweise im Rollstuhl sitzen.
All das gehe nicht, teilt die Stadtbaurätin in einem Schreiben vom 16. August dieses Jahres mit: "Wie in einem persönlichen Gespräch mit Frau Oberbürgermeisterin Kalisch und der Unterzeichnerin (das ist Heike Gundermann) ausführlich erläutert, muss ich Ihnen mitteilen, dass die Hansestadt Lüneburg als Bauherrenvertretung und Fördermittelempfängerin die Entscheidung treffen musste, für das Projekt Deutsches Salzmuseum -- Sanierung und Entwicklung ... den Fokus wieder auf die Sanierung und den Umbau des Bestands mit der dazugehörigen Neukonzeption zu legen."
Daraus ergibt sich: keine Erweiterung. Der Grund liege darin, dass die Stadt keine Flächen erwerben könne, um einen neuen Fußweg anzulegen. Zudem stiegen die Preise.
Damit bricht die Stadt eine Zusage aus vergangenen Jahren. Die Vereinbarung damals: Erst wird das Fürstentummuseum saniert und erweitert, dann folgt das Salzmuseum. Zähneknirschend hatten Vertreter des schon damals maroden Salzmuseums zugestimmt. Das Haus am Wandrahm wurde 2015 wieder eröffnet. Rund elf Millionen Euro wurden investiert, etwa doppelt so viel wie ursprünglich veranschlagt -- was aber schon im Vorfeld vielen klar war.
Widerspruch zur neuen Haltung der Verwaltung kam in der Versammlung von Alt-OB Ulrich Mädge, der dem Verein angehört. Es sei zwar richtig, dass es schwierig sei, Flächen auf jetzigen Parkplätzen zu erwerben, weil es viele Besitzer gebe. Doch die Alternative sei vorhanden, nämlich auf dem benachbarten Postgelände. Das gehört einem Lüneburger Unternehmer, der dort unter anderem Märkte errichten möchte, mit dem seien Gespräche geführt worden, auch er brauche zur Erschließung einen Fuß- und Radweg; mit dem Energieversorger sei über eine Verlegung von Leitungen und eines Trafo-Häuschens eine Lösung gefunden worden.
Eigentlich schien alles klar: Bereits im Oktober 2017 hat der Rat einstimmig beschlossen, dass Salzmuseum auszubauen, die Verwaltung möge die entsprechenden Förderanträge stellen. Kostenschätzung: 3,5 Millionen Euro. Zwei Jahre später nahm Stadtbaurätin Heike Gundermann in Berlin einen Förderbescheid des Bundesinnenministeriums entgegen, denn das Lüneburger Museum übernimmt als Deutsches Salzmuseum eine herausragende Funktion. Das Projekt galt laut einer Pressemitteilung als "besonders innovatives Vorhaben der Stadtentwicklung", der Bund wolle "die Sanierung und Weiterentwicklung des Lüneburger Salzmuseums mit insgesamt 4,5 Millionen Euro" unterstützen. Fertig werden solle alles bis Ende 2023.
Ernst Bögershausen, Vorsitzender des Förderkreises, wie Claudia Kalisch Mitglied der Grünen und ehemaliger Ratsherr seiner Partei, wollte den Tagesordnungspunkt erst absetzen, weil niemand aus der Verwaltung gekommen war. Doch er sah ein, was sein Vorstand und die Mitglieder forderten, nämlich sich mit dem Sachstand zu beschäftigen und politisch Druck zu machen: Es müsse eine öffentliche Veranstaltung geben, bei der das Rathaus Stellung nehmen soll.
Bögershausen bestätigte zudem Mädges Aussagen: Im Förderantrag sei landschaftsplanerisch klar formuliert, dass der geplante Fuß- und Radweg hinter der dem Eselstall, als in Richtung Hauptpost, verlaufen könne. Er sprach in diesem Punkt von einer "fadenscheinigen Argumentation" der Verwaltung. Im Februar, sagte Bögershausen, habe es noch eine Sitzung gemeinsam mit der OBin und der Bauverwaltung gegeben, bei der auf das geplante Konzept des Ausbaus gesetzt worden sei, es werde sich nur verzögern. Die Wende komme überraschend.
Mehrere Mitglieder machten darauf aufmerksam, dass die Förderbescheide des Bundes, aber auch des Landkreises und anderer Unterstützer wegfallen könnten, wenn eben nicht nach der eingereichten Konzeption gebaut werde.
Einig war man sich am Ende, dass man bei der Sitzung des Stiftungsrates der Museen am Donnerstag klar gegenhalten müsse, der neue Ansatz könne so nicht durchgehen. Die Politik und eben der Rat, dessen Entscheidungen beiseite geschoben werden sollten, müssten eingebunden und das Haus müsse auf die Zukunft ausgerichtet werden -- mit neuen Trakten und einer überarbeiteten Ausstellung.
Die 1989 eröffnete Ausstellung lockt im Vergleich zu den anderen Museen seit Jahrzehnten die meisten Besucher, zum Teil um die 60 000 im Jahr. Davon sei man im Moment, nach den Corona-Jahren, weit entfernt, sagte die neue Leiterin Dr. Alexandra Hentschel. Sie geht davon aus, bis Ende Dezember rund 40 000 Besucher begrüßen zu können: "Uns fehlen Gruppen und Schulklassen."
Nachdem durch Corona Mitgliederversammlungen ausfielen, standen nun Neuwahlen des Vorstands an. Jens-Peter Fiedler, aktiv in der Ewer-Crew, der Salzkahn gehört zum Museum und dem Förderkreis, wechselt mit Ernst Bögershausen: Fiedler übernimmt, den Vorsitz, Bögershausen ist nun sein Stellvertreter. Stefanie Adler ist Schriftführerin, sie arbeitet im Sekretariat des Hauses. Jutta Herz passt als Schatzmeisterin auf die Kasse auf, auch sie engagiert sich für den Ewer.
Carlo Eggeling
Die Bilder (ca) geben einen Eindruck aus dem Salzmuseum und zeigen die Pläne der Architekten samt Zeitschiene. Der neue und der alte Vorsitzende des Födervereins umrahmen Museumchefin Dr. Alexandera Hentschel, links Ernst Bögershausen, rechts Jens-Peter Fiedler.
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