Lüneburg, am Montag den 18.08.2025

LoCarlo: Wo ist der Schaden bloß abgeblieben?

von Winfried Machel am 28.08.2022



Amelinghausen hatte angeblich ein tiefes Loch in der Kasse. Das war ein großes Thema. Nun sitzt ein neuer Samtgemeindebürgermeister im Rathaus. Der kommt zu einer anderen Bewertung

In einem ersten Interview mit Claudia Kalisch sprach der Redakteur von einem Scherbenhaufen, den sie als Samtgemeindebürgermeisterin Ende 2016 in Amelinghausen übernommen habe. In den vergangenen Jahren lasen sich Berichte zur Haushaltslage mehr als dramatisch. Seit vergangenem November hat Christoph Palesch das Amt des Samtgemeindebürgermeisters inne. Claudia Kalisch regiert nun in Lüneburg. Wie bewertet Palesch die Lage in der Gemeinde am Rande der Heide? Ein Gespräch.

?? Herr Palesch, wenn man in den vergangenen drei Jahren die Verwaltung von Amelinghausen als Thema hatte, war immer die Rede von unklaren finanziellen Verhältnissen, von einem Minus von mehreren Hunderttausend Euro, von -- wörtlich -- einem Blindflug der Samtgemeinde. Wie schlimm ist es aus Ihrer Sicht?

Palesch: Wir haben mithilfe der Beratungsfirma die Haushalte der Jahre 2013, 14 und 15 abgearbeitet und legen sie dem Rechnungsprüfungsamt zur Bewertung vor. Am Ende muss man sagen, dass die Zahlen sehr nahe an dem liegen, was der damalige Kämmerer prognostiziert hatte. All das ist 2017 im Samtgemeinderat vorgestellt worden. Aber ja, es hat kleine handwerkliche Fehler gegeben. Die Dokumentation war ebenfalls nicht vollständig systemisch, dass hatte der damals zuständige Kämmerer aber auch immer betont.



?? Unter Ihrer Vorgängerin war die Rede von einem gewaltigen Defizit, was die Gemeinde vor sich herschiebe. Gibt es das womöglich gar nicht? Palesch: Nein, in den Jahren 2013-2015 zumindest sehr sicher nicht. Über drei Jahre fällt das Ergebnis sechsstellig positiv aus, alles in allem rund 250 000 Euro. 2017 waren vom damaligen Kämmerer als vorläufige Abschlüsse für den gleichen Zeitraum rund 280 000 Euro dargestellt worden.



?? Ein anderer Vorwurf drehte sich um ein Grundstück, dessen Verkauf nicht richtig verbucht worden sein soll. Es wurde gar nicht veräußert, so der Stand bei einer Informationsveranstaltung im Januar 2021. Was hat es damit auf sich?

Palesch: Da gab es einen Fehler. Das Grundstück wurde nicht verkauft, weil der ursprüngliche Käufer kurzfristig zurücktrat. Das abschließend ist nicht korrekt verbucht worden. Aber das Grundstück war ja noch da; es wurde später verkauft. Kein Schaden.

?? Frau Kalisch wurde gefragt, ob die Samtgemeinde Schadensersatzansprüche gegen ehemalige Mitarbeiter gelten machen könne, sie hatte damals geantwortet, das sei eine politische Entscheidung. Bislang hat wohl niemand so ein Verfahren angestrengt. Ist dieses Thema nun vom Tisch? Gibt es überhaupt einen Schaden?

Palesch: Zumindest für die Jahre 2013-2015, und ich gehe davon aus, dass das auch in den folgenden Jahren der Fall ist, ist kein Schaden zu erkennen, sodass aus meiner Sicht kein Verfahren, in welche Richtung auch immer, anzustrengen wäre.

?? Frau Kalisch hatte in einem Interview zu Beginn ihrer Dienstzeit gesagt, sie müsse aufräumen und sortieren. Hat sie das nach Ihrem Eindruck getan?

Palesch: Das müssen Sie sie fragen. Als ich übernommen habe, habe ich den Fokus auf die Themen gelegt, die aus meiner Sicht in den kommenden Jahren für die Samtgemeinde Amelinghausen relevant sind.

?? Die Samtgemeinde hat ein Uelzener Prüfunternehmen beauftragt, Licht in das angebliche Wirrwarr der Finanzen zu bringen. Aus Ihren politichen Gremien habe ich eine Summe von rund 400 000 Euro gehört. Eine Menge Geld. Wie ist das in Ihrem Haushalt verbucht?

Palesch: Als überplanmäßige Ausgabe im Haushaltsjahr 2020

?? Anders als Ihre Vorgängerin haben Sie in Amelinghausen auch den Posten des Gemeindedirektors übernommen. Bringt das Vorteile?

Palesch: Man ist näher dran und vor allem hat man ja nur so die Möglichkeit über Neubau- oder Gewerbegebiete auch tatsächlich etwas zu entwickeln. In den vergangenen fünf Jahren ist vielleicht zu wenig investiert worden. Ein tiefes finanzielles Problem hat Amelinghausen nicht, sondern ein strukturelles, und das wollen wir angehen. Es gibt keine Finanzmisere und es wäre falsch, wie geschehen, uns beispielsweise mit anderen Gemeinden im Kreis zu vergleichen wie Adendorf oder Gellersen. Wir betreiben etwa die Kläranlage selber, anders als die anderen, die an Lüneburg angeschlossen sind. Also müssen wir Investitionen selber tragen und eben auch die Kredite. Gellersen hat kein eigenes Freibad. Wir schon, wir sanieren hoffentlich so schnell wie möglich und haben erfolgreich eine 90-prozentige Förderung in Hannover eingeworben, was ein erster wichtiger Schritt war. Anders als in der Vergangenheit bekamen wir im Haushalt 2022 Kreditermächtigungen bewilligt. Wir hatten für 2022 einen fast sauberen Haushalt aufgestellt.

?? Wenn Sie von Struktur sprechen. Was steht an?

Palesch: In Soderstorf steht die Planung des Gewerbegebiets an, da profitieren wir von der Nähe zur A 7. Hier soll zunächst das erstellte Gewerbeflächenentwicklungskonzept bei der Sitzung des Samtgemeinderates am 15. September beschlossen werden. Weiter müssen wir uns auch in Amelinghausen mit Gewerbeentwicklungen für den örtlichen Bedarf auseinandersetzen. Der Kindergarten in Soderstorf wird voraussichtlich 2023 fertiggestellt, in Betzendorf müssen dazu nächstes Jahre Planungen aufgenommen werden. Die Planungsaufträge für den Neubau des Feuerwehrgerätehauses in Rehlingen und den Anbau ans Gerätehaus in Wetzen wurde beauftragt. Für die Feuerwehren Betzendorf und Drögennindorf müssen wir Lösungen finden. An unserer Kläranlage starten demnächst die Bauarbeiten für eine Photovoltaikanlage. In Amelinghausen stehen 2023 weitere Straßensanierungen an. Es wird definitiv nicht langweilig, und jetzt steht durch die Förderzusage ja auch noch das Waldbad in der Tür.
Das Gespräch führte Carlo Eggeling

© Fotos: Palesch


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